Zwischen Schafskälte und Hochsommer

Der Juni 2024 war wechselhaft und unbeständig / Ergiebiger Regen am Monatsende

Fotos von Annette Mokross

Der erste meteorologische Sommermonat präsentierte sich in diesem Jahr seit längerem mal wieder so, wie man ihn bis 2015 kannte: Als eher unbeständig mit einem Wechsel aus späten Kälterückfällen und den ersten Versuchen des Sommers, in Mitteleuropa Fuß zu fassen – kurz: Früh- statt hochsommerlich und damit anders als in den letzten Jahren, in denen sich Rekorde bei Temperaturen und Sonnenschein die Klinke in die Hand gaben. Die ersten Wochen verliefen überwiegend kühl bis mäßig warm mit mehr Wolken als Sonne, aber dennoch wenig Regen, bevor der Sommer im Laufe der dritten Dekade kräftig in Schwung kam mit der einzigen Hochdruckphase des Monats, die der Region einige sehr sonnige und im Verlauf auch die ersten heißen Tage bescherte. Mit Gewittern, ergiebigen Regenfällen und einer nachfolgenden Kaltfront wurde der Hochsommer am Monatsende aber wieder vom Hof gejagt und die Witterung im sogenannten Siebenschläferzeitraum Ende Juni/Anfang Juli deutet auf einen insgesamt wechselhaften und eher durchschnittlich temperierten Hochsommer hin. Der Juni schloss am Ende mit einem jeweils leichten Plus bei Temperatur, Sonnenscheindauer und Regen ab, wobei die Niederschlagsbilanz kein einheitliches Bild ergab.

Die Monatstemperatur an der DWD-Station in Bevern lag mit 16,97 °C um 0,35 K über dem aktuellen Mittel der Jahre 1991-2020 und um 1,38 K über dem das frühere Klima abbildenden Mittel der Jahre 1961-1990. Nach zuvor acht ungewöhnlich warmen Exemplaren, in denen der Durchschnittswert auf 18,5 Grad und damit auf Juliniveau geklettert war, zeigte sich der Juni in diesem Jahr zumindest phasenweise auch wieder einmal von seiner kühleren Seite. Im Laufe der ersten Hälfte lagen die Tiefstwerte regelmäßig im deutlich einstelligen Bereich und die Höchstwerte mit meist 15 bis 21 Grad im kühlen bis mäßig warmen Bereich. Nach Monatsmitte stiegen die Temperaturen zunächst etwas, zum Ende hin mit einem Vorstoß sehr warmer Luftmassen aus Südeuropa vorübergehend deutlich auf bis zu knapp über 30 Grad an, bevor sich mit den Gewittern in der Nacht zum 30. wieder kühlere Luft durchsetzen konnte.  Am wärmsten wurde es in Bevern mit 30,5 °C am 26., am kältesten war die Nacht zum 6. mit Minima von 5,0 °C in der Luft und 2,7 °C am Boden.

An der Wetterstation in Silberborn gab es ebenfalls ein geringes Plus gegenüber den langjährigen Klimawerten, das bei einer Mitteltemperatur von 14,54 °C mit 0,2 K gegenüber der jüngeren und 1,2 K gegenüber der älteren Referenzperiode etwas kleiner ausfiel als in Bevern. Am 25. reichte es auf 428 m Stationshöhe für den ersten meteorologischen Sommertag des Jahres, der Höchstwert wurde zwei Tage später mit 28,5 °C gemessen. Zeitweise sehr frische Nächte kennzeichneten die Phase vom 5. bis 13., als die Tiefstwerte kaum über die 5-Grad-Marke hinauskamen und diese sogar mehrfach unterschritten. Am kältesten war es am frühen Morgen des 6. mit nur 2,8 °C in zwei Metern Höhe und 1,3 °C über dem Erdboden.

Welche Großwetterlagen standen hinter diesen Messwerten? Bis in die dritte Dekade hinein dominierte tiefdruckgeprägte Witterung, in der ersten Monatshälfte bei westlicher bis nordwestlicher Anströmung. Letztere brachte erstmals seit 2015 wieder die klassische Konstellation für eine „Schafskälte“, wie sie bis dahin mehr oder weniger regelmäßig im Laufe der ersten Juniwochen zu finden war. In der zweiten Hälfte gruben sich die Tiefs meist westlich von uns nach Süden ein, wodurch die Strömung auf südliche Richtungen drehte – eine Wetterlage, die sich seit dem Spätwinter immer wieder einstellt und die die Temperaturen zunächst etwas ansteigen ließ, während der unbeständige Wettercharakter noch erhalten blieb.

