Wasser marsch statt Goldener Oktober

Der Oktober 2023 war sehr mild mit viel Regen und wenig Sonnenschein

Fotos von Annette Mokross

Nach dem rekordwarmen September war auch der zweite meteorologische Herbstmonat deutlich wärmer als im langjährigen Mittel – der Wettercharakter aber ein ganz anderer. Statt Sonnenschein und Trockenheit dominierten nun Tiefdruckgebiete und brachten vor allem in der zweiten Monatshälfte fast täglichen und teils ergiebigen Regen. Unterm Strich stand in der Region mit leichten Unterschieden je nach Standort einer der wärmsten und nassesten Oktober der Messreihen, während sich die Sonnenscheindauer im unteren Viertel seit 1951 einsortiert. Trotz der vielen Tiefs blieben Herbststürme aus und die sonst zu dieser Jahreszeit häufigen Wettererscheinungen wie hartnäckiger Nebel und erste Fröste hatten keine Chance.

Mit einer Monatstemperatur von 12,81 °C war der Oktober 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um fast 3 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zum niedrigeren, 30 Jahre älteren Klimawert der Periode 1961-1990 betrug das Plus sogar 3,3 K. Damit war es hinter 2001 und 2006 der drittwärmste Oktober der Zeitreihe Bevern/Holzminden ab 1934. Ungewöhnlich hoch waren dabei vor allem die Höchstwerte in den ersten zwei Wochen, als die 20-Grad-Marke noch neunmal überschritten wurde und es am 2. sogar noch einmal für einen späten meteorologischen Sommertag reichte mit dem Monatshöchstwert von 25,9 °C.

Auf der anderen Seite der Skala blieben kühle Nächte die Ausnahme, da meist dichte Bewölkung eine stärkere Ausstrahlung verhinderte. So blieb der tiefste in zwei Metern Höhe gemessene Wert in Bevern mit 3,1 °C weit vom ersten Luftfrost entfernt. Deutlich knapper wurde es in 5 cm Höhe über dem Boden, wo die Temperatur am 17. auf 0,1 °C sank. Im ebenfalls sehr milden Oktober des vergangenen Jahres lag die durchschnittliche Höchsttemperatur noch ein Stück höher als in diesem Jahr, dafür waren die Tiefstwerte oft niedriger – und damals hatte es einen kuriosen Temperaturverlauf mit im Laufe des Monats entgegen dem jahreszeitlichen Trend immer weiter ansteigenden Werten gegeben. Ein solches Phänomen blieb diesmal aus, ab Monatsmitte sanken die Maxima und die 15-Grad-Marke wurde nur noch an wenigen Tagen überschritten, auf der anderen Seite aber die 10-Grad-Marke nie unterschritten.

An der Wetterstation in Silberborn lag die Monatstemperatur mit 10,7 °C um 2,6 K über dem dortigen Klimawert der Jahre 1991-2020 und 2,8 K über der Periode von 1961-1990. Wieder bestätigte sich die Formel: Bei vorwiegendem Hochdruck ist die Temperaturdifferenz zum Klimamittel etwas größer und bei Tiefdruck etwas niedriger als im Wesertal. Somit war es in der Hochsolling-Messreihe, die ebenfalls bis in die 1930er-Jahre zurückgeht, „nur“ der sechstwärmste Oktober. Das Maximum wurde auch hier am 2. mit 22,0 °C gemessen und einen späten warmen Tag mit dem letztmaligen Überschreiten der 20-Grad-Marke für dieses Jahr gab es am 11. zu notieren. Die kälteste Nacht brachte am 17. ein Minimum von 1,8 °C, Frost war also auch auf fast 430 m Stationshöhe noch kein Thema. Die durchschnittlichen Tiefstwerte lagen bis zum 13. bei ungewöhnlich hohen 10,5 Grad und sanken danach auf gut sechs Grad im Schnitt ab.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt zunächst noch überwiegend antizyklonale, also hochdruckgeprägte Druckverteilungen unter westlichem und nordwestlichen Strömungsregime, wobei die Nordhälfte auch da schon immer wieder von nördlich ziehenden Tiefs beeinflusst wurde und daher vor Ort auch in der ersten Monatshälfte schon viele Wolken mit gelegentlichen Regenfällen das Himmelsbild prägten. Im Zuge dieser Gegensätze zu einem freundlicheren und trockenen Süden bildete sich nach Monatsmitte eine Luftmassengrenze aus, die von den Wettermodellen einige Zeit lang bis in die Landesmitte vorankommend und mit erstem Frost und Schnee bis in mittlere, teils tiefe Lagen berechnet wurde. Doch daraus wurde nichts, die Luftmassengrenze kam deutlich weiter nördlich zu liegen, die milde Luft setzte sich gegen die kalte durch und in der Folge übernahmen Tiefs mit milder Luft aus Westen, Südwesten und Süden und ergiebigen Regenfällen die Regie. Dieses Szenario hielt bis zum Monatsende an und bescherte der Region einen der nassesten Oktober der letzten Jahrzehnte.

