Zwischen Schafskälte und Hochsommer

Der Juni 2024 war wechselhaft und unbeständig / Ergiebiger Regen am Monatsende

Fotos von Annette Mokross

Der erste meteorologische Sommermonat präsentierte sich in diesem Jahr seit längerem mal wieder so, wie man ihn bis 2015 kannte: Als eher unbeständig mit einem Wechsel aus späten Kälterückfällen und den ersten Versuchen des Sommers, in Mitteleuropa Fuß zu fassen – kurz: Früh- statt hochsommerlich und damit anders als in den letzten Jahren, in denen sich Rekorde bei Temperaturen und Sonnenschein die Klinke in die Hand gaben. Die ersten Wochen verliefen überwiegend kühl bis mäßig warm mit mehr Wolken als Sonne, aber dennoch wenig Regen, bevor der Sommer im Laufe der dritten Dekade kräftig in Schwung kam mit der einzigen Hochdruckphase des Monats, die der Region einige sehr sonnige und im Verlauf auch die ersten heißen Tage bescherte. Mit Gewittern, ergiebigen Regenfällen und einer nachfolgenden Kaltfront wurde der Hochsommer am Monatsende aber wieder vom Hof gejagt und die Witterung im sogenannten Siebenschläferzeitraum Ende Juni/Anfang Juli deutet auf einen insgesamt wechselhaften und eher durchschnittlich temperierten Hochsommer hin. Der Juni schloss am Ende mit einem jeweils leichten Plus bei Temperatur, Sonnenscheindauer und Regen ab, wobei die Niederschlagsbilanz kein einheitliches Bild ergab.

Die Monatstemperatur an der DWD-Station in Bevern lag mit 16,97 °C um 0,35 K über dem aktuellen Mittel der Jahre 1991-2020 und um 1,38 K über dem das frühere Klima abbildenden Mittel der Jahre 1961-1990. Nach zuvor acht ungewöhnlich warmen Exemplaren, in denen der Durchschnittswert auf 18,5 Grad und damit auf Juliniveau geklettert war, zeigte sich der Juni in diesem Jahr zumindest phasenweise auch wieder einmal von seiner kühleren Seite. Im Laufe der ersten Hälfte lagen die Tiefstwerte regelmäßig im deutlich einstelligen Bereich und die Höchstwerte mit meist 15 bis 21 Grad im kühlen bis mäßig warmen Bereich. Nach Monatsmitte stiegen die Temperaturen zunächst etwas, zum Ende hin mit einem Vorstoß sehr warmer Luftmassen aus Südeuropa vorübergehend deutlich auf bis zu knapp über 30 Grad an, bevor sich mit den Gewittern in der Nacht zum 30. wieder kühlere Luft durchsetzen konnte.  Am wärmsten wurde es in Bevern mit 30,5 °C am 26., am kältesten war die Nacht zum 6. mit Minima von 5,0 °C in der Luft und 2,7 °C am Boden.

An der Wetterstation in Silberborn gab es ebenfalls ein geringes Plus gegenüber den langjährigen Klimawerten, das bei einer Mitteltemperatur von 14,54 °C mit 0,2 K gegenüber der jüngeren und 1,2 K gegenüber der älteren Referenzperiode etwas kleiner ausfiel als in Bevern. Am 25. reichte es auf 428 m Stationshöhe für den ersten meteorologischen Sommertag des Jahres, der Höchstwert wurde zwei Tage später mit 28,5 °C gemessen. Zeitweise sehr frische Nächte kennzeichneten die Phase vom 5. bis 13., als die Tiefstwerte kaum über die 5-Grad-Marke hinauskamen und diese sogar mehrfach unterschritten. Am kältesten war es am frühen Morgen des 6. mit nur 2,8 °C in zwei Metern Höhe und 1,3 °C über dem Erdboden.

Welche Großwetterlagen standen hinter diesen Messwerten? Bis in die dritte Dekade hinein dominierte tiefdruckgeprägte Witterung, in der ersten Monatshälfte bei westlicher bis nordwestlicher Anströmung. Letztere brachte erstmals seit 2015 wieder die klassische Konstellation für eine „Schafskälte“, wie sie bis dahin mehr oder weniger regelmäßig im Laufe der ersten Juniwochen zu finden war. In der zweiten Hälfte gruben sich die Tiefs meist westlich von uns nach Süden ein, wodurch die Strömung auf südliche Richtungen drehte – eine Wetterlage, die sich seit dem Spätwinter immer wieder einstellt und die die Temperaturen zunächst etwas ansteigen ließ, während der unbeständige Wettercharakter noch erhalten blieb.

Zu Beginn der vierten Woche konnte das atlantische Subtropenhoch, oft Azorenhoch genannt, eine vorübergehende Brücke zum Hoch über Nordosteuropa schlagen und für den sonnigsten und wärmsten Abschnitt sorgen. Mit Zufuhr von feuchter Mittelmeerluft wurde es schließlich aus Südwesten schwül und wieder instabiler, bevor zum Monatswechsel erneut Tiefs aus nördlichen Breiten kühlere Luft mit Regen heranführten und sich wieder eine zyklonale Nordwestlage – die zu dieser Jahreszeit im Grunde kühlstmögliche Variante –etablieren konnte.

Beim Niederschlag hatte es lange nach einem recht trockenen Monat in der Region ausgesehen, doch die intensiven Regenfälle in der Nacht zum 30. und in der darauffolgenden Nacht zum 1. Juli – bis 07:50 Uhr MESZ zählen die Werte noch zum Vortag und damit zum Vormonat – sorgten je nach Standort und Stärke der Regenfälle zum Monatswechsel für eine ausgeglichene Bilanz oder sogar erneut für ein Plus gegenüber den Durchschnittswerten an der Mehrheit der Messstellen in der Region.

Mit Abstand am meisten Regen fiel diesmal an der Hochsolling-Station in Silberborn mit 106 mm – fast 23 mm bzw. 27% mehr als im Mittel von 1991-2020, wobei betont werden muss, dass sich Juni und Juli im Vergleich der 30-Jahres-Perioden unterschiedlich entwickelt haben: Sowohl im bundesweiten Gebietsmittel als auch in unserer Region ist der Juni trockener geworden (vor Ort noch deutlicher als landesweit) und der Juli nasser, der damit den Juni als regenreichsten Monat des Jahres abgelöst hat. Auf Karten und in Tabellen, die mit dem alten Klimamittel von 1961-1990 vergleichen, fällt das Plus für den Juni 2024 also geringer aus bzw. wird sogar ein Minus ausgewiesen.

