Sommer im frühen April mit neuen Dekadenrekorden

Bis zu 25,6 °C an der DWD-Station Bevern gemessen

Nach zuletzt drei kühlen Exemplaren holt der April in diesem Jahr mit Schwung zur Gegenbewegung aus und schloss die erste Woche mit einer Mitteltemperatur von 12,8 °C an der DWD-Station Bevern als bisher wärmste seit Beobachtungsbeginn ab. „Schuld“ daran war ein sommerliches Wochenende mit außergewöhnlich hohen Temperaturen und dem ersten meteorologischen Sommertag am Samstag, auf den am Montag sogar noch der zweite folgte. Nur einmal wurde bisher die 25-Grad-Marke noch früher erreicht bzw. überschritten: Am 31. März 2021. Für den April bedeuten die in Bevern gemessenen 25,6 °C, zugleich höchster Wert in Niedersachsen am Samstag, einen neuen Rekord bei den Höchstwerten in einer ersten Aprildekade. Der bisherige Spitzenwert vom 8. April 2018 wurde damit um 1,2 K übertroffen. Der Sonntag war mit bis zu 24,2 °C nur etwas weniger warm und am heutigen Montag ging es sogar noch einmal aufwärts bis auf 25,2 °C. Auch im Hochsolling fiel am Samstag der bisherige Dekadenrekord vom 8. April 2018, der bei 22,1 °C gelegen hatte und nun bei 22,3 °C steht. Heute war es in Silberborn mit bis zu 22,2 °C nur minimal weniger warm.

Nach diesem dreifachen Paukenschlag ist die Zeit der ganz hohen Temperaturen zwar erst einmal vorbei und zum Dienstag erwartet uns ein Rückgang um rund 10 Grad auf halbwegs durchschnittliche Werte, doch in der zweiten Wochenhälfte dürfte es bereits wieder ein Stück aufwärts gehen und am kommenden Wochenende sind nochmals Höchstwerte über 20 °C drin, auch wenn das aktuelle Niveau kaum mehr erreicht werden dürfte. Ob es danach zu einem deutlichen Temperaturrückgang auf seit langem mal wieder unterdurchschnittliche Werte kommt, bleibt noch abzuwarten, ist aber derzeit die von den Wettermodellen mehrheitlich favorisierte Variante. Dennoch bliebe auch dann die Option eines neuen Aprilrekords und damit des dritten Monatsrekords in Folge noch im Rennen – die Entscheidung dürfte erst in der letzten Woche fallen. Bisher stellt der April 2018 mit einem Monatsmittel von 13,0 °C (genau 12,99 °C) den Spitzenwert der Zeitreihe Bevern/Holzminden ab 1935.

Und auch, wenn es vermessen klingen mag: Am Wochenende wäre bei „optimalem“ Verlauf sogar noch mehr drin gewesen. Dies zeigt ein Blick auf die Temperaturkarte in der 850-hPa-Fläche in ca. 1.500 m Höhe:

Luftmassentemperatur laut GFS-Analyse in ca. 1500 m Höhe am 07.04.2024 um 0 Uhr UTC (Quelle: https://www.wetterzentrale.de/de/reanalysis.php?map=1&model=avn&var=2&jaar=2024&maand=4&dag=7&h=0&nmaps=24)

Über unserer Region lag in der Nacht zum Sonntag eine ca. 16-17 Grad warme Luftmasse, was selbst im Hochsommer nur selten der Fall ist und dann zu Höchstwerten um 32-33 Grad führen würde, sofern die Sonne dazu länger scheint. Doch auch Anfang April sind Aufschläge von rund 15 K auf die Luftmassentemperatur durchaus möglich, insofern bestand tatsächlich sogar ein theoretisches Potenzial für einen heißen Tag.

Dass es nicht soweit kam, hat mit vier Faktoren zu tun: Erstens erreichte uns die wärmste Luftmasse zu nachtschlafender Zeit, während sie am Samstag und am Sonntag zur Zeit der üblichen Höchstwerte am frühen Nachmittag niedriger lag, zweitens konnte die warme Luft „oben“ nicht ganz zum Boden heruntergemischt werden (leichte Inversion), drittens dämpften die feuchten Böden den Temperaturanstieg in 2 m Höhe und schließlich wurde auch die Sonneneinstrahlung deutlich ausgebremst, weil mit der südlichen Strömung erneut Saharastaub die Atmosphäre trübte und durch Kondensationskeime Wolkenbildung forciert wurde. Hätte wenn und aber… Somit lagen die Höchstwerte am Boden „nur“ 11-13 K über dem Durchschnitt am Ende der ersten Aprilwoche, während es bei der Luftmassentemperatur bisher kaum vorstellbare rund 17 K waren.

Drei neue Tages- und einen neuen Dekadenrekord brachte der Aprilsommer von Samstag bis Montag (Klick für Vergrößerung):

Kickstart in den Frühling mit einem weiteren Temperaturrekord

Auf den wärmsten Februar folgte der wärmste März seit Aufzeichnungsbeginn

Fotos von Annette Mokross

Die jüngste außergewöhnliche Temperaturanomalie, die unser Wetter seit dem Beginn der dritten Januardekade geprägt und für einen neuen Rekord im Februar gesorgt hatte, setzte sich auch im ersten meteorologischen Frühjahrsmonat nahtlos fort. Ein spätwinterlicher Kaltlufteinbruch, sonst ein häufiger Begleiter beim Übergang der Jahreszeiten, blieb diesmal vollständig aus. So wundert es nicht, dass im deutschen Gebietsmittel ebenso wie in der Weser-Solling-Region auch der März der wärmste seit Beginn der Messungen war – vor Ort allerdings mit denkbar knappem Vorsprung im Hundertstelbereich gegenüber dem bisherigen Rekordhalter von 2012.

Nach einer sehr trockenen ersten Monatshälfte sorgten zeitweise ergiebige Regenfälle für eine weitgehend ausgeglichene Niederschlagsbilanz mit einigen lokalen Unterschieden, während die Sonnenscheindauer erneut unter dem aktuellen Klimamittel blieb, dieses aber nicht so deutlich verfehlte wie im Februar.

Hohe Temperaturen, eine gute Wasserversorgung in den Böden und zumindest gelegentlich freundliche Abschnitte – diese Mixtur sorgte für einen Vegetationsstand, der seiner durchschnittlichen Zeit um zwei bis drei Wochen voraus ist. Und da zumindest vorerst keine Änderung in den Karten steht und es vielmehr nach dem ersten frühsommerlichen Wochenende Anfang April aussieht, dürfte im Zuge dieses Warmluftvorstoßes auch die Apfelblüte beginnen und damit der Start des phänologischen Vollfrühlings vollzogen werden.

Ein dichtes AC-Feld verdeckt die Sonne wie ein Vorhang am 17. März

Mit einer Monatstemperatur von 8,01 °C war der März 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um 2,79 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur Klimaperiode von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 4 K. Damit landete er um den Wimpernschlag eines Hundertstels vor dem bisherigen Rekordhalter von 2012. Bei Rundung auf Zehntelgrad hätte man also „nur“ die Einstellung des Rekords festgestellt, doch seit einigen Jahren listet der DWD die Werte mit zwei Nachkommastellen auf – und auch wenn man über den Sinn geteilter Meinung sein mag, sollen diese offiziellen Zahlen des nationalen Wetterdienstes auch in der lokalen Wetterberichterstattung des TAH verwendet werden.

Die Betrachtung der Tageswerte ähnelt stark der im Februar: Signifikant war vor allem das Ausbleiben von Kälte, wovon sowohl der niedrigste Höchstwert von fast 8 Grad als auch der Tiefstwert von lediglich -2 Grad zeugen. Auch die Zahl der Frosttage lag mit vier deutlich unter dem Durchschnitt von zwölf, ebenso wurden zweistellige Höchstwerte viel häufiger (24) gemessen als im Mittel (15), während das absolute Maximum von 18,7 °C nicht ungewöhnlich hoch ausfiel.

