Der Februar 2024 war ein sehr milder März ohne winterliche Ambitionen
Fotos von Annette Mokross
Der älteste Monatsrekord ist seit wenigen Tagen Geschichte: Nach 34 Jahren wurde der Februar 1990 als bisher wärmster abgelöst, die damalige Höchstmarke um mehr als ein halbes Grad übertroffen. Permanente West-, Südwest- und Südlagen hielten kalte Winterluft aus Norden und Osten über den gesamten Monat hinweg fern, starke bis geschlossene Bewölkung sorgte dafür, dass es kaum Frost gab, dafür aber den fünften regenreichen Monat in Folge und nur sehr wenig Sonnenschein. Der Winter 2024 – aus meteorologischer Sicht seit Donnerstag Geschichte – war je nach genauem Standort der zweit- oder drittwärmste seit Aufzeichnungsbeginn in der Region.
Mit einer Monatstemperatur von 7,53 °C war der Februar 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um satte 5,1 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur kälteren Klimaperiode von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 6,2 K. Damit wurde der Rekord von 1990 um 0,7 K übertroffen und es gab den zweitwärmsten Wintermonat seit Beginn der Beobachtungen – nur der Dezember 2015 hatte die Kapriolen mit 7,8 °C und an Weihnachten geöffneter Außengastronomie noch ein Stück weiter auf die Spitze getrieben. Zur Einordnung: Ganze zweimal seit 1935 war ein März bisher wärmer als der abgelaufene Februar, und selbst der April schloss immerhin 22 Mal kälter ab.
Dabei blieb die Höchsttemperatur von 15,4 °C durchaus unauffällig, Treiber des neuen Rekords war der permanente Nachschub milder Luftmassen, die zu einem mittleren Höchstwert im zweistelligen Bereich führten und im Zusammenspiel mit der nahezu dauerpräsenten Wolkendecke jegliche winterlich kalte Phase verhinderten. Nur vier Nächte mit leichtem Frost, drei davon ganz zum Schluss, und ein Minimum von -1,2 °C künden davon ebenso wie die Kältesumme (Summe negativer Tagesmittel) von 0,0, während die Grünlandtemperatursumme (GTS) die Marke von 200, die in der Agrarmeteorologie als Beginn der nachhaltigen Vegetation gilt, bereits am 25.02. erreichte – so früh wie zuvor nur einmal im Jahr 1990.
Auch an der Wetterstation in Silberborn purzelte der Februarrekord von vor 34 Jahren, als 4,7 °C am damaligen Standort am Anemonenweg gemessen worden waren. Die neue Bestmarke aus dem Kurgarten liegt bei 5,31 °C, das Maximum wurde am 16. mit 12,2 °C gemessen und Frost blieb selbst auf über 400 m Höhe eine Ausnahmeerscheinung ebenfalls nur vier Nächten unter dem Gefrierpunkt und einem Minimum von -3,4 °C. Auch sonst war der Winter im Hochsolling absent, sieht man von wenigen Stunden mit etwas Schnee am 7. ab. Für eine messbare Schneedecke zum Termin morgens um sieben Uhr reichte es aber nicht, damit blieb der Februar bereits zum dritten Mal in Folge ohne einen offiziellen Schneedeckentag – ein Novum in der Geschichte des Sollings.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt nahezu ausschließlich Strömungen aus West, Südwest und Süd, wobei zunächst meist Tiefdruck dominierte. Außergewöhnlich war wie schon über weite Strecken des Winters der markante Temperaturgegensatz zwischen Mitteleuropa und einem sehr kalten Nordeuropa. Die Wettermodelle zeigten sich mit dieser Konstellation und dem außergewöhnlich warmen Atlantik offenbar überfordert und errechneten lange Zeit erst eine kalte zweite Februarhälfte, dann eine kalte letzte Woche, ohne dass davon etwas eingetreten ist. Lediglich die Ausbildung einer Hochdruckbrücke in den letzten Tagen des Monats sorgte bei zeitweisem Aufklaren für eine etwas stärkere nächtliche Abkühlung mit leichtem Boden- und Luftfrost.
Diese Hochdrucklage markiert auch eine Trendwende beim Niederschlag, so dass die letzte Woche weitgehend trocken verlief. Zuvor und damit auch bei den Monatssummen knüpfte der Februar aber nahtlos an die vorausgegangen sehr nassen Monate an und übertraf überall in der Region sein Klimamittel deutlich. So fielen in Bevern gut 88 mm, was einem Plus von 28,5 mm oder fast 50% gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1991-2020 entspricht. In Silberborn lag die Summe von 123,2 mm sogar um 57% über dem dortigen Mittel. Noch etwas mehr fiel in den Staulagen des Sollings in Amelith mit 131,5 und in Hellental mit 127 mm. Dreistellig waren auch die Werte aus Ottenstein mit 108 und Vorwohle mit 102 mm; Polle meldete 96, Holzminden 87 und Hehlen 83,5 mm. Schlusslicht war wieder einmal Lüchtringen mit 74 mm.