Auch an der Klimastation in Bevern wurde der Durchschnitt der jüngeren 30-Jahres-Periode um 27% übertroffen: Hier fielen 85 mm, genau die Hälfte davon auf der Zielgeraden zwischen Sonntagnacht und Montagfrüh. Bis dahin hatten sich trockene Tage, darunter auch Phasen von 4-5 Tagen ohne Regen, und solche mit meist geringen Mengen abgewechselt. An vier Tagen wurden Gewitter beobachtet – kurz, aber besonders blitzintensiv fiel das letzte in der Nacht zum 30. aus, als es am Himmel zwischen 02:50 und 03:10 flackerte wie in einer Disco und rund 20 mm Regen nieder gingen.

Die Messwerte der weiteren Stationen in der Region: In Holzminden war es mit 92 mm noch etwas nasser als in Bevern, auf Platz drei landete diesmal mit 90,5 mm das sonst eher trockene Hehlen, wo am 18. ein lokaler Gewittertreffer im Nordkreis für ein zusätzliches Starkregenereignis gesorgt hatte. In Polle auf dem Wilmeröder Berg fielen 84,5 und in Lüchtringen und Amelith je 83 mm. Leicht unterdurchschnittlich blieben die Monatssummen hingehen in Hellental mit 75 mm, in Vorwohle mit 70 und in Ottenstein 66,5 mm.

Auch die Sonnenscheindauer hing zunächst lange hinter den Mittelwerten und nach einer Reihe von außergewöhnlich sonnigen Junimonaten in den letzten Jahren wohl auch hinter den Erwartungen zurück – nach drei Wochen standen erst 118 Stunden zu Buche. Doch passend zum Ferienbeginn in Niedersachsen zeigte sich der Juni in der letzten Woche von seiner sonnigen Seite und schloss mit 214 Stunden sogar noch um 15 Stunden über dem Durchschnitt der Jahre 1991-2020 ab. Verfehlt wurde dieser zuletzt übrigens im nachfolgend sehr sonnigen, trockenen und heißen Sommer 2018.

Der Wind war für die Jahreszeit oft ungewöhnlich stark unterwegs. Auch wenn echte Sturmtage ausblieben, wurden doch an etlichen Tagen Böen der Stärke 5 bis 6 gemessen, was frischem bis starkem Wind entspricht. Die Spitzenböen im Monatsverlauf erreichten verbreitet bis Beaufort 8 (stürmischer Wind), zumeist in der kurzen, aber knackigen Gewitternacht zum Monatsletzten.

Nachleuchtende Wolken (NLC) in der vorletzten Juninacht,
aufgenommen von Thomas Seliger bei Moringen

Sehr warm, sonnig und dennoch nass

Zweitwärmster Mai und wärmstes Frühjahr seit Aufzeichnungsbeginn / Lokale Überschwemmungen

Fotos von Annette Mokross

Ein sommerlicher Start, eine sehr sonnige zweite Woche mit der ersten stabilen Schönwetterphase des Jahres und eine wechselhafte, nasse zweite Hälfte mit lokalem Starkregen bis in den Unwetterbereich: Der Mai 2024 präsentierte dem Landkreis fast die ganze Bandbreite des Wetters innerhalb kurzer Zeit – mit einer Ausnahme: Anders im vorausgegangenen April und so manchem Mai der Vergangenheit blieben späte Kälterückfälle diesmal aus, so dass von Eisheiligen keine Rede sein konnte. Stattdessen lag das Temperaturniveau an den meisten Tagen deutlich über den langjährigen Durchschnittswerten, die kühlsten Tage lagen kaum darunter.

Beim Niederschlag gab es nach zwei grundverschiedenen Hälften – sehr trocken die erste, umso nasser die zweite – in der Monatsbilanz überall in der Region ein erneutes Plus, wobei eng begrenzte Starkregenschauer zu größeren Unterschieden bei den Tages- und Monatssummen führten und nicht jedes Ereignis von einer Messstation erfasst werden konnte. Die Sonne leistete vor allem in der zweiten Woche kräftig Überstunden, unterm Strich stand nach einer trüben zweiten Halbzeit noch ein Plus von 12%. Ein optischer Höhepunkt waren intensive Polarlichter am Nachthimmel vor allem am späten Abend des 10. bis nach Mitternacht am 11.Mai:

Mit einer Monatstemperatur von 16,27 °C war der Mai 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern der zweitwärmste in der Zeitreihe Bevern/Holzminden seit Beobachtungsbeginn 1934 und erreichte damit fast das Niveau eines mittleren Junis.  Gegenüber den langjährigen Maiwerten betrug das Plus bezogen auf die aktuelle Periode 1991-2020 2,75 K und sogar 3,79 K im Vergleich zum Klimamittel der Jahre 1961-1990. Die Höchstwerte lagen an ungewöhnlich vielen Tagen (22) über der 20-Grad-Marke, sieben Mal wurde ein meteorologischer Sommertag (ab 25 Grad) erreicht, Hitze blieb jedoch aus – der Höchstwert von 27,2 °C wurde gleich am 1. und nochmals am 15. gemessen. Der nächtliche Tiefstwert lag mit 4,0 °C am 8. so hoch wie noch nie in einem Mai, seit in Bevern gemessen wird (Inbetriebnahme Juli 2006) und erst zum dritten Mal blieb Bodenfrost im letzten Frühlingsmonat dort ganz aus.