„Straße des Lichts“ am 16. März

Nicht nur in Bevern auf 110 m gab es einen hauchdünnen neuen Märzrekord, auch im Hochsolling sprechen die Messwerte dieselbe Sprache. An der Wetterstation in Silberborn auf 428 m schloss der Monat mit einer Mitteltemperatur von 6,19 °C ab – 2,93 K über dem Klimawert von 1991-2020 und 0,03 K über dem bisherigen Höchstwert von 2012. Der Spätwinter, gewöhnlich ein recht häufiger Gast in der ersten Frühjahrshälfte, machte in diesem März einen großen Bogen um das regionale Mittelgebirge: Kein Schnee, ebenfalls nur vier Frosttage und ein mittleres Maximum von fast zehn Grad erinnern eher an einen April. Am wärmsten wurde es am 27. mit 15,9 °C, die kälteste Nacht zum 8. brachte nur leichten Frost von -1,9 °C.

Bei den Großwetterlagen über Europa dominierte klar die Luftzufuhr aus dem südlichen Sektorviertel, also Südost, Südwest und vor allem am Monatsende die reine Südlage, was sich in einer Trübung des Himmels durch Saharastaubeintrag in die Atmosphäre zeigte.  Das letzte Drittel und die Monatsmitte waren dabei überwiegend tiefdruckgeprägt mit zeitweise ergiebigen Regenfällen, teils schauerartig verstärkt, während an den restlichen Tagen oft Hochdruckrandlagen vorherrschten, die zwar oft viele Wolken, aber kaum Niederschlag brachten – nicht nur die Landwirte dürften bis Monatsmitte froh über die erste längere nahezu trockene Phase seit fünf Monaten gewesen sein.

Zu Monatsbeginn stand immer noch das Wasser auf den Feldern

Unterm Strich landeten die Niederschlagssummen an den meisten der Messstellen vor Ort nahe den langjährigen Mittelwerten, die nasse zweite Hälfte und die trockene erste hoben sich weitgehend gegeneinander auf – einige Unterschiede auf recht engem Raum inklusive. So fielen in Bevern 69 mm, was einem Plus von rund 13% gegenüber dem langjährigen Mittel entspricht; in Ottenstein 70, in Polle 65 und in Hehlen 63 mm. Vorwohle brachte es ebenso wie Holzminden auf 61 mm – bis hierhin also eine sehr homogene Verteilung. Lüchtringen meldete als Schlusslicht nur 51 mm, während der Titel nassester Ort im Kreis wieder einmal nach Hellental ging, diesmal mit gut 80 mm. Die Werte aus Amelith (60 mm) und Silberborn (66) muss man im Kontext des feuchteren Klimas des Sollings betrachten, dort wurden jeweils nur rund 80% des langjährigen Mittels erreicht. Die genauen Standorte begünstigen Staulagen mit hohen Niederschlagsmengen vor allem bei West- und Nordwestströmung, weniger bei südlicher Windrichtung.

Um Trockenheit muss man sich anders als in den letzten Jahren also zumindest vorerst keine Sorgen machen – das zeigen sowohl die reinen Zahlen, die das Winterhalbjahr von Oktober bis März als eines der drei nassesten seit Beobachtungsbeginn in den 1930er-Jahren ausweisen, als auch der Bodenfeuchte-Viewer des DWD, der in einer modifizierten und interaktiven Version unter https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/landwirtschaft/appl/bf_view/_node.html abrufbar ist und bessere Zustandskarten liefert als der Dürremonitor des UFZ, der allen Ernstes die aktuelle Situation des Oberbodens vor Ort als mittlere bis schwere Dürre einstuft.

Am 23. März zeigte der Himmel über Ottenstein das Höhenkaltluft-typische Gesicht

Die Sonne tat sich erneut schwer gegen die starke bis geschlossene Bewölkung und konnte sich nur an wenigen Tagen weitgehend ungestört zeigen – am längsten zum Start ins zweite Wochenende am 8. und 9. mit jeweils gut zehn Stunden. Ansonsten wechselten sich meist trübe Tage und solche mit gelegentlichen sonnigen Abschnitten ab. Die Monatssumme lag mit gut 103 Stunden um 13 Stunden oder 11% unter dem Mittel der Jahre 1991-2020, klar über dem Tiefpunkt von 1988 mit nur 48 Stunden, aber noch weiter entfernt vom Rekord vor zwei Jahren, als mit 240 Stunden ein bis dahin kaum vorstellbarer Wert gemessen wurde.

Der Wind spielte in den ersten beiden Dekaden kaum eine Rolle mit Tagesmitteln von meist 2-3 Beaufort (in Böen 4-6) und frischte im letzten Drittel zeitweise stürmisch auf mit vereinzelten Spitzen im Bereich zwischen Bft. 8 und 9 am 23. März. Ein Sturmtag mit einem Zehnminutenmittel von mindestens Stärke 8 war aber wie schon im Februar nicht dabei.

Biene beim Arbeitseinsatz in Mandelblüten am 17. März
Wolkenschauspiel am Abend des 14. März

Rekordwarm, viel Regen, wenig Sonne und kein Schnee

Der Februar 2024 war ein sehr milder März ohne winterliche Ambitionen

Fotos von Annette Mokross

Der älteste Monatsrekord ist seit wenigen Tagen Geschichte: Nach 34 Jahren wurde der Februar 1990 als bisher wärmster abgelöst, die damalige Höchstmarke um mehr als ein halbes Grad übertroffen. Permanente West-, Südwest- und Südlagen hielten kalte Winterluft aus Norden und Osten über den gesamten Monat hinweg fern, starke bis geschlossene Bewölkung sorgte dafür, dass es kaum Frost gab, dafür aber den fünften regenreichen Monat in Folge und nur sehr wenig Sonnenschein. Der Winter 2024 – aus meteorologischer Sicht seit Donnerstag Geschichte – war je nach genauem Standort der zweit- oder drittwärmste seit Aufzeichnungsbeginn in der Region.

Mit einer Monatstemperatur von 7,53 °C war der Februar 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um satte 5,1 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur kälteren Klimaperiode von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 6,2 K. Damit wurde der Rekord von 1990 um 0,7 K übertroffen und es gab den zweitwärmsten Wintermonat seit Beginn der Beobachtungen – nur der Dezember 2015 hatte die Kapriolen mit 7,8 °C und an Weihnachten geöffneter Außengastronomie noch ein Stück weiter auf die Spitze getrieben. Zur Einordnung: Ganze zweimal seit 1935 war ein März bisher wärmer als der abgelaufene Februar, und selbst der April schloss immerhin 22 Mal kälter ab.

Dabei blieb die Höchsttemperatur von 15,4 °C durchaus unauffällig, Treiber des neuen Rekords war der permanente Nachschub milder Luftmassen, die zu einem mittleren Höchstwert im zweistelligen Bereich führten und im Zusammenspiel mit der nahezu dauerpräsenten Wolkendecke jegliche winterlich kalte Phase verhinderten. Nur vier Nächte mit leichtem Frost, drei davon ganz zum Schluss, und ein Minimum von -1,2 °C künden davon ebenso wie die Kältesumme (Summe negativer Tagesmittel) von 0,0, während die Grünlandtemperatursumme (GTS) die Marke von 200, die in der Agrarmeteorologie als Beginn der nachhaltigen Vegetation gilt, bereits am 25.02. erreichte – so früh wie zuvor nur einmal im Jahr 1990.

Auch an der Wetterstation in Silberborn purzelte der Februarrekord von vor 34 Jahren, als 4,7 °C am damaligen Standort am Anemonenweg gemessen worden waren. Die neue Bestmarke aus dem Kurgarten liegt bei 5,31 °C, das Maximum wurde am 16. mit 12,2 °C gemessen und Frost blieb selbst auf über 400 m Höhe eine Ausnahmeerscheinung ebenfalls nur vier Nächten unter dem Gefrierpunkt und einem Minimum von -3,4 °C. Auch sonst war der Winter im Hochsolling absent, sieht man von wenigen Stunden mit etwas Schnee am 7. ab. Für eine messbare Schneedecke zum Termin morgens um sieben Uhr reichte es aber nicht, damit blieb der Februar bereits zum dritten Mal in Folge ohne einen offiziellen Schneedeckentag – ein Novum in der Geschichte des Sollings.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt nahezu ausschließlich Strömungen aus West, Südwest und Süd, wobei zunächst meist Tiefdruck dominierte. Außergewöhnlich war wie schon über weite Strecken des Winters der markante Temperaturgegensatz zwischen Mitteleuropa und einem sehr kalten Nordeuropa. Die Wettermodelle zeigten sich mit dieser Konstellation und dem außergewöhnlich warmen Atlantik offenbar überfordert und errechneten lange Zeit erst eine kalte zweite Februarhälfte, dann eine kalte letzte Woche, ohne dass davon etwas eingetreten ist. Lediglich die Ausbildung einer Hochdruckbrücke in den letzten Tagen des Monats sorgte bei zeitweisem Aufklaren für eine etwas stärkere nächtliche Abkühlung mit leichtem Boden- und Luftfrost.