Zu Beginn der vierten Woche konnte das atlantische Subtropenhoch, oft Azorenhoch genannt, eine vorübergehende Brücke zum Hoch über Nordosteuropa schlagen und für den sonnigsten und wärmsten Abschnitt sorgen. Mit Zufuhr von feuchter Mittelmeerluft wurde es schließlich aus Südwesten schwül und wieder instabiler, bevor zum Monatswechsel erneut Tiefs aus nördlichen Breiten kühlere Luft mit Regen heranführten und sich wieder eine zyklonale Nordwestlage – die zu dieser Jahreszeit im Grunde kühlstmögliche Variante –etablieren konnte.

Beim Niederschlag hatte es lange nach einem recht trockenen Monat in der Region ausgesehen, doch die intensiven Regenfälle in der Nacht zum 30. und in der darauffolgenden Nacht zum 1. Juli – bis 07:50 Uhr MESZ zählen die Werte noch zum Vortag und damit zum Vormonat – sorgten je nach Standort und Stärke der Regenfälle zum Monatswechsel für eine ausgeglichene Bilanz oder sogar erneut für ein Plus gegenüber den Durchschnittswerten an der Mehrheit der Messstellen in der Region.

Mit Abstand am meisten Regen fiel diesmal an der Hochsolling-Station in Silberborn mit 106 mm – fast 23 mm bzw. 27% mehr als im Mittel von 1991-2020, wobei betont werden muss, dass sich Juni und Juli im Vergleich der 30-Jahres-Perioden unterschiedlich entwickelt haben: Sowohl im bundesweiten Gebietsmittel als auch in unserer Region ist der Juni trockener geworden (vor Ort noch deutlicher als landesweit) und der Juli nasser, der damit den Juni als regenreichsten Monat des Jahres abgelöst hat. Auf Karten und in Tabellen, die mit dem alten Klimamittel von 1961-1990 vergleichen, fällt das Plus für den Juni 2024 also geringer aus bzw. wird sogar ein Minus ausgewiesen.

Auch an der Klimastation in Bevern wurde der Durchschnitt der jüngeren 30-Jahres-Periode um 27% übertroffen: Hier fielen 85 mm, genau die Hälfte davon auf der Zielgeraden zwischen Sonntagnacht und Montagfrüh. Bis dahin hatten sich trockene Tage, darunter auch Phasen von 4-5 Tagen ohne Regen, und solche mit meist geringen Mengen abgewechselt. An vier Tagen wurden Gewitter beobachtet – kurz, aber besonders blitzintensiv fiel das letzte in der Nacht zum 30. aus, als es am Himmel zwischen 02:50 und 03:10 flackerte wie in einer Disco und rund 20 mm Regen nieder gingen.

Die Messwerte der weiteren Stationen in der Region: In Holzminden war es mit 92 mm noch etwas nasser als in Bevern, auf Platz drei landete diesmal mit 90,5 mm das sonst eher trockene Hehlen, wo am 18. ein lokaler Gewittertreffer im Nordkreis für ein zusätzliches Starkregenereignis gesorgt hatte. In Polle auf dem Wilmeröder Berg fielen 84,5 und in Lüchtringen und Amelith je 83 mm. Leicht unterdurchschnittlich blieben die Monatssummen hingehen in Hellental mit 75 mm, in Vorwohle mit 70 und in Ottenstein 66,5 mm.

Auch die Sonnenscheindauer hing zunächst lange hinter den Mittelwerten und nach einer Reihe von außergewöhnlich sonnigen Junimonaten in den letzten Jahren wohl auch hinter den Erwartungen zurück – nach drei Wochen standen erst 118 Stunden zu Buche. Doch passend zum Ferienbeginn in Niedersachsen zeigte sich der Juni in der letzten Woche von seiner sonnigen Seite und schloss mit 214 Stunden sogar noch um 15 Stunden über dem Durchschnitt der Jahre 1991-2020 ab. Verfehlt wurde dieser zuletzt übrigens im nachfolgend sehr sonnigen, trockenen und heißen Sommer 2018.

Der Wind war für die Jahreszeit oft ungewöhnlich stark unterwegs. Auch wenn echte Sturmtage ausblieben, wurden doch an etlichen Tagen Böen der Stärke 5 bis 6 gemessen, was frischem bis starkem Wind entspricht. Die Spitzenböen im Monatsverlauf erreichten verbreitet bis Beaufort 8 (stürmischer Wind), zumeist in der kurzen, aber knackigen Gewitternacht zum Monatsletzten.

Nachleuchtende Wolken (NLC) in der vorletzten Juninacht,
aufgenommen von Thomas Seliger bei Moringen
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Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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