An der DTN-Unwetterreferenzstation in Silberborn war es ebenfalls der zweitwärmste Mai seit Beginn der Wetterbeobachtungen im Hochsolling im Jahr 1931. Die dortige Mitteltemperatur lag mit 13,98 °C etwas weniger deutlich über den Klimawerten (+2,53 K gegenüber 1991-2020 und +3,58 K bezogen auf 1961-1990) und teilt sich den zweiten Platz mit dem Mai 1931 hinter dem Rekord von 2018 (14,87 °C). Wärmster Tag war gleich der Maifeiertag mit einem Höchstwert von 24,0 °C, der Tiefstwert lag am 8. bei 4,1 °C und Bodenfrost wurde wie in Bevern nicht mehr gemessen.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt in der ersten Woche einen Wechsel aus Südost- und südlicher Westlage, an die sich in der zweiten Woche mit einer Brücke über Mitteleuropa (BM) die erste stabile Hochdruckphase des Jahres anschloss und die in eine erneute Südostlage bis zur Monatsmitte mündete. In diese achttägige Witterungsphase vom 8.-15. fiel mit 106 Stunden fast die Hälfte des im gesamten Monat gemessenen Sonnenscheins.

Klar tiefdruckdominiert verlief dagegen die zweite Monatshälfte, da sich der zuvor für uns wetterbestimmende Hochdruck nach Nordosteuropa zurückzog und sich Tiefs, die sich zuvor auf den Südwesten des Landes beschränkt hatten, über weite Landesteile ausbreiten konnten. Diese Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“ ist gekennzeichnet durch nur schwache Luftdruckgegensätze und wenig Dynamik, so dass die Regengebiete oft kaum von der Stelle kommen und punktuell für sehr hohe Niederschlagsmengen sorgen können, während es nur wenige Kilometer entfernt kaum regnet oder sogar trocken bleibt. So geschehen am Abend des 27. Mai in mehreren Ortschaften im Nordkreis, in denen Starkregen für Sturzbäche und Schlammlawinen sorgte und auch zwischen Stadtoldendorf und Eschershausen sehr große Mengen in kurzer Zeit niederprasselten.

In den Monatssummen aus den Bodenmessungen kommen diese eng begrenzten Regenereignisse nicht hinreichend zum Ausdruck – nicht überall steht eine Messstation, um alle Niederschläge in der Fläche erfassen zu können. In solchen Fällen helfen kalibrierte Radarsummen, wie sie der Anbieter Kachelmannwetter beispielsweise bei Kachelmannwetter zur Verfügung stellt. Demnach fielen am Abend des 27. gebietsweise über 30 und punktuell sogar etwas über 50 mm Regen binnen nur zwei Stunden.

Dort, wo am Boden gemessen wird, wurden folgende Monatssummen registriert: Regionaler Spitzenreiter war Amelith im Anstau des Sollings mit 131 mm, gefolgt von Silberborn und Vorwohle mit je 106 mm. Polle meldete 93,5 mm, Ottenstein 86, Lüchtringen 79,5, Bevern und Holzminden je 78 und Hehlen 75 mm. Schlusslicht war diesmal etwas überraschend das oft regenreiche Hellental mit 72,5 mm. Bezieht man die Radarsummen mit ein, finden sich um Stadtoldendorf stellenweise bis 120 mm.

Beim Sonnenschein fällt eine deutlich unterschiedliche Verteilung zwischen der ersten und zweiten Monatshälfte auf: Waren es bis 16. imposante 150 Stunden, kamen danach kaum über 70 Stunden hinzu. Unter dem Strich bilanziert der Mai mit 222 aber noch um 24 Stunden oder 12% über dem Mittel der Jahre 1991-2020.

Der Wind wehte im Mittel meist nur mit Stärke 2-3 und in Böen nur ganz vereinzelt mal mit 6-7 Beaufort. Da auch Wind nicht flächendeckend gemessen werden kann, sind kurzzeitig punktuell stärkere Böen in lokalen Gewittern nicht auszuschließen.

Frühjahrsbilanz: Rekordwarm und sehr nass

Mit dem Mai endete das meteorologische Frühjahr und es brachte im deutschen Gebietsmittel ebenso wie regional einen neuen Temperaturrekord, zugleich den ersten Jahreszeitenrekord seit 2007. Mit Temperaturen von 11,71 °C in Bevern und 9,64 °C in Silberborn wurden die bisherigen Höchstwerte von vor 17 Jahren um fast 0,6 bzw. knapp 0,4 K übertroffen und die jüngsten 30-jährigen Klimawerte um 2,3 bzw. 2,2 K.

Auch die Niederschlagsbilanz fällt klar überdurchschnittlich aus, wenn auch fernab von neuen Rekorden: In Bevern kamen 239,6 mm zusammen, ein Plus von gut 73 mm oder 44% gegenüber dem Mittel und der höchste Wert seit 2007. In Silberborn wurden 267 mm gemessen und damit 44 mm oder 20% mehr als im Durchschnitt. Die Rekorde liegen bei 344 mm aus dem Jahr 1981, seinerzeit noch in Holzminden am Stadtblick gemessen, und 396 mm in Silberborn aus dem Jahr 1994.

Beim Sonnenschein steht hingehen am Ende wie schon zuvor im Winter ein Minus: Mit rund 442 Stunden wurde das Klimamittel der Jahre 1991-2020 um knapp zehn Prozent bzw. 45 Stunden verfehlt. Damit war es das dritttrübste Frühjahr der letzten 20 Jahre.  

Vom frühen Sommer in den späten Winter und wieder zurück

Scharfe Kontraste kennzeichneten das Wetter im April 2024

Fotos von Annette Mokross

Nach den jüngsten Temperaturrekorden im Februar und im März setzte auch der April die Jagd nach neuen Höhen zunächst in noch forscherem Tempo fort. Zum Ende der ersten Woche präsentierten sich Vegetation und Wetter ihrer Zeit weit voraus: In der Phänologie begann mit der Apfelblüte der Vollfrühling und in der Meteorologie wurden bereits die ersten Sommertage registriert. Doch das optisch reizvolle frühe Austreiben und Aufblühen machen Blatt und Blüte anfällig für Kälterückfälle, wie sie im mitteleuropäischen Frühjahr auch in Zeiten des Klimawandels nach wie vor typisch sind – und auch in diesem Jahr nicht ausblieben. Das zweite Gesicht des Aprilwetters brachte zu Beginn der dritten Dekade nicht nur noch einmal Schneeschauer, sondern auch späten Frost. Während die Schadensbilanz in der Natur noch offen ist, steht beim Wetter nach der Achterbahnfahrt unter dem Strich ein mittleres Plus bei der Monatstemperatur, ein größeres Plus beim Niederschlag und ein dickes Minus beim Sonnenschein.