Diese Hochdrucklage markiert auch eine Trendwende beim Niederschlag, so dass die letzte Woche weitgehend trocken verlief. Zuvor und damit auch bei den Monatssummen knüpfte der Februar aber nahtlos an die vorausgegangen sehr nassen Monate an und übertraf überall in der Region sein Klimamittel deutlich. So fielen in Bevern gut 88 mm, was einem Plus von 28,5 mm oder fast 50% gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1991-2020 entspricht. In Silberborn lag die Summe von 123,2 mm sogar um 57% über dem dortigen Mittel. Noch etwas mehr fiel in den Staulagen des Sollings in Amelith mit 131,5 und in Hellental mit 127 mm. Dreistellig waren auch die Werte aus Ottenstein mit 108 und Vorwohle mit 102 mm; Polle meldete 96, Holzminden 87 und Hehlen 83,5 mm. Schlusslicht war wieder einmal Lüchtringen mit 74 mm.

Bei der Sonnenscheindauer sortiert sich der Februar 2024 weit unten ein, obwohl er durch das Schaltjahr einen Tag mehr zur Verfügung hatte. Immerhin diesen „Bonustag“ nutzte er mit der höchsten Tagessumme von 9,5 Stunden voll aus, was die Monatsbilanz noch auf knapp 37 Stunden verbesserte, das langjährige Mittel von 68 Stunden wurde jedoch deutlich verfehlt. Insgesamt war es nur viermal seit 1951 noch trüber, beim Negativrekord im Februar 2010 schien die Sonne sogar nur 25 Stunden lang.

Hatte der bisherige Wärmerekordhalter 1990 noch mit einer Orkanserie Wettergeschichte geschrieben, blieb es diesmal recht ruhig in Sachen Wind. Die stärksten Böen erreichten am 23. gebietsweise Beaufort 9, ein echter Sturmtag, definiert als ein Tag mit einem 10-min-Windmittel von mindestens Bft. 8 (ab 62 km/h), war aber nicht dabei.

Zweitwärmster und sehr nasser Winter

Auch wenn spätwinterliche Rückfälle bis in den April hinein zumal im Solling keine Seltenheit sind, ziehen die Meteorologen nach dem Februar den Strich unter den Winter. Die regionale Auswertung zeigt für den Standort Bevern, stellvertretend für das Oberwesertal und die angrenzenden vergleichbar hoch gelegenen Orte den zweitwärmsten Winter seit Beobachtungsbeginn. Mit einer Mitteltemperatur von 5,12 °C verdrängte der Winter 2024 den von 2020 auf den dritten Platz, Spitzenreiter bleibt 2007 mit 5,54 °C.  Das Mittel 1991-2020 wurde um gut 2,8 K übertroffen, das von 1961-1990 um fast 4 K.

Deutlich enger verlief das Rennen in Silberborn, wo der Winter 2024 mit 2,93 °C durchs Ziel ging. Hier fehlte einerseits nicht mal ein Zehntel zum mildesten Winter von 2007 (3,0), anderseits wurde auch der Wert von 2020 (2,98) knapp verfehlt. Um in der Sportsprache zu bleiben: Im Hochsolling gab es nach der Auswertung des Zielfotos die Bronzemedaille für die Startnummer 2024. Zu den 30-Jahres-Mitteln ergab sich hier ein Plus von 2,6 bzw. 3,8 K, im Vergleich zu Bevern war die positive Anomalie also um 0,2 K geringer.

Viel Regen und zumindest im Dezember und Januar gelegentlich auch Schnee sorgten für einen sehr niederschlagsreichen Winter.  In Bevern war es mit 335 mm der fünftnasseste seit Messbeginn 1935, in Silberborn mit 448 mm sogar der zweitnasseste seit mindestens 1949. Rekordhalter bleibt der Winter 1995 mit 367 bzw. 462 mm. Die langjährigen Klimawerte wurden in Bevern um 122 und in Silberborn um 159 mm übertroffen, was hier wie dort einem Plus von fast 57% entspricht. Der Überschuss in dieser Disziplin ging mit einer klar unterdurchschnittlichen Sonnenscheindauer einher: Mit 113 Stunden gab es nur gut 75% des langjährigen Mittels von 148 Stunden.

Bei den Schneedeckentagen zählte Bevern immerhin neun mit einer maximalen Höhe von acht Zentimetern, in Silberborn waren es 24 und in der Spitze 18 cm. Dennoch ist die Bilanz vor allem für den Solling bescheiden, zumindest was die Anzahl der Tage angeht: Das Wintermittel der Periode 1981-2010 liegt bei stattlichen 45, im Schnitt lag in diesem Zeitraum also an jedem zweiten Wintertag Schnee. Frosttage wurden in Bevern 26 und in Silberborn 32 gezählt, was gerade gut der Hälfte des Durchschnitts entspricht, bei den Dauerfrosttagen liegen die Zahlen mit 7 und 17 näher an den Klimamitteln von 11 und 25 Tagen.  Vor vier Jahren gab nur einen solchen Eistag in den Niederungen und zwei im Hochsolling. Ganz so unwinterlich war er dann also doch nicht, der Winter 2024.

Einer von 24 Schneedeckentagen des Winters in Silberborn am 18. Januar © J. Höneke

Teilzeitwinter im Mildsandwich

Dreigeteiltes Januarwetter mit Regen, Schnee, Frost und viel Sonnenschein

Fotos von Annette Mokross

Der Hochwintermonat Januar war in diesem Jahr durch drei klar voneinander getrennte Witterungsabschnitte geprägt: Mild und nass zu Beginn, ein erster Hauch von Vorfrühling am Ende – und dazwischen eine rund zweiwöchige winterliche Phase mit zumindest ein wenig Schnee auch in den Niederungen und regelmäßigem Frost. Unterm Strich stehen gegenüber den langjährigen Klimawerten ein leichtes Plus bei der Temperatur und meist überdurchschnittliche Niederschläge bei etwas ungleicher regionaler Verteilung. Die Sonne zeigte sich sogar deutlich länger als zu dieser Jahreszeit üblich und konnte an einzelnen Tagen erstmals seit fast drei Monaten wieder ungestört scheinen. Ein nächtliches Wintergewitter rundete den recht abwechslungsreichen Wettermonat ab.

Mit einer Monatstemperatur von 2,41 °C war der Januar 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um gut ein halbes Grad oder Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zur kälteren Klimaperiode von 1961-1990 gab es ein Plus von glatt 2,0 K. In der bis 1935 zurückgehenden Zeitreihe Bevern/Holzminden sortiert sich der diesjährige Januar im oberen Mittelfeld auf Platz 32 ein und zählt im Kontext des aktuellen Klimas zu den unauffällig temperierten. Am wärmsten wurde es am 24. mit einem Höchstwert von 13,7 °C, zugleich ein neuer Tagesrekord, auf der kalten Seite bei den Maxima stehen fünf Dauerfrosttage mit bis zu -1,8 °C. Die kältesten Nächte am 10. und 11. kratzten mit -9,7 °C leicht am Strengfrost, insgesamt gab es 15 Luft- und 17 Bodenfrosttage.

Die erste der beiden milden Phase zu Monatsbeginn dauerte bis zum Dreikönigstag, die zweite begann mit einem Luftmassenwechsel am 22. und hielt bis zum Ende an, und die winterliche Phase dazwischen kann man wiederum in drei Abschnitte unterteilen: einen trockenen und sehr kalten ab 7., einen unter Einfluss feuchter Nordseeluft mäßig kalten mit kaum Tagesgang ab dem 12. und wieder zunehmende Nachtfröste ab dem 16. Januar. Abgesehen von solchen Details lässt sich festhalten, dass die Temperaturen 14 Tage am Stück meist deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt verharrten – ein in diesen Zeiten durchaus ungewöhnlich langer Zeitraum.