Bei der Sonnenscheindauer sortiert sich der Februar 2024 weit unten ein, obwohl er durch das Schaltjahr einen Tag mehr zur Verfügung hatte. Immerhin diesen „Bonustag“ nutzte er mit der höchsten Tagessumme von 9,5 Stunden voll aus, was die Monatsbilanz noch auf knapp 37 Stunden verbesserte, das langjährige Mittel von 68 Stunden wurde jedoch deutlich verfehlt. Insgesamt war es nur viermal seit 1951 noch trüber, beim Negativrekord im Februar 2010 schien die Sonne sogar nur 25 Stunden lang.

Hatte der bisherige Wärmerekordhalter 1990 noch mit einer Orkanserie Wettergeschichte geschrieben, blieb es diesmal recht ruhig in Sachen Wind. Die stärksten Böen erreichten am 23. gebietsweise Beaufort 9, ein echter Sturmtag, definiert als ein Tag mit einem 10-min-Windmittel von mindestens Bft. 8 (ab 62 km/h), war aber nicht dabei.
Zweitwärmster und sehr nasser Winter
Auch wenn spätwinterliche Rückfälle bis in den April hinein zumal im Solling keine Seltenheit sind, ziehen die Meteorologen nach dem Februar den Strich unter den Winter. Die regionale Auswertung zeigt für den Standort Bevern, stellvertretend für das Oberwesertal und die angrenzenden vergleichbar hoch gelegenen Orte den zweitwärmsten Winter seit Beobachtungsbeginn. Mit einer Mitteltemperatur von 5,12 °C verdrängte der Winter 2024 den von 2020 auf den dritten Platz, Spitzenreiter bleibt 2007 mit 5,54 °C. Das Mittel 1991-2020 wurde um gut 2,8 K übertroffen, das von 1961-1990 um fast 4 K.
Deutlich enger verlief das Rennen in Silberborn, wo der Winter 2024 mit 2,93 °C durchs Ziel ging. Hier fehlte einerseits nicht mal ein Zehntel zum mildesten Winter von 2007 (3,0), anderseits wurde auch der Wert von 2020 (2,98) knapp verfehlt. Um in der Sportsprache zu bleiben: Im Hochsolling gab es nach der Auswertung des Zielfotos die Bronzemedaille für die Startnummer 2024. Zu den 30-Jahres-Mitteln ergab sich hier ein Plus von 2,6 bzw. 3,8 K, im Vergleich zu Bevern war die positive Anomalie also um 0,2 K geringer.

Viel Regen und zumindest im Dezember und Januar gelegentlich auch Schnee sorgten für einen sehr niederschlagsreichen Winter. In Bevern war es mit 335 mm der fünftnasseste seit Messbeginn 1935, in Silberborn mit 448 mm sogar der zweitnasseste seit mindestens 1949. Rekordhalter bleibt der Winter 1995 mit 367 bzw. 462 mm. Die langjährigen Klimawerte wurden in Bevern um 122 und in Silberborn um 159 mm übertroffen, was hier wie dort einem Plus von fast 57% entspricht. Der Überschuss in dieser Disziplin ging mit einer klar unterdurchschnittlichen Sonnenscheindauer einher: Mit 113 Stunden gab es nur gut 75% des langjährigen Mittels von 148 Stunden.

noch in den Weserwiesen © J. Höneke
Bei den Schneedeckentagen zählte Bevern immerhin neun mit einer maximalen Höhe von acht Zentimetern, in Silberborn waren es 24 und in der Spitze 18 cm. Dennoch ist die Bilanz vor allem für den Solling bescheiden, zumindest was die Anzahl der Tage angeht: Das Wintermittel der Periode 1981-2010 liegt bei stattlichen 45, im Schnitt lag in diesem Zeitraum also an jedem zweiten Wintertag Schnee. Frosttage wurden in Bevern 26 und in Silberborn 32 gezählt, was gerade gut der Hälfte des Durchschnitts entspricht, bei den Dauerfrosttagen liegen die Zahlen mit 7 und 17 näher an den Klimamitteln von 11 und 25 Tagen. Vor vier Jahren gab nur einen solchen Eistag in den Niederungen und zwei im Hochsolling. Ganz so unwinterlich war er dann also doch nicht, der Winter 2024.



