Mit einer Monatstemperatur von 10,84 °C war der April 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um 1,32 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur Klimaperiode von 1961-1990 waren es deutliche +2,9 K. Damit war es der zehntwärmste April seit Aufzeichnungsbeginn 1935. Bis etwa zur Halbzeit war der zweite meteorologische Frühlingsmonat sogar auf Kurs des Rekords von 2018, bevor er durch eine Umstellung der Strömung auf Nord deutlich ausgebremst wurde. Bereits am 6. gab es in Bevern mit 25,6 °C den ersten Sommertag – es war der zweitfrüheste hinter 2021, als die 25er-Marke schon am 31. März geknackt worden war. Nach mehreren Tagesrekorden ging es ab dem Ende der ersten Dekade stufenweise abwärts, die Talfahrt endete zwei Wochen später im Keller mit Nachtfrost bis knapp unter -2, Bodenfrost bis -4,2 °C und einstelligen Höchstwerten, bevor eine erneute Trendwende die Temperaturen zum Ende wieder auf über 20 Grad ansteigen ließ mit einem Maximum von 26,0 °C am Monatsletzten.

An der Wetterstation in Silberborn fällt die Bilanz vergleichbar aus: Im kühleren Klima des Hochsollings erreichte die Monatstemperatur 8,76 °C – ein Plus von 1,3 K gegenüber dem Mittel der Jahre 1991-2020 und fast 3,0 K im Vergleich zu 1961-1990. Nimmt man denselben Vergleichszeitraum ab 1935, war es auch hier der zehntwärmste April. Für Sommertage reichte es auf 430 m Höhe zwar noch nicht, aber insgesamt fünf Tage über der 20-Grad-Marke brachten zeitweise zumindest Mai-Feeling mit einem Höchstwert von 22,8 °C zum Finale. Die Winterrückkehr hatte gut eine Woche zuvor ihre Spuren mit einer dünnen Schneedecke am Morgen des 21. und zwei Nächten mit Luftfrost bis -4 und Bodenfrost bis -6 Grad hinterlassen.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa illustriert die gemessenen Temperaturen und das erlebte Wetter mit den entsprechenden Strömungsmustern: Die sehr warmen Phasen im Laufe der ersten Woche und am Monatsende wurden durch Südlagen verursacht, die mit Luft aus Nordafrika nicht nur den frühen Sommer nach Mitteleuropa transportierten, sondern auch erneut Staub aus der Sahara im Gepäck hatten, was zu einer Trübung des Himmelsbilds tagsüber, aber auch farbenfrohen Sonnenauf- und -untergängen führte (siehe Info: Stichwort Saharastaub). Nach einer vorübergehenden Hochdrucklage vor Monatsmitte drehte die Zirkulation über Nordwest auf Nord, womit nun Luftmassen aus polaren Breiten zu uns gelangten, bevor wir erneut auf die Vorderseite des zugehörigen Langwellentroges gerieten und die Strömung auf Süd zurückdrehte. Da sowohl die Süd- als auch die Nordlagen überwiegend tiefdruckgeprägt waren, blieb eine stabilere Phase mit längerem Sonnenschein aus. Es dominierten die Wolken am Himmel und brachten wie schon in den Vormonaten überdurchschnittlich viel Niederschlag.

Dabei wurde in Bevern mit 92,4 mm sogar etwas mehr als das Doppelte des Monatsmittels von 1991-2020 gemessen und auch an den anderen Standorten in der Region der langjährige Durchschnitt deutlich übertroffen. Am meisten fiel einmal mehr in Hellental mit 107 mm, in Silberborn waren es 95 und in Amelith 91 mm. Ottenstein meldete 89 mm, Polle 84, Holzminden 80, Lüchtringen 77, Vorwohle 73 und Hehlen als Schlusslicht 69 mm. Die Anzahl der Niederschlagstage blieb mit rund 17 im Schnitt, die Monatssummen wurden vor allem von den intensiven Regenfällen am 1. und 19. in die Höhe getrieben, wobei am 19. stellenweise über 30 mm in 24 Stunden fielen.

Spendabel beim Niederschlag, geizig beim Sonnenschein: So zeigten sich die Monate seit Oktober im Kreis – gefühlt und meist auch gemessen, nur der Januar machte eine kleine und kurze Ausnahme. Der April schaffte mit 117 Stunden nur gut zwei Drittel seiner mittleren Sonnenscheindauer und sortiert sich damit als zweittrübster der letzten 25 Jahre ein – nur 2008 schien die Sonne mit ganzen 92 Stunden noch weniger. Die höchste Tagessumme blieb mit 10,7 Stunden am 30. ebenfalls deutlich unter den astronomischen Möglichkeiten, die am Monatsende bereits bei über 14 Stunden liegen.

Der Wind war im Mittel meist mit Stärke 2-3 und in Böen mit Stärke 5-6 unterwegs – mit einer Ausnahme zur Monatsmitte, als mit Aufzug einer Kaltfront aus Nordwesten Spitzenböen bis Bft. 9 an drei der vier Windmessstellen des DWD in der Umgebung gemessen wurden. Das Kriterium eines Sturmtags mit einem 10-min-Mittel von mindestens Bft. 8 (62 km/h) wurde aber an keinem Standort erreicht.