Im Hochsolling konnte sich der Winter entsprechend der Höhenlage nachhaltiger In Szene setzen und sorgte dafür, dass die Temperaturen an der Wetterstation in Silberborn nach dem Dreikönigstag für zwei Wochen nicht mehr über den Gefrierpunkt stiegen. Frost gab es hier an 18, Bodenfrost an 22 Tagen, am kältesten war die Nacht zum 9. mit einem Tiefstwert in 2 m Höhe von -10,4 °C. Seit Dezember wird in Silberborn auch die Temperatur in 5 cm Höhe über dem Erdboden gemessen, dort ergaben sich über der Schneedecke bei Aufklaren mehrfach Werte unter -12 Grad und ein Minimum von -13,7 °C. Am mildesten war auch hier der 24.01. mit einem Höchstwert von 9,8 °C. Die Monatstemperatur erreichte 0,54 °C und lag um 0,7 K über dem Klimamittel von 1991-2020 bzw. um 2,1 K über dem von 1961-1990.

Noch mehr Besucherandrang als während der Schneephase gab es an den bekannten Ausflugszielen am leicht vorfrühlingshaften letzten Januarsonntag im Solling, wobei ein Spaziergang durchs Hochmoor Mecklenbruch zur überraschenden und nicht ungefährlichen Rutschpartie auf dem Holzsteg wurde: Dort hatte sich eine dünne Reifschicht gebildet, die sich trotz zu dieser Zeit in 2 m Höhe gemessenen acht Grad auch am Nachmittag noch halten konnte.   

Schnee und etwas Sonne am 18. Januar am Mecklenbruch © J. Höneke

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa unterstreicht den geschilderten Witterungsablauf: Auf eine atlantisch geprägte Westlage folgte eine Nordost-, später Südostströmung und schließlich eine Rückdrehung auf Nord bis Nordwest, was für das Einfließen wolkenreicher Nordseeluft sorgte und im weiteren Verlauf für Schneefälle. Eine kurze Hochdruckbrücke zum Ende der zweiten Dekade beschloss diesen Winterabschnitt, bevor zu Beginn der dritten Dekade der Atlantik wieder die Regie mit feuchter und sehr milder Luft aus Westen übernahm.

Entsprechend der überwiegenden Tiefdrucklagen fiel auch der Januar in der Region verbreitet nasser aus als im Durchschnitt, wobei es unter den einzelnen Stationen durchaus Unterschiede gab. Auch die Verteilung innerhalb des Monats war ungleich – so fiel rund die Hälfte gleich zu Beginn an den ersten fünf Tagen, eine zweite Spitze lässt sich mit der Milderung ab 22. ausmachen. Der winterlich kalte Abschnitt dazwischen brachte einige trockene Tage und ansonsten meist nur leichte Niederschläge, so dass es in den Niederungen nur für eine dünne Schneedecke von 1-2 cm reichte. In Silberborn begann diese Phase zwar ebenso bescheiden mit einer kaum wahrnehmbaren Auflage von einem Zentimeter, doch dort läpperte es sich um die Monatsmitte und die Schneedecke konnte nach und nach auf bis zu zwölf Zentimeter anwachsen. Auch aus Polle vom Wilmeröder Berg und aus Amelith wurden mit bis zehn Zentimetern vorübergehend zweistellige Werte gemeldet, ansonsten gab es zwischen einem Zentimeter in Hehlen und sechs in Vorwohle und Hellental.

Bei den Monatssummen ergibt sich in Bezug auf die langjährigen Mittelwerte ein uneinheitliches Bild. Ursache waren teils die Topografie mit Staulagen im Solling, teils lokale begrenzte Schauer. In der Nacht zum 23. blitzte es sogar während eines Wintergewitters am Nachthimmel.
Spitzenreiter war diesmal Silberborn mit 118,6 mm (+13%), gefolgt von Hellental mit 112,2 und Amelith mit 108,1 mm. Abseits des Sollings blieben die Werte zweistellig, in Holzminden wurden 88,6 mm gemessen (+17%), in Hehlen 83,8 mm (+15%), während Ottenstein mit 86,8, Bevern mit 75,4 und Lüchtringen mit 73,3 mm auf dem Niveau des Mittels von 1991-2020 landeten. Polle verfehlte sein Mittel mit 80,2 mm um rund sechs Prozent und Vorwohle lag mit 68,5 mm sogar mit 18% im Minus.

Die Sonne konnte sich zumindest an einzelnen Tagen wieder länger zeigen und schien am Ende der ersten Dekade sowie am letzten Wochenende sogar weitgehend ungestört jeweils über sieben Stunden täglich – das hatte es zuletzt Anfang Oktober gegeben. Gleichwohl blieben die trüben Tage der Jahreszeit und dem lokalen Klima entsprechend in der Überzahl, dennoch summierte sich die Sonnenscheindauer des Monats auf immerhin 60 Stunden – der zweithöchste Januarwert der letzten 15 Jahre hinter 2017 und ein Plus zum Klimamittel von fast 15 Stunden bzw. 32%.

Der Wind war vor allem zu Monatsbeginn und in der vierten Woche in Böen steif bis stürmisch meist aus Südwest unterwegs. Eine echte Sturmlage mit verbreitet um 80 km/h (Beaufort 9) gab es am 24., während der Nordostwind am 8. zwar nur mit Bft. 5-6 wehte, die gefühlte Temperatur im Dauerfrost aber aufgrund des Windchill-Faktors noch deutlich eisiger machte.

Die Erwärmung schreitet fort: 2023 war das bisher wärmste Jahr

Ein neuer Temperaturrekord und sehr viel Regen prägten das Wetter im Jahr 2023

Nach der Einstellung des Rekords im Jahr 2022 erklomm die Jahresmitteltemperatur zumindest in den tiefer gelegenen Regionen des Landkreises neue Höhen und landete am Ende gleich drei Zehntel über der bisherigen Topmarke von 11,0 °C. Was auf den ersten Blick nach wenig aussehen mag, ist in der Klimatologie durchaus ein ungewöhnlich großer Schritt. Zur Einordnung: Liegt das aktuell gültige 30-Jahres-Mittel der Periode 1991-2020 noch bei 9,9 °C, steht nun zum dritten Mal in den letzten vier Jahren die 11 vor dem Komma. Anders als 2022 blieb die große Sommerhitze aber diesmal aus – und auch in Sachen Trockenheit brachte der Hochsommer die Wende hin zu einer außergewöhnlich nassen zweiten Jahreshälfte, die ihren Höhepunkt in der Hochwasserlage zu Weihnachten fand. Trotz eines sehr trüben vierten Quartals schien die Sonne gut 100 Stunden länger als im Durchschnitt.

Mit einer Jahrestemperatur von 11,32 °C war das Jahr 2023 an der DWD-Station in Bevern so warm wie keines zuvor in der Geschichte der lokalen Messungen, die mittlerweile fast 90 Jahre zurückreichen. Der bisherige Rekord von 11,01 °C aus den Jahren 2020 und 2022 ist also nach sehr kurzer „Amtszeit“ nicht nur bereits wieder Geschichte, er wurde auch deutlich übertroffen. Gegenüber dem Klimamittel der Jahre 1991-2020 ergab sich in Bevern ein Plus von 1,45 K und bezogen auf die frühere Referenzperiode der Jahre 1961-1990, die weiterhin als Maßstab für das Klima in der Zeit vor der globalen Erwärmung gilt, war es sogar um gut 2,5 K wärmer. Einen neuen Monatsrekord gab es im September, und auch die Monate Januar, Juni, Oktober und Dezember fielen sehr mild bzw. warm aus – während lediglich der April sein aktuelles Mittel deutlich verfehlte. Gegenüber dem Klima der Jahre 1961-1990 landeten wie schon 2022 alle Monate im Plus.

