Vom frühen Sommer in den späten Winter und wieder zurück

Scharfe Kontraste kennzeichneten das Wetter im April 2024

Fotos von Annette Mokross

Nach den jüngsten Temperaturrekorden im Februar und im März setzte auch der April die Jagd nach neuen Höhen zunächst in noch forscherem Tempo fort. Zum Ende der ersten Woche präsentierten sich Vegetation und Wetter ihrer Zeit weit voraus: In der Phänologie begann mit der Apfelblüte der Vollfrühling und in der Meteorologie wurden bereits die ersten Sommertage registriert. Doch das optisch reizvolle frühe Austreiben und Aufblühen machen Blatt und Blüte anfällig für Kälterückfälle, wie sie im mitteleuropäischen Frühjahr auch in Zeiten des Klimawandels nach wie vor typisch sind – und auch in diesem Jahr nicht ausblieben. Das zweite Gesicht des Aprilwetters brachte zu Beginn der dritten Dekade nicht nur noch einmal Schneeschauer, sondern auch späten Frost. Während die Schadensbilanz in der Natur noch offen ist, steht beim Wetter nach der Achterbahnfahrt unter dem Strich ein mittleres Plus bei der Monatstemperatur, ein größeres Plus beim Niederschlag und ein dickes Minus beim Sonnenschein.

Mit einer Monatstemperatur von 10,84 °C war der April 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um 1,32 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur Klimaperiode von 1961-1990 waren es deutliche +2,9 K. Damit war es der zehntwärmste April seit Aufzeichnungsbeginn 1935. Bis etwa zur Halbzeit war der zweite meteorologische Frühlingsmonat sogar auf Kurs des Rekords von 2018, bevor er durch eine Umstellung der Strömung auf Nord deutlich ausgebremst wurde. Bereits am 6. gab es in Bevern mit 25,6 °C den ersten Sommertag – es war der zweitfrüheste hinter 2021, als die 25er-Marke schon am 31. März geknackt worden war. Nach mehreren Tagesrekorden ging es ab dem Ende der ersten Dekade stufenweise abwärts, die Talfahrt endete zwei Wochen später im Keller mit Nachtfrost bis knapp unter -2, Bodenfrost bis -4,2 °C und einstelligen Höchstwerten, bevor eine erneute Trendwende die Temperaturen zum Ende wieder auf über 20 Grad ansteigen ließ mit einem Maximum von 26,0 °C am Monatsletzten.

An der Wetterstation in Silberborn fällt die Bilanz vergleichbar aus: Im kühleren Klima des Hochsollings erreichte die Monatstemperatur 8,76 °C – ein Plus von 1,3 K gegenüber dem Mittel der Jahre 1991-2020 und fast 3,0 K im Vergleich zu 1961-1990. Nimmt man denselben Vergleichszeitraum ab 1935, war es auch hier der zehntwärmste April. Für Sommertage reichte es auf 430 m Höhe zwar noch nicht, aber insgesamt fünf Tage über der 20-Grad-Marke brachten zeitweise zumindest Mai-Feeling mit einem Höchstwert von 22,8 °C zum Finale. Die Winterrückkehr hatte gut eine Woche zuvor ihre Spuren mit einer dünnen Schneedecke am Morgen des 21. und zwei Nächten mit Luftfrost bis -4 und Bodenfrost bis -6 Grad hinterlassen.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa illustriert die gemessenen Temperaturen und das erlebte Wetter mit den entsprechenden Strömungsmustern: Die sehr warmen Phasen im Laufe der ersten Woche und am Monatsende wurden durch Südlagen verursacht, die mit Luft aus Nordafrika nicht nur den frühen Sommer nach Mitteleuropa transportierten, sondern auch erneut Staub aus der Sahara im Gepäck hatten, was zu einer Trübung des Himmelsbilds tagsüber, aber auch farbenfrohen Sonnenauf- und -untergängen führte (siehe Info: Stichwort Saharastaub). Nach einer vorübergehenden Hochdrucklage vor Monatsmitte drehte die Zirkulation über Nordwest auf Nord, womit nun Luftmassen aus polaren Breiten zu uns gelangten, bevor wir erneut auf die Vorderseite des zugehörigen Langwellentroges gerieten und die Strömung auf Süd zurückdrehte. Da sowohl die Süd- als auch die Nordlagen überwiegend tiefdruckgeprägt waren, blieb eine stabilere Phase mit längerem Sonnenschein aus. Es dominierten die Wolken am Himmel und brachten wie schon in den Vormonaten überdurchschnittlich viel Niederschlag.