Stichwort Saharastaub

Dieser Wüstenstaub besteht überwiegend aus winzigen Sandkörnchen (Quarz), die sowohl einen direkten als auch einen indirekten Einfluss auf die Sonneneinstrahlung besitzen. Der direkte Einfluss besteht darin, dass die Atmosphäre durch den Staub getrübt und damit die Einstrahlung am Boden reduziert wird, da die eingestrahlte Energie an den Partikeln zum Teil unmittelbar ins Weltall zurückgestreut wird. Der „Otto-Normal-Wetterkonsument“ nimmt entsprechend die Sonne auch an einem sonst wolkenfreien Himmel nur als milchig-trübe Scheibe wahr.
Der indirekte Einfluss ist darauf zurückzuführen, dass die Staubpartikel zur Wolkenbildung beitragen. Diese Teilchen sind nämlich hygroskopisch, also wasseranziehend. Das bedeutet, dass sie als Kondensationskeime dienen. Der in der Luft enthaltene Wasserdampf kann an den Teilchen zu kleinen Tröpfchen kondensieren. Wenn durch den zusätzlichen Eintrag von Saharastaub nun mehr hygroskopische Aerosole in die Luft gelangen, kann dadurch die Wolkenbildung angeregt werden. Durch diese sozusagen „zusätzlich“ gebildeten Wolken kommt es dann ebenfalls zu einer Reduzierung der Sonneneinstrahlung.  
(Quelle: Deutscher Wetterdienst, https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/28.html)

Sommer im frühen April mit neuen Dekadenrekorden

Bis zu 25,6 °C an der DWD-Station Bevern gemessen

Nach zuletzt drei kühlen Exemplaren holt der April in diesem Jahr mit Schwung zur Gegenbewegung aus und schloss die erste Woche mit einer Mitteltemperatur von 12,8 °C an der DWD-Station Bevern als bisher wärmste seit Beobachtungsbeginn ab. „Schuld“ daran war ein sommerliches Wochenende mit außergewöhnlich hohen Temperaturen und dem ersten meteorologischen Sommertag am Samstag, auf den am Montag sogar noch der zweite folgte. Nur einmal wurde bisher die 25-Grad-Marke noch früher erreicht bzw. überschritten: Am 31. März 2021. Für den April bedeuten die in Bevern gemessenen 25,6 °C, zugleich höchster Wert in Niedersachsen am Samstag, einen neuen Rekord bei den Höchstwerten in einer ersten Aprildekade. Der bisherige Spitzenwert vom 8. April 2018 wurde damit um 1,2 K übertroffen. Der Sonntag war mit bis zu 24,2 °C nur etwas weniger warm und am heutigen Montag ging es sogar noch einmal aufwärts bis auf 25,2 °C. Auch im Hochsolling fiel am Samstag der bisherige Dekadenrekord vom 8. April 2018, der bei 22,1 °C gelegen hatte und nun bei 22,3 °C steht. Heute war es in Silberborn mit bis zu 22,2 °C nur minimal weniger warm.

Nach diesem dreifachen Paukenschlag ist die Zeit der ganz hohen Temperaturen zwar erst einmal vorbei und zum Dienstag erwartet uns ein Rückgang um rund 10 Grad auf halbwegs durchschnittliche Werte, doch in der zweiten Wochenhälfte dürfte es bereits wieder ein Stück aufwärts gehen und am kommenden Wochenende sind nochmals Höchstwerte über 20 °C drin, auch wenn das aktuelle Niveau kaum mehr erreicht werden dürfte. Ob es danach zu einem deutlichen Temperaturrückgang auf seit langem mal wieder unterdurchschnittliche Werte kommt, bleibt noch abzuwarten, ist aber derzeit die von den Wettermodellen mehrheitlich favorisierte Variante. Dennoch bliebe auch dann die Option eines neuen Aprilrekords und damit des dritten Monatsrekords in Folge noch im Rennen – die Entscheidung dürfte erst in der letzten Woche fallen. Bisher stellt der April 2018 mit einem Monatsmittel von 13,0 °C (genau 12,99 °C) den Spitzenwert der Zeitreihe Bevern/Holzminden ab 1935.

Und auch, wenn es vermessen klingen mag: Am Wochenende wäre bei „optimalem“ Verlauf sogar noch mehr drin gewesen. Dies zeigt ein Blick auf die Temperaturkarte in der 850-hPa-Fläche in ca. 1.500 m Höhe:

Luftmassentemperatur laut GFS-Analyse in ca. 1500 m Höhe am 07.04.2024 um 0 Uhr UTC (Quelle: https://www.wetterzentrale.de/de/reanalysis.php?map=1&model=avn&var=2&jaar=2024&maand=4&dag=7&h=0&nmaps=24)

Über unserer Region lag in der Nacht zum Sonntag eine ca. 16-17 Grad warme Luftmasse, was selbst im Hochsommer nur selten der Fall ist und dann zu Höchstwerten um 32-33 Grad führen würde, sofern die Sonne dazu länger scheint. Doch auch Anfang April sind Aufschläge von rund 15 K auf die Luftmassentemperatur durchaus möglich, insofern bestand tatsächlich sogar ein theoretisches Potenzial für einen heißen Tag.

Dass es nicht soweit kam, hat mit vier Faktoren zu tun: Erstens erreichte uns die wärmste Luftmasse zu nachtschlafender Zeit, während sie am Samstag und am Sonntag zur Zeit der üblichen Höchstwerte am frühen Nachmittag niedriger lag, zweitens konnte die warme Luft „oben“ nicht ganz zum Boden heruntergemischt werden (leichte Inversion), drittens dämpften die feuchten Böden den Temperaturanstieg in 2 m Höhe und schließlich wurde auch die Sonneneinstrahlung deutlich ausgebremst, weil mit der südlichen Strömung erneut Saharastaub die Atmosphäre trübte und durch Kondensationskeime Wolkenbildung forciert wurde. Hätte wenn und aber… Somit lagen die Höchstwerte am Boden „nur“ 11-13 K über dem Durchschnitt am Ende der ersten Aprilwoche, während es bei der Luftmassentemperatur bisher kaum vorstellbare rund 17 K waren.

Drei neue Tages- und einen neuen Dekadenrekord brachte der Aprilsommer von Samstag bis Montag (Klick für Vergrößerung):

Kickstart in den Frühling mit einem weiteren Temperaturrekord

Auf den wärmsten Februar folgte der wärmste März seit Aufzeichnungsbeginn

Fotos von Annette Mokross

Die jüngste außergewöhnliche Temperaturanomalie, die unser Wetter seit dem Beginn der dritten Januardekade geprägt und für einen neuen Rekord im Februar gesorgt hatte, setzte sich auch im ersten meteorologischen Frühjahrsmonat nahtlos fort. Ein spätwinterlicher Kaltlufteinbruch, sonst ein häufiger Begleiter beim Übergang der Jahreszeiten, blieb diesmal vollständig aus. So wundert es nicht, dass im deutschen Gebietsmittel ebenso wie in der Weser-Solling-Region auch der März der wärmste seit Beginn der Messungen war – vor Ort allerdings mit denkbar knappem Vorsprung im Hundertstelbereich gegenüber dem bisherigen Rekordhalter von 2012.