Der absolute Höchstwert von 34,6 °C, erzielt am 9. Juli an der Beveraner Station, fiel im Vergleich zum Vorjahr mit seinem neuen Allzeitrekord von 38,7 °C recht moderat aus, auch die Zahl der heißen Tage lag mit zwölf etwa im Durchschnitt. Auffällig waren hingegen 137 warme Tage mit einem Höchstwert von mindestens 20 Grad (davon schaffte nur 2018 noch mehr) und die fast vollständige Abwesenheit nennenswerter Kälte. Zwar blieb die Zahl der Frosttage in Bevern mit 50 klar über dem frostärmsten Jahr 1974 (lediglich 26), lag aber um 20 Tage unter dem aktuellen Mittel. Auch bei der absoluten Tiefsttemperatur von -6,7 °C und der Kältesumme von 17,0 K liegt 2023 am sehr milden Rand der Verteilung. Immerhin sorgte der Frühwintereinbruch Anfang Dezember für die einzigen beiden Dauerfrosttage des Jahres.

An der Wetterstation in Silberborn auf 428 m blieb ein neuer Temperaturrekord hingegen aus – hier lag der Jahreswert 2023 mit 9,12 °C ein Stück unter der im Vorjahr erreichten neuen Höchstmarke von 9,26 °C. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Verteilung der Wetterlagen in den vergangenen beiden Jahren: War 2022 überwiegend und besonders von Mai bis November hochdruckgeprägt, hatten 2023 und da vor allem in der zweiten Jahreshälfte Tiefs die Oberhand. Am ausgeprägtesten war dies im letzten Quartal, also in der Zeit, in der sich bei Hochdruckwetter häufig Inversionen ausbilden, die die Temperaturunterschiede zwischen höheren und tieferen Lagen verwischen und vorübergehend sogar umkehren können. Tiefs sorgen stattdessen für eine gute vertikale Durchmischung der Luftmassen und dafür, dass die sich Höhendifferenz (konkret sind es 318 m zwischen beiden Stationen) auch im sogenannten Temperaturgradienten ausgeprägt abbildet. So betrug der Unterschied zwischen den Jahrestemperaturen in Bevern und Silberborn 2022 nur 1,74 K, 2023 hingegen 2,2 K, also fast ein halbes Grad mehr.

Am wärmsten wurde es an der Hochsolling-Station ebenfalls am 9. Juli mit 30,5 °C, zugleich der einzige heiße Tag des Jahres – 2022 waren es noch sechs gewesen. Frost gab es an 76 Tagen, das Jahresminimum wurde am 1.12. erzielt und fiel mit -7,3 °C für eine Mittelgebirgslage sehr bescheiden aus.

Ein kurzer Streifzug durch das Wetterjahr beginnt mit einem sehr milden Winter fast ohne Schnee und nur gelegentlich leichtem Frost – dieser Satz stand so bereits im Vorjahresrückblick und kann für 2023 einfach übernommen werden, jedenfalls für die Niederungen. In Silberborn lag immerhin in der zweiten Januarhälfte meist eine (wenn auch nicht allzu hohe) Schneedecke. Der Februar hatte in Sachen Schnee oben wie unten nichts zu bieten, während es Anfang März noch einmal zu einem kurzen, aber zumindest im Solling kräftigen Spätwintergruß kam, der dort noch einmal für bis zu 17 cm Schnee sorgte. Das anschließende Frühjahr blieb verhalten temperiert und verfehlte sogar geringfügig das Mittel der Jahre 1991-2020 im Solling bzw. erreichte dies in Bevern genau auf den Punkt. Vor allem April und die erste Maihälfte hinterließen einen eher kühlen Eindruck.

Ende Mai vollzog sich die Wende zu einem weitgehend stabilen, sehr warmen und vor allem ausgesprochen sonnigen Witterungsabschnitt, der gut einen Monat andauerte, bevor der Hochsommer einen wechselhaften, moderat temperierten und zunehmend regenreichen Verlauf nahm. Die erste Sommerhälfte war sogar die wärmste seit Aufzeichnungsbeginn, die Phase von Mitte Juli bis Ende der ersten Augustdekade blieb dann aber sogar etwas unterdurchschnittlich temperiert, bevor sich von Süden aus dem Mittelmeerraum nochmal heiße und feuchte Luft auf den Weg machte, die unsere Region aber nur vorübergehend und abgeschwächt in der zweiten Augustdekade erreichte.

Einem sehr sonnigen, trockenen und in den Niederungen rekordwarmen September folgte das bereits angesprochene sehr nasse vierte Quartal inklusive eines Frühwintereinbruchs Ende November, der einen neuen Herbstrekord verhinderte und der Region einen für diese Zeit im Jahr ungewöhnlich gewordenen Abschnitt mit mehreren Schneedeckentagen bis in die Niederungen bescherte, bevor eine deutliche Milderung den Winter auch im Solling rasch vertrieb und er bis Jahresende nicht mehr gesichtet wurde.

Die regelmäßigen und ergiebigen Niederschläge des zweiten Halbjahres sorgten in der Region für das nasseste Jahr seit 2007. Ein weiterer trockenheißer Sommer, da sind sich die Experten einig, hätte für weitere große Schäden in den Wäldern gesorgt. Aus dieser Sicht kam der Umschwung im Juli gerade noch rechtzeitig und legte eine erste Reserve für den September in die höheren Bodenschichten, bevor der viele Regen ab Oktober dafür sorgte, dass mehr und mehr auch die tieferen Schichten und der Grundwasserspiegel aufgefüllt wurden. Im Laufe des Dezembers, der im Solling teils rekordnass ausfiel, wurde es dann allerdings zu viel des Guten mit einer Hochwasserlage im Umfeld der Weser und sehr nassen und aufgeweichten Böden auch im Solling. Diese könnten vor allem der flach wurzelnden Fichte im Falle einer Sturmlage wie 2018 keinen Halt mehr bieten. Zum Glück sieht es aber derzeit nicht danach aus, dass sich eine solche Wetterlage in diesem Januar wiederholen könnte.

Die Jahressummen erreichten 1006 mm in Bevern, ein Plus von 27% oder rund 210 mm gegenüber dem Mittel der Jahre 1991-2020, zugleich der erste vierstellige Wert dort seit 2007. Zwischen 2007 und 2023 war nur ein Jahr – 2017 – überdurchschnittlich nass ausgefallen, aber viele deutlich zu trocken. In Silberborn wurden 1272 mm gemessen, ein Plus von 21% zum aktuellen Klimamittel. Noch etwas mehr holte der Beobachter in Hellental aus dem Messbecher, die 2018 in Betrieb genommene konventionelle Niederschlagsstation des DWD stellte mit 1289,8 mm den Spitzenreiter in der Region. Die geringste Jahressumme fiel mit 968,2 mm in Lüchtringen.

Beim Sonnenschein ragte die knapp fünfwöchige Zeit vom 26. Mai bis Ende Juni mit einer Summe von 362 Stunden – fast 11 im Schnitt pro Tag – heraus. Sonnigster Monat war der Juni mit fast 290 Stunden, auch Mai und September landeten deutlich über ihren Mittelwerten. Klar unterdurchschnittlich präsentierten sich neben den ohnehin sehr dunklen Monaten Januar, November und Dezember diesmal auch Oktober und März. Die Jahressumme betrug ca. 1622 Stunden, das waren einerseits glatte 300 weniger als noch 2022, aber immer noch gut 100 mehr als im Mittel der Jahre 1991-2020. Mehr als klimatisch und astronomisch bedingt üblich sorgte dabei das Sommerhalbjahr von April bis September mit 1320 Stunden für den Löwenanteil beim Sonnenschein, die anderen sechs Monate brachten es zusammen nur auf gut 300 Stunden.