Dabei wurde in Bevern mit 92,4 mm sogar etwas mehr als das Doppelte des Monatsmittels von 1991-2020 gemessen und auch an den anderen Standorten in der Region der langjährige Durchschnitt deutlich übertroffen. Am meisten fiel einmal mehr in Hellental mit 107 mm, in Silberborn waren es 95 und in Amelith 91 mm. Ottenstein meldete 89 mm, Polle 84, Holzminden 80, Lüchtringen 77, Vorwohle 73 und Hehlen als Schlusslicht 69 mm. Die Anzahl der Niederschlagstage blieb mit rund 17 im Schnitt, die Monatssummen wurden vor allem von den intensiven Regenfällen am 1. und 19. in die Höhe getrieben, wobei am 19. stellenweise über 30 mm in 24 Stunden fielen.

Spendabel beim Niederschlag, geizig beim Sonnenschein: So zeigten sich die Monate seit Oktober im Kreis – gefühlt und meist auch gemessen, nur der Januar machte eine kleine und kurze Ausnahme. Der April schaffte mit 117 Stunden nur gut zwei Drittel seiner mittleren Sonnenscheindauer und sortiert sich damit als zweittrübster der letzten 25 Jahre ein – nur 2008 schien die Sonne mit ganzen 92 Stunden noch weniger. Die höchste Tagessumme blieb mit 10,7 Stunden am 30. ebenfalls deutlich unter den astronomischen Möglichkeiten, die am Monatsende bereits bei über 14 Stunden liegen.

Der Wind war im Mittel meist mit Stärke 2-3 und in Böen mit Stärke 5-6 unterwegs – mit einer Ausnahme zur Monatsmitte, als mit Aufzug einer Kaltfront aus Nordwesten Spitzenböen bis Bft. 9 an drei der vier Windmessstellen des DWD in der Umgebung gemessen wurden. Das Kriterium eines Sturmtags mit einem 10-min-Mittel von mindestens Bft. 8 (62 km/h) wurde aber an keinem Standort erreicht.

Stichwort Saharastaub

Dieser Wüstenstaub besteht überwiegend aus winzigen Sandkörnchen (Quarz), die sowohl einen direkten als auch einen indirekten Einfluss auf die Sonneneinstrahlung besitzen. Der direkte Einfluss besteht darin, dass die Atmosphäre durch den Staub getrübt und damit die Einstrahlung am Boden reduziert wird, da die eingestrahlte Energie an den Partikeln zum Teil unmittelbar ins Weltall zurückgestreut wird. Der „Otto-Normal-Wetterkonsument“ nimmt entsprechend die Sonne auch an einem sonst wolkenfreien Himmel nur als milchig-trübe Scheibe wahr.
Der indirekte Einfluss ist darauf zurückzuführen, dass die Staubpartikel zur Wolkenbildung beitragen. Diese Teilchen sind nämlich hygroskopisch, also wasseranziehend. Das bedeutet, dass sie als Kondensationskeime dienen. Der in der Luft enthaltene Wasserdampf kann an den Teilchen zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Wenn durch den zusätzlichen Eintrag von Saharastaub nun mehr hygroskopische Aerosole in die Luft gelangen, kann dadurch die Wolkenbildung angeregt werden. Durch diese sozusagen „zusätzlich“ gebildeten Wolken kommt es dann ebenfalls zu einer Reduzierung der Sonneneinstrahlung.  
(Quelle: Deutscher Wetterdienst, https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/28.html)

Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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