Nach einer sehr trockenen ersten Monatshälfte sorgten zeitweise ergiebige Regenfälle für eine weitgehend ausgeglichene Niederschlagsbilanz mit einigen lokalen Unterschieden, während die Sonnenscheindauer erneut unter dem aktuellen Klimamittel blieb, dieses aber nicht so deutlich verfehlte wie im Februar.

Hohe Temperaturen, eine gute Wasserversorgung in den Böden und zumindest gelegentlich freundliche Abschnitte – diese Mixtur sorgte für einen Vegetationsstand, der seiner durchschnittlichen Zeit um zwei bis drei Wochen voraus ist. Und da zumindest vorerst keine Änderung in den Karten steht und es vielmehr nach dem ersten frühsommerlichen Wochenende Anfang April aussieht, dürfte im Zuge dieses Warmluftvorstoßes auch die Apfelblüte beginnen und damit der Start des phänologischen Vollfrühlings vollzogen werden.

Ein dichtes AC-Feld verdeckt die Sonne wie ein Vorhang am 17. März

Mit einer Monatstemperatur von 8,01 °C war der März 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um 2,79 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur Klimaperiode von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 4 K. Damit landete er um den Wimpernschlag eines Hundertstels vor dem bisherigen Rekordhalter von 2012. Bei Rundung auf Zehntelgrad hätte man also „nur“ die Einstellung des Rekords festgestellt, doch seit einigen Jahren listet der DWD die Werte mit zwei Nachkommastellen auf – und auch wenn man über den Sinn geteilter Meinung sein mag, sollen diese offiziellen Zahlen des nationalen Wetterdienstes auch in der lokalen Wetterberichterstattung des TAH verwendet werden.

Die Betrachtung der Tageswerte ähnelt stark der im Februar: Signifikant war vor allem das Ausbleiben von Kälte, wovon sowohl der niedrigste Höchstwert von fast 8 Grad als auch der Tiefstwert von lediglich -2 Grad zeugen. Auch die Zahl der Frosttage lag mit vier deutlich unter dem Durchschnitt von zwölf, ebenso wurden zweistellige Höchstwerte viel häufiger (24) gemessen als im Mittel (15), während das absolute Maximum von 18,7 °C nicht ungewöhnlich hoch ausfiel.

„Straße des Lichts“ am 16. März

Nicht nur in Bevern auf 110 m gab es einen hauchdünnen neuen Märzrekord, auch im Hochsolling sprechen die Messwerte dieselbe Sprache. An der Wetterstation in Silberborn auf 428 m schloss der Monat mit einer Mitteltemperatur von 6,19 °C ab – 2,93 K über dem Klimawert von 1991-2020 und 0,03 K über dem bisherigen Höchstwert von 2012. Der Spätwinter, gewöhnlich ein recht häufiger Gast in der ersten Frühjahrshälfte, machte in diesem März einen großen Bogen um das regionale Mittelgebirge: Kein Schnee, ebenfalls nur vier Frosttage und ein mittleres Maximum von fast zehn Grad erinnern eher an einen April. Am wärmsten wurde es am 27. mit 15,9 °C, die kälteste Nacht zum 8. brachte nur leichten Frost von -1,9 °C.

Bei den Großwetterlagen über Europa dominierte klar die Luftzufuhr aus dem südlichen Sektorviertel, also Südost, Südwest und vor allem am Monatsende die reine Südlage, was sich in einer Trübung des Himmels durch Saharastaubeintrag in die Atmosphäre zeigte.  Das letzte Drittel und die Monatsmitte waren dabei überwiegend tiefdruckgeprägt mit zeitweise ergiebigen Regenfällen, teils schauerartig verstärkt, während an den restlichen Tagen oft Hochdruckrandlagen vorherrschten, die zwar oft viele Wolken, aber kaum Niederschlag brachten – nicht nur die Landwirte dürften bis Monatsmitte froh über die erste längere nahezu trockene Phase seit fünf Monaten gewesen sein.

Zu Monatsbeginn stand immer noch das Wasser auf den Feldern

Unterm Strich landeten die Niederschlagssummen an den meisten der Messstellen vor Ort nahe den langjährigen Mittelwerten, die nasse zweite Hälfte und die trockene erste hoben sich weitgehend gegeneinander auf – einige Unterschiede auf recht engem Raum inklusive. So fielen in Bevern 69 mm, was einem Plus von rund 13% gegenüber dem langjährigen Mittel entspricht; in Ottenstein 70, in Polle 65 und in Hehlen 63 mm. Vorwohle brachte es ebenso wie Holzminden auf 61 mm – bis hierhin also eine sehr homogene Verteilung. Lüchtringen meldete als Schlusslicht nur 51 mm, während der Titel nassester Ort im Kreis wieder einmal nach Hellental ging, diesmal mit gut 80 mm. Die Werte aus Amelith (60 mm) und Silberborn (66) muss man im Kontext des feuchteren Klimas des Sollings betrachten, dort wurden jeweils nur rund 80% des langjährigen Mittels erreicht. Die genauen Standorte begünstigen Staulagen mit hohen Niederschlagsmengen vor allem bei West- und Nordwestströmung, weniger bei südlicher Windrichtung.

Um Trockenheit muss man sich anders als in den letzten Jahren also zumindest vorerst keine Sorgen machen – das zeigen sowohl die reinen Zahlen, die das Winterhalbjahr von Oktober bis März als eines der drei nassesten seit Beobachtungsbeginn in den 1930er-Jahren ausweisen, als auch der Bodenfeuchte-Viewer des DWD, der in einer modifizierten und interaktiven Version unter https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/landwirtschaft/appl/bf_view/_node.html abrufbar ist und bessere Zustandskarten liefert als der Dürremonitor des UFZ, der allen Ernstes die aktuelle Situation des Oberbodens vor Ort als mittlere bis schwere Dürre einstuft.