Frühwinter zu Beginn und Hochwasser zu Weihnachten

Der Dezember 2023 war trotz eines Kaltstarts sehr mild und teils rekordnass

Der Frühwinter kam überpünktlich und bescherte der Region bereits Ende November Schnee bis in die Niederungen, bevor ein Wetterwechsel mit deutlicher Milderung am zweiten Dezemberwochenende auch die stattliche Schneedecke im Hochsolling binnen kurzer Zeit verschwinden ließ. Für den großen Rest des ersten meteorologischen Wintermonats dominierten atlantische Luftmassen mit für die Jahreszeit ungewöhnlich lang anhaltenden hohen Temperaturen und im Laufe der zweiten Hälfte immer längeren und intensiveren Regenfällen, die das Wesertal in der Weihnachtswoche unter Wasser setzten und dem Hochsolling den nassesten Dezember seit Beginn der dortigen Wetterbeobachtungen bescherten. Trotz einiger Dauerfrosttage zu Beginn fiel die Monatsbilanz bei den Temperaturen sehr mild aus. Die Sonnenscheindauer blieb mit ganzen 17 Stunden noch zurückhaltender als ohnehin schon üblich zu dieser Jahreszeit.

Schnee bis in die Niederungen, hier der Weserbogen bei Polle, brachten die ersten Dezembertage ©A. Mokross

Mit einer Monatstemperatur von 5,43 °C war der Dezember 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um fast 2,7 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zum niedrigeren, 30 Jahre älteren Klimawert der Periode 1961-1990 betrug das Plus sogar 3,7 K. Damit war es der fünftwärmste Dezember seit Aufzeichnungsbeginn 1934 – trotz eines durchaus winterlichen Starts mit leichtem Dauerfrost. Von außergewöhnlichen Höchstwerten wie den rekordwarmen 18,1 Grad am Silvestertag 2022 blieb die milde Westwetterlage ab dem Ende der ersten Dekade in diesem Jahr zwar weit entfernt, dafür gab es bis zum Jahresende aber keine kühle, geschweige denn kalte Phase mehr – Durchschnittswerte bei den Maxima von 9,5 °C und fast fünf Grad bei den Minima ab dem 10. Dezember erinnern deutlich mehr an Herbst als an Winter. Auch die Zahl der Frosttage blieb mit sieben, die allesamt in den ersten acht Tagen gemessen wurden, deutlich unter den langjährigen Mittelwerten. Die Zeit ab 9. markiert eine der bisher längsten frostfreien Perioden in einem Dezember überhaupt.

Auch im Hochsolling musste der Frühwinter im Laufe des zweiten Adventswochenendes nassem Schmuddelwetter weichen. Nach vier Eis- und acht Frosttagen zu Beginn gab es selbst auf fast 430 m Höhe an der Station in Silberborn nur noch einen kurzen und leichten Frost mit -0,7 °C in der Nacht zum 27.12., insgesamt neun Frosttage sind in dieser Region ungewöhnlich wenig für einen Dezember. Am kältesten war es gleich am Monatsersten mit einem Tiefstwert von -7,3 °C, am wärmsten zu Heiligabend mit 9,6 °C. Ein Schnitt von 6,5 °C bei den Höchstwerten ab dem 10.12. dokumentiert auch hier die selbst in Zeiten des sich weiter erwärmenden Klimas außergewöhnliche Milde der letzten drei Dezemberwochen. Die Monatsmitteltemperatur landete bei 2,95 °C und lag um gut 2,2 K über dem Mittel der Jahre 1991-2020, womit es der sechstwärmste Dezember seit Aufzeichnungsbeginn war.

Winterlicher 1. Adventssonntag im Solling, hier an der Landstraße zwischen Neuhaus und Silberborn

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt eine selten in diesem Umfang aufgetretene Dominanz von Westlagen und stützt die These, wonach bestimmte Muster bei den Wetterlagen im Zuge des Klimawandels eine zunehmende Persistenz aufweisen. Diese verstärkte Erhaltungsneigung, die in den letzten Jahren und da vor allem im Sommerhalbjahr häufig zu langen Trockenphasen geführt hatte, schlug nun in der zyklonalen, also tiefdruckgeprägten Form voll zu. Die hohen Meeresoberflächentemperaturen trugen ihren Teil dazu bei, dass die Luft viel Feuchte aufnehmen konnte, der Jetstream sorgte dafür, dass die Tiefs über längere Zeit auf gleicher Zugbahn ost- oder südostwärts zogen. Dadurch waren häufig dieselben Gebiete von anhaltenden Regenfällen betroffen, was sich zu einer teils markanten Hochwasserlage in Niedersachsen führte, bei der die Oberweser aber vergleichsweise glimpflich davonkam – und so fiel auch die erste Schadensbilanz der Stadt Holzminden von Anfang Januar verhalten positiv aus: Größere Schäden waren demnach nicht zu beklagen. Mit dem sich abzeichnenden Wechsel hin zu einer längeren Hochdruckphase sollten die Pegel und das Grundwasser bald deutlich fallen.

Doch bevor wohl zum Ende der ersten Januarwoche seit langer Zeit ein mehr als nur wenige Tage anhaltender trockener Witterungsabschnitt anbricht, gilt es die außergewöhnlich hohen Monatssummen des Vormonats zu bilanzieren und einzuordnen: So gab es in Silberborn wie bereits im TAH vom 2. Januar vorab gemeldet den niederschlagsreichsten Dezember seit dort gemessen wird – mit 206,3 mm wurde der bisherige Rekord aus dem Jahr 1993 um wenige Millimeter übertroffen. Allein am 23. fielen fast 40 mm binnen 24 Stunden vom Himmel, zwischen dem 19. und 25. wurden 110 mm innerhalb von sieben Tagen gemessen und damit mehr als im Schnitt eines gesamten Monats. Gegenüber dem langjährigen Monatsmittel von 105 mm steht ein Plus von gut 100 mm oder 96%.

Kleiner Fluss ganz groß – Weserhochwasser Richtung Heinsen an Heilgabend ©A. Mokross

Zu Beginn des Monats waren es noch meist leichte Schneefälle, mit dem rabiaten Tauwetter am zweiten Wochenende fiel anschließend ausschließlich Regen mit häufig zweistelligen Tagessummen. Dennoch konnte der Solling in der ersten Woche mit einer für die Jahreszeit eher ungewöhnlich hohen Schneedecke von 10-15, stellenweise bis zu 20 cm, viele Besucher anlocken. Vor allem am ersten Adventswochenende waren die Rodelhänge ein beliebtes Ausflugsziel und eine lange Fahrzeugschlange zog sich am Rand der B497 zwischen Neuhaus und Silberborn entlang – ein in den letzten Wintern selten gewordenes Bild.

Die höchste Monatssumme wurde mit 222,1 mm allerdings wieder einmal an der tiefer gelegenen Station in Hellental auf 270 m gemessen, wo in einer Staulage noch günstigere Voraussetzungen für hohe Niederschlagsmengen bestehen als in Silberborn, das eher das Profil einer Hochebene aufweist. Doch auch die Zahlen der anderen Messstellen in der Region können sich sehen lassen: So fielen in Amelith 212,3 mm, in Polle (Wilmeröder Berg) 202,1, in Ottenstein 196,3, in Vorwohle 186,8, in Holzminden 173,3, in Bevern 171,5 und in Hehlen 158,9 mm. Schlusslicht war Lüchtringen mit vergleichsweise bescheidenen 144,1 mm. Im Oberwesertal war es damit der zweitnasseste Dezember hinter dem Rekordhalter von 1986.

Weserradweg unter Wasser am 26.12. ©A. Mokross

Schnee gab es zu Monatsbeginn bis in die Niederungen, in Bevern waren es am Morgen des 3. acht Zentimeter auf 110 m Stationshöhe, in Holzminden und Lüchtringen immerhin noch sechs. Der dickste Schnee kam diesmal nicht im Solling zum Vorschein, sondern am Elfaß in Vorwohle, wo die Bedeckung am 5. Dezember auf bis zu 25 cm angewachsen war.

Tief verschneite Kulisse am Parkplatz Mecklenbruch am 6. Dezember

Sonnenschein suchten die Kreis-Holzmindener in diesem Dezember oft vergeblich und wenn sie ihn mal fanden, dann meist nur kurz – mit diesen Worten lassen sich die höchste Tagessumme von gerade mal drei Stunden sowie die Monatssumme von ganzen 17 Stunden wohl am besten zusammenfassen. Damit wurde nicht einmal ganz die Hälfte des langjährigen Mittelwerts erreicht und auch die Quartalsbilanz fällt mit 117 Stunden sehr bescheiden aus: Im Schnitt zeigt sich die Sonne von Oktober bis Dezember immerhin 60 Stunden länger am Himmel.