Spitzenreiter im regionalen Vergleich war diesmal Silberborn mit einer Monatssumme von 135,8 mm, was einem Plus von gut 50% gegenüber dem Klimamittel 1991-2020 entspricht. Dabei wurde an 27 von 31 Tagen fallender und an 25 Tagen messbarer Niederschlag beobachtet, ab dem 18.10. gab es keinen gänzlich trockenen Tag mehr. Da die Böden das Wasser nicht überall so schnell aufnehmen konnten, war hier festes Schuhwerk gefragt – oder es gab nasse Füße. Im langjährigen Vergleich war es der nasseste Oktober in Silberborn seit 2002 und der drittnasseste seit 1974.

An der Klimastation des DWD in Bevern kamen 95,2 mm zusammen, hier war zuletzt der Oktober 2019 noch geringfügig nasser ausgefallen, zuvor muss man in dieser Messreihe aber sogar bis zum Rekordhalter 1998 zurück, um einen Oktober mit mehr Regen zu finden. Vergleicht man dieselben Zeiträume, war es hier immerhin der fünftnasseste seit 1974. Das Mittel der Jahre 1991-2020 wurde um knapp 40% überschritten, jenes von 1961-1990, als der Oktober noch deutlich trockener war, sogar um 90%.  Ebenfalls klar überdurchschnittlich waren die Summen an den anderen Stationen mit Niederschlagsmessung: Hellental auf Platz 2 in der Region meldete 130,3 mm, Ottenstein 123,7, Amelith 121,7, Polle 120,7 und Vorwohle 113,6 mm. Noch dreistellig ist auch der Wert aus Hehlen auf 133 m Stationshöhe mit 104,7 mm, während sich die knapp unter 100 m befindlichen Messstellen in Lüchtringen mit 97,3 und in Holzminden mit 96,2 mm begnügten.

Beim Sonnenschein gab es diesmal keinen Tag, der annähernd die mögliche Ausbeute einfuhr, am besten gelang dies noch am 11. mit etwas über acht Stunden. Während die erste Monatshälfte mit gut 51 Stunden auch schon etwas unter dem Durchschnitt lag, galt dies umso mehr für die zweite, die es nur noch auf 24 Stunden brachte. In Summe bedeuten 75,7 Stunden ein Minus von 22 Stunden bzw. knapp 22% gegenüber dem Mittelwert von 1991-2020, aber keinen ungewöhnlich trüben Oktober – zumindest, wenn man auf die jüngste Vergangenheit schaut: Seit 2016 waren es gleich dreimal noch weniger Sonnenstunden, davon 2016 und 2020 sogar nur knapp über 50. Im vergangenen Jahr brachte es der Oktober dagegen auf fast doppelt so viel Sonnenschein wie in diesem Jahr und der Rekord stammt immer noch aus dem ersten Jahr der flächendeckenden Sonnenscheinmessungen von 1951 mit 177 Stunden.

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Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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