Am 23. März zeigte der Himmel über Ottenstein das Höhenkaltluft-typische Gesicht

Die Sonne tat sich erneut schwer gegen die starke bis geschlossene Bewölkung und konnte sich nur an wenigen Tagen weitgehend ungestört zeigen – am längsten zum Start ins zweite Wochenende am 8. und 9. mit jeweils gut zehn Stunden. Ansonsten wechselten sich meist trübe Tage und solche mit gelegentlichen sonnigen Abschnitten ab. Die Monatssumme lag mit gut 103 Stunden um 13 Stunden oder 11% unter dem Mittel der Jahre 1991-2020, klar über dem Tiefpunkt von 1988 mit nur 48 Stunden, aber noch weiter entfernt vom Rekord vor zwei Jahren, als mit 240 Stunden ein bis dahin kaum vorstellbarer Wert gemessen wurde.

Der Wind spielte in den ersten beiden Dekaden kaum eine Rolle mit Tagesmitteln von meist 2-3 Beaufort (in Böen 4-6) und frischte im letzten Drittel zeitweise stürmisch auf mit vereinzelten Spitzen im Bereich zwischen Bft. 8 und 9 am 23. März. Ein Sturmtag mit einem Zehnminutenmittel von mindestens Stärke 8 war aber wie schon im Februar nicht dabei.

Biene beim Arbeitseinsatz in Mandelblüten am 17. März
Wolkenschauspiel am Abend des 14. März

Rekordwarm, viel Regen, wenig Sonne und kein Schnee

Der Februar 2024 war ein sehr milder März ohne winterliche Ambitionen

Fotos von Annette Mokross

Der älteste Monatsrekord ist seit wenigen Tagen Geschichte: Nach 34 Jahren wurde der Februar 1990 als bisher wärmster abgelöst, die damalige Höchstmarke um mehr als ein halbes Grad übertroffen. Permanente West-, Südwest- und Südlagen hielten kalte Winterluft aus Norden und Osten über den gesamten Monat hinweg fern, starke bis geschlossene Bewölkung sorgte dafür, dass es kaum Frost gab, dafür aber den fünften regenreichen Monat in Folge und nur sehr wenig Sonnenschein. Der Winter 2024 – aus meteorologischer Sicht seit Donnerstag Geschichte – war je nach genauem Standort der zweit- oder drittwärmste seit Aufzeichnungsbeginn in der Region.

Mit einer Monatstemperatur von 7,53 °C war der Februar 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um satte 5,1 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, im Vergleich zur kälteren Klimaperiode von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 6,2 K. Damit wurde der Rekord von 1990 um 0,7 K übertroffen und es gab den zweitwärmsten Wintermonat seit Beginn der Beobachtungen – nur der Dezember 2015 hatte die Kapriolen mit 7,8 °C und an Weihnachten geöffneter Außengastronomie noch ein Stück weiter auf die Spitze getrieben. Zur Einordnung: Ganze zweimal seit 1935 war ein März bisher wärmer als der abgelaufene Februar, und selbst der April schloss immerhin 22 Mal kälter ab.

Dabei blieb die Höchsttemperatur von 15,4 °C durchaus unauffällig, Treiber des neuen Rekords war der permanente Nachschub milder Luftmassen, die zu einem mittleren Höchstwert im zweistelligen Bereich führten und im Zusammenspiel mit der nahezu dauerpräsenten Wolkendecke jegliche winterlich kalte Phase verhinderten. Nur vier Nächte mit leichtem Frost, drei davon ganz zum Schluss, und ein Minimum von -1,2 °C künden davon ebenso wie die Kältesumme (Summe negativer Tagesmittel) von 0,0, während die Grünlandtemperatursumme (GTS) die Marke von 200, die in der Agrarmeteorologie als Beginn der nachhaltigen Vegetation gilt, bereits am 25.02. erreichte – so früh wie zuvor nur einmal im Jahr 1990.

Auch an der Wetterstation in Silberborn purzelte der Februarrekord von vor 34 Jahren, als 4,7 °C am damaligen Standort am Anemonenweg gemessen worden waren. Die neue Bestmarke aus dem Kurgarten liegt bei 5,31 °C, das Maximum wurde am 16. mit 12,2 °C gemessen und Frost blieb selbst auf über 400 m Höhe eine Ausnahmeerscheinung ebenfalls nur vier Nächten unter dem Gefrierpunkt und einem Minimum von -3,4 °C. Auch sonst war der Winter im Hochsolling absent, sieht man von wenigen Stunden mit etwas Schnee am 7. ab. Für eine messbare Schneedecke zum Termin morgens um sieben Uhr reichte es aber nicht, damit blieb der Februar bereits zum dritten Mal in Folge ohne einen offiziellen Schneedeckentag – ein Novum in der Geschichte des Sollings.

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt nahezu ausschließlich Strömungen aus West, Südwest und Süd, wobei zunächst meist Tiefdruck dominierte. Außergewöhnlich war wie schon über weite Strecken des Winters der markante Temperaturgegensatz zwischen Mitteleuropa und einem sehr kalten Nordeuropa. Die Wettermodelle zeigten sich mit dieser Konstellation und dem außergewöhnlich warmen Atlantik offenbar überfordert und errechneten lange Zeit erst eine kalte zweite Februarhälfte, dann eine kalte letzte Woche, ohne dass davon etwas eingetreten ist. Lediglich die Ausbildung einer Hochdruckbrücke in den letzten Tagen des Monats sorgte bei zeitweisem Aufklaren für eine etwas stärkere nächtliche Abkühlung mit leichtem Boden- und Luftfrost.

Diese Hochdrucklage markiert auch eine Trendwende beim Niederschlag, so dass die letzte Woche weitgehend trocken verlief. Zuvor und damit auch bei den Monatssummen knüpfte der Februar aber nahtlos an die vorausgegangen sehr nassen Monate an und übertraf überall in der Region sein Klimamittel deutlich. So fielen in Bevern gut 88 mm, was einem Plus von 28,5 mm oder fast 50% gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1991-2020 entspricht. In Silberborn lag die Summe von 123,2 mm sogar um 57% über dem dortigen Mittel. Noch etwas mehr fiel in den Staulagen des Sollings in Amelith mit 131,5 und in Hellental mit 127 mm. Dreistellig waren auch die Werte aus Ottenstein mit 108 und Vorwohle mit 102 mm; Polle meldete 96, Holzminden 87 und Hehlen 83,5 mm. Schlusslicht war wieder einmal Lüchtringen mit 74 mm.