Die Sonne tat sich sehr schwer im trüben Dezember 2023 ©A. Mokross

Der Wind schließlich machte sich bei der dynamischen Westwetterlage stärker bemerkbar als in den Vormonaten, die Windmesser des DWD in der weiteren Umgebung registrierten zwar nur stellenweise einen echten Sturmtag mit Bft. 9, dafür gab es aber an vielen Stationen eine ganze Serie von Tagen mit steifem Wind bis stürmischen Böen (Bft. 7-8) in der letzten Monatsdekade.

Mystische Morgennebelstimmung an der Weser bei Polle am 27.12. ©A. Mokross

Kaum Sonnenschein, sehr viel Regen und am Ende winterlich

Der November 2023 war sehr nass und trüb / Zweitwärmster Herbst seit Messbeginn

Lange Zeit sah es so aus, als würde auch der November die Geschichte der außergewöhnlich warmen Witterung in diesem Herbst bis zum Schluss fortsetzen und am Ende womöglich ein neuer Jahreszeitrekord stehen. Doch eine Umstellung auf eine frühwinterliche Lage zum Monatsende mit sogar etwas Schnee bis in die Niederungen setze diesen Ambitionen ein jähes Ende. Die im Oktober begonnenen Regenfestspiele gingen unvermindert weiter, zusammen mit dem Schnee der letzten Tage summierten sich die Niederschläge auf verbreitet dreistellige Werte in der Region. Sonnenschein hatte unter vorherrschendem Tiefdruck kaum eine Chance und so erreichte die Monatssumme kaum mehr als die Hälfte ihres ohnehin bescheidenen Klimamittels.  

Pastellfarbene Spätherbstlandschaft am 18. November © A. Mokross

Mit einer Monatstemperatur von 6,71 °C war der November 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um knapp 1,1 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zum niedrigeren, 30 Jahre älteren Klimawert der Periode 1961-1990 betrug das Plus 1,85 K. Der Temperaturverlauf war gekennzeichnet durch zwei sehr milde Dekaden und einen deutlichen Rückgang, ja eher schon Absturz im Laufe der dritten. Der erste Luftfrost der Saison trat am 22.11. und damit spät auf, danach gab es häufigen Nachtfrost, der sich unter der meist geschlossenen Wolkendecke aber in Grenzen hielt mit minimal -4,2 °C. In fünf Zentimetern über dem Erdboden ging es am Monatsletzten unter einer dünnen Schneedecke hingegen bis auf -7,3 °C hinunter. Am warmen Ende der Skala steht der Monatshöchstwert von 15,5 °C, der gleich zum Start erreicht wurde. An insgesamt 16 Tagen wurde die Zehn-Grad-Marke noch überschritten, darunter in der gesamten ersten Dekade.

An der Wetterstation in Silberborn lag die Monatstemperatur mit 4,12 °C nur um gut 0,2 K über dem dortigen Klimawert der Jahre 1991-2020 und 1,0 K über der Periode von 1961-1990. Wie schon im Vormonat drückte die anhaltende Tiefdrucklage die Temperaturen im Hochsolling stärker nach unten und dies vor allem tagsüber. Am wärmsten war auch hier gleich der Monatserste mit einem Höchstwert von 11,8 °C, der erste Frost datiert vom 12.11. und zum Monatsende stellte sich sogar leichter Dauerfrost ein. Am kältesten war es am Abend des 30. mit einem Tiefstwert von -7,2 °C in zwei Metern Messhöhe.

Winterlich ging es zu entlang der B497 im Solling am Monatsende

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt nahezu ausschließlich tiefdruckgeprägte Witterungsphasen mit einer kurzen Pause zu Beginn der dritten Dekade, als eine Hochdruckbrücke den Übergang von der zuvor sehr milden Westlage (zu Monatsbeginn zunächst noch Süd) hin zu einer deutlich kälteren Nordlage einleitete. Der vorherrschende Tiefdruck, bei dem die einzelnen Tiefs auf dem Atlantik auf einer recht südlichen Zugbahn unterwegs waren und deren Zentren sich lange Zeit westlich von uns befanden, bevor diese sich zum Monatsende nach Mitteleuropa verlagerten, brachte der Region nach dem bereits sehr nassen Oktober einen weiteren Monat mit ungewöhnlich hohen Regenmengen und zwischen 26 und 27 Niederschlagstagen.

Bei den Monatssummen machte diesmal Amelith mit 161,5 mm das Rennen, gefolgt von Hellental mit 156,0 und Silberborn mit 150,2 mm. Die klimatisch feuchtere Sollingregion kam damit ebenso auf die über anderthalbfache Menge des durchschnittlichen Niederschlags wie die anderen Stationen in der Region, von denen allein Lüchtringen mit 97,4 knapp unter der Marke von 100 mm blieb.  In Holzminden waren es 100,2 mm, in Bevern 103,7, in Hehlen 118,8, in Vorwohle 123,0, in Polle 127,8 und in Ottenstein 139,5 mm.

Die Tagessummen erreichten dabei bis fast 19 mm in Silberborn und Hellental am 27.11., das meiste davon bereits als Schnee. Zehn Zentimeter waren es am Morgen des 28. In Hellental und sogar 18 cm im höher gelegenen Silberborn, wo zuvor am Wochenende der erste Versuch, den Frühwinter zu etablieren, noch gescheitert war und 2-3 cm wieder abgetaut waren. Doch auch die anderen etwas höher gelegenen Standorte bekamen ein ordentliches Stück vom Schneekuchen ab, so zum Beispiel der Wilmeröder Berg in Polle mit bis 14 cm, Vorwohle konnte mit 17 cm am Monatsende sogar die Führung übernehmen, während die Decke in Silberborn etwas gesackt war auf 15-16 cm. Selbst in Hehlen auf 133 m reichte es für bis zu sieben Zentimeter, während sich Bevern mit einem Zentimeter und Teile des Holzmindener Stadtgebiets mit leichten Schneeflecken begnügen mussten.

Zwei Jahreszeiten auf einem Foto © A. Mokross

Die Sonnenscheindauer übte sich wie schon im Oktober in Zurückhaltung und erzielte mit knapp 25 Stunden nur gut die Hälfte des langjährigen Mittels, das mit 45 Stunden auch nicht gerade für eine Lichttherapie tauglich ist. Im Vorjahr hatte es mit über 84 Stunden noch den drittsonnigsten November seit Aufzeichnungsbeginn gegeben. Immerhin der Abschied am 30. fiel versöhnlich und freundlich aus mit stellenweise bis zu fünf Stunden Sonnenschein, gebietsweise über frischem Schnee in einer fotogenen Frühwinterlandschaft.

Sonnenschein vor Schneekulisse – diese seltene Kombination
bot sich am Vormittag des 30.11. in Silberborn

Zweitwärmster Herbst seit Messbeginn

Trüb, sehr nass und auch nicht allzu warm – das dürfte der Eindruck der meisten Menschen sein, wenn man sie nach dem Herbstfazit 2023 fragt, und für die zweite Hälfte bestätigen dies die Messwerte auch weitgehend. Doch zum meteorologischen Herbst zählt auch der September, und der bringt eine trockene, sonnige und rekordwarme Bilanz mit auf die Waage, so dass sich der Eindruck der letzten Wochen dann doch ein Stück relativiert.

Bei der Temperatur landete der Herbst 2023 mit 12,35 °C in Bevern hinter dem Rekordhalter 2006 (12,78) ebenso auf Platz zwei wie im deutschen Gebietsmittel mit 11,59 °C. Das Klimamittel von 1991-2020 wurde damit um 2,43 K übertroffen. Auch in Silberborn war es der zweitwärmste Herbst mit 10,27 °C Mitteltemperatur und erst der dritte, der zweistellig abschloss. Das Plus zum Klimawert betrug hier 2,14 K.

Die Niederschlagssummen waren ebenfalls überdurchschnittlich, aufgrund des trockenen Septembers aber nicht so deutlich wie man vermuten könnte. In Bevern waren es 227,1 mm und damit gut 16% mehr als im langjährigen Mittel, in Silberborn wurden 316,2 mm gemessen, was einem Plus von rund 19% entspricht. Beim Sonnenschein konnte der sehr sonnige September das Minus der beiden nachfolgenden Monate überkompensieren, am Ende steht eine Summe von fast 330 Stunden und damit rund 43 Stunden bzw. 15% mehr als im Schnitt der Jahre 1991-2020.

So verabschiedeten sich November und Herbst 2023 © A. Mokross

Wasser marsch statt Goldener Oktober

Der Oktober 2023 war sehr mild mit viel Regen und wenig Sonnenschein

Fotos von Annette Mokross

Nach dem rekordwarmen September war auch der zweite meteorologische Herbstmonat deutlich wärmer als im langjährigen Mittel – der Wettercharakter aber ein ganz anderer. Statt Sonnenschein und Trockenheit dominierten nun Tiefdruckgebiete und brachten vor allem in der zweiten Monatshälfte fast täglichen und teils ergiebigen Regen. Unterm Strich stand in der Region mit leichten Unterschieden je nach Standort einer der wärmsten und nassesten Oktober der Messreihen, während sich die Sonnenscheindauer im unteren Viertel seit 1951 einsortiert. Trotz der vielen Tiefs blieben Herbststürme aus und die sonst zu dieser Jahreszeit häufigen Wettererscheinungen wie hartnäckiger Nebel und erste Fröste hatten keine Chance.

Mit einer Monatstemperatur von 12,81 °C war der Oktober 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um fast 3 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zum niedrigeren, 30 Jahre älteren Klimawert der Periode 1961-1990 betrug das Plus sogar 3,3 K. Damit war es hinter 2001 und 2006 der drittwärmste Oktober der Zeitreihe Bevern/Holzminden ab 1934. Ungewöhnlich hoch waren dabei vor allem die Höchstwerte in den ersten zwei Wochen, als die 20-Grad-Marke noch neunmal überschritten wurde und es am 2. sogar noch einmal für einen späten meteorologischen Sommertag reichte mit dem Monatshöchstwert von 25,9 °C.

Auf der anderen Seite der Skala blieben kühle Nächte die Ausnahme, da meist dichte Bewölkung eine stärkere Ausstrahlung verhinderte. So blieb der tiefste in zwei Metern Höhe gemessene Wert in Bevern mit 3,1 °C weit vom ersten Luftfrost entfernt. Deutlich knapper wurde es in 5 cm Höhe über dem Boden, wo die Temperatur am 17. auf 0,1 °C sank. Im ebenfalls sehr milden Oktober des vergangenen Jahres lag die durchschnittliche Höchsttemperatur noch ein Stück höher als in diesem Jahr, dafür waren die Tiefstwerte oft niedriger – und damals hatte es einen kuriosen Temperaturverlauf mit im Laufe des Monats entgegen dem jahreszeitlichen Trend immer weiter ansteigenden Werten gegeben. Ein solches Phänomen blieb diesmal aus, ab Monatsmitte sanken die Maxima und die 15-Grad-Marke wurde nur noch an wenigen Tagen überschritten, auf der anderen Seite aber die 10-Grad-Marke nie unterschritten.

An der Wetterstation in Silberborn lag die Monatstemperatur mit 10,7 °C um 2,6 K über dem dortigen Klimawert der Jahre 1991-2020 und 2,8 K über der Periode von 1961-1990. Wieder bestätigte sich die Formel: Bei vorwiegendem Hochdruck ist die Temperaturdifferenz zum Klimamittel etwas größer und bei Tiefdruck etwas niedriger als im Wesertal. Somit war es in der Hochsolling-Messreihe, die ebenfalls bis in die 1930er-Jahre zurückgeht, „nur“ der sechstwärmste Oktober. Das Maximum wurde auch hier am 2. mit 22,0 °C gemessen und einen späten warmen Tag mit dem letztmaligen Überschreiten der 20-Grad-Marke für dieses Jahr gab es am 11. zu notieren. Die kälteste Nacht brachte am 17. ein Minimum von 1,8 °C, Frost war also auch auf fast 430 m Stationshöhe noch kein Thema. Die durchschnittlichen Tiefstwerte lagen bis zum 13. bei ungewöhnlich hohen 10,5 Grad und sanken danach auf gut sechs Grad im Schnitt ab.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt zunächst noch überwiegend antizyklonale, also hochdruckgeprägte Druckverteilungen unter westlichem und nordwestlichen Strömungsregime, wobei die Nordhälfte auch da schon immer wieder von nördlich ziehenden Tiefs beeinflusst wurde und daher vor Ort auch in der ersten Monatshälfte schon viele Wolken mit gelegentlichen Regenfällen das Himmelsbild prägten. Im Zuge dieser Gegensätze zu einem freundlicheren und trockenen Süden bildete sich nach Monatsmitte eine Luftmassengrenze aus, die von den Wettermodellen einige Zeit lang bis in die Landesmitte vorankommend und mit erstem Frost und Schnee bis in mittlere, teils tiefe Lagen berechnet wurde. Doch daraus wurde nichts, die Luftmassengrenze kam deutlich weiter nördlich zu liegen, die milde Luft setzte sich gegen die kalte durch und in der Folge übernahmen Tiefs mit milder Luft aus Westen, Südwesten und Süden und ergiebigen Regenfällen die Regie. Dieses Szenario hielt bis zum Monatsende an und bescherte der Region einen der nassesten Oktober der letzten Jahrzehnte.

Spitzenreiter im regionalen Vergleich war diesmal Silberborn mit einer Monatssumme von 135,8 mm, was einem Plus von gut 50% gegenüber dem Klimamittel 1991-2020 entspricht. Dabei wurde an 27 von 31 Tagen fallender und an 25 Tagen messbarer Niederschlag beobachtet, ab dem 18.10. gab es keinen gänzlich trockenen Tag mehr. Da die Böden das Wasser nicht überall so schnell aufnehmen konnten, war hier festes Schuhwerk gefragt – oder es gab nasse Füße. Im langjährigen Vergleich war es der nasseste Oktober in Silberborn seit 2002 und der drittnasseste seit 1974.

An der Klimastation des DWD in Bevern kamen 95,2 mm zusammen, hier war zuletzt der Oktober 2019 noch geringfügig nasser ausgefallen, zuvor muss man in dieser Messreihe aber sogar bis zum Rekordhalter 1998 zurück, um einen Oktober mit mehr Regen zu finden. Vergleicht man dieselben Zeiträume, war es hier immerhin der fünftnasseste seit 1974. Das Mittel der Jahre 1991-2020 wurde um knapp 40% überschritten, jenes von 1961-1990, als der Oktober noch deutlich trockener war, sogar um 90%.  Ebenfalls klar überdurchschnittlich waren die Summen an den anderen Stationen mit Niederschlagsmessung: Hellental auf Platz 2 in der Region meldete 130,3 mm, Ottenstein 123,7, Amelith 121,7, Polle 120,7 und Vorwohle 113,6 mm. Noch dreistellig ist auch der Wert aus Hehlen auf 133 m Stationshöhe mit 104,7 mm, während sich die knapp unter 100 m befindlichen Messstellen in Lüchtringen mit 97,3 und in Holzminden mit 96,2 mm begnügten.

Beim Sonnenschein gab es diesmal keinen Tag, der annähernd die mögliche Ausbeute einfuhr, am besten gelang dies noch am 11. mit etwas über acht Stunden. Während die erste Monatshälfte mit gut 51 Stunden auch schon etwas unter dem Durchschnitt lag, galt dies umso mehr für die zweite, die es nur noch auf 24 Stunden brachte. In Summe bedeuten 75,7 Stunden ein Minus von 22 Stunden bzw. knapp 22% gegenüber dem Mittelwert von 1991-2020, aber keinen ungewöhnlich trüben Oktober – zumindest, wenn man auf die jüngste Vergangenheit schaut: Seit 2016 waren es gleich dreimal noch weniger Sonnenstunden, davon 2016 und 2020 sogar nur knapp über 50. Im vergangenen Jahr brachte es der Oktober dagegen auf fast doppelt so viel Sonnenschein wie in diesem Jahr und der Rekord stammt immer noch aus dem ersten Jahr der flächendeckenden Sonnenscheinmessungen von 1951 mit 177 Stunden.