Bei der Sonnenscheindauer sortiert sich der Februar 2024 weit unten ein, obwohl er durch das Schaltjahr einen Tag mehr zur Verfügung hatte. Immerhin diesen „Bonustag“ nutzte er mit der höchsten Tagessumme von 9,5 Stunden voll aus, was die Monatsbilanz noch auf knapp 37 Stunden verbesserte, das langjährige Mittel von 68 Stunden wurde jedoch deutlich verfehlt. Insgesamt war es nur viermal seit 1951 noch trüber, beim Negativrekord im Februar 2010 schien die Sonne sogar nur 25 Stunden lang.

Hatte der bisherige Wärmerekordhalter 1990 noch mit einer Orkanserie Wettergeschichte geschrieben, blieb es diesmal recht ruhig in Sachen Wind. Die stärksten Böen erreichten am 23. gebietsweise Beaufort 9, ein echter Sturmtag, definiert als ein Tag mit einem 10-min-Windmittel von mindestens Bft. 8 (ab 62 km/h), war aber nicht dabei.

Zweitwärmster und sehr nasser Winter

Auch wenn spätwinterliche Rückfälle bis in den April hinein zumal im Solling keine Seltenheit sind, ziehen die Meteorologen nach dem Februar den Strich unter den Winter. Die regionale Auswertung zeigt für den Standort Bevern, stellvertretend für das Oberwesertal und die angrenzenden vergleichbar hoch gelegenen Orte den zweitwärmsten Winter seit Beobachtungsbeginn. Mit einer Mitteltemperatur von 5,12 °C verdrängte der Winter 2024 den von 2020 auf den dritten Platz, Spitzenreiter bleibt 2007 mit 5,54 °C.  Das Mittel 1991-2020 wurde um gut 2,8 K übertroffen, das von 1961-1990 um fast 4 K.

Deutlich enger verlief das Rennen in Silberborn, wo der Winter 2024 mit 2,93 °C durchs Ziel ging. Hier fehlte einerseits nicht mal ein Zehntel zum mildesten Winter von 2007 (3,0), anderseits wurde auch der Wert von 2020 (2,98) knapp verfehlt. Um in der Sportsprache zu bleiben: Im Hochsolling gab es nach der Auswertung des Zielfotos die Bronzemedaille für die Startnummer 2024. Zu den 30-Jahres-Mitteln ergab sich hier ein Plus von 2,6 bzw. 3,8 K, im Vergleich zu Bevern war die positive Anomalie also um 0,2 K geringer.

Viel Regen und zumindest im Dezember und Januar gelegentlich auch Schnee sorgten für einen sehr niederschlagsreichen Winter.  In Bevern war es mit 335 mm der fünftnasseste seit Messbeginn 1935, in Silberborn mit 448 mm sogar der zweitnasseste seit mindestens 1949. Rekordhalter bleibt der Winter 1995 mit 367 bzw. 462 mm. Die langjährigen Klimawerte wurden in Bevern um 122 und in Silberborn um 159 mm übertroffen, was hier wie dort einem Plus von fast 57% entspricht. Der Überschuss in dieser Disziplin ging mit einer klar unterdurchschnittlichen Sonnenscheindauer einher: Mit 113 Stunden gab es nur gut 75% des langjährigen Mittels von 148 Stunden.

Bei den Schneedeckentagen zählte Bevern immerhin neun mit einer maximalen Höhe von acht Zentimetern, in Silberborn waren es 24 und in der Spitze 18 cm. Dennoch ist die Bilanz vor allem für den Solling bescheiden, zumindest was die Anzahl der Tage angeht: Das Wintermittel der Periode 1981-2010 liegt bei stattlichen 45, im Schnitt lag in diesem Zeitraum also an jedem zweiten Wintertag Schnee. Frosttage wurden in Bevern 26 und in Silberborn 32 gezählt, was gerade gut der Hälfte des Durchschnitts entspricht, bei den Dauerfrosttagen liegen die Zahlen mit 7 und 17 näher an den Klimamitteln von 11 und 25 Tagen.  Vor vier Jahren gab nur einen solchen Eistag in den Niederungen und zwei im Hochsolling. Ganz so unwinterlich war er dann also doch nicht, der Winter 2024.

Einer von 24 Schneedeckentagen des Winters in Silberborn am 18. Januar © J. Höneke

Teilzeitwinter im Mildsandwich

Dreigeteiltes Januarwetter mit Regen, Schnee, Frost und viel Sonnenschein

Fotos von Annette Mokross

Der Hochwintermonat Januar war in diesem Jahr durch drei klar voneinander getrennte Witterungsabschnitte geprägt: Mild und nass zu Beginn, ein erster Hauch von Vorfrühling am Ende – und dazwischen eine rund zweiwöchige winterliche Phase mit zumindest ein wenig Schnee auch in den Niederungen und regelmäßigem Frost. Unterm Strich stehen gegenüber den langjährigen Klimawerten ein leichtes Plus bei der Temperatur und meist überdurchschnittliche Niederschläge bei etwas ungleicher regionaler Verteilung. Die Sonne zeigte sich sogar deutlich länger als zu dieser Jahreszeit üblich und konnte an einzelnen Tagen erstmals seit fast drei Monaten wieder ungestört scheinen. Ein nächtliches Wintergewitter rundete den recht abwechslungsreichen Wettermonat ab.

Mit einer Monatstemperatur von 2,41 °C war der Januar 2024 an der DWD-Klimastation in Bevern um gut ein halbes Grad oder Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zur kälteren Klimaperiode von 1961-1990 gab es ein Plus von glatt 2,0 K. In der bis 1935 zurückgehenden Zeitreihe Bevern/Holzminden sortiert sich der diesjährige Januar im oberen Mittelfeld auf Platz 32 ein und zählt im Kontext des aktuellen Klimas zu den unauffällig temperierten. Am wärmsten wurde es am 24. mit einem Höchstwert von 13,7 °C, zugleich ein neuer Tagesrekord, auf der kalten Seite bei den Maxima stehen fünf Dauerfrosttage mit bis zu -1,8 °C. Die kältesten Nächte am 10. und 11. kratzten mit -9,7 °C leicht am Strengfrost, insgesamt gab es 15 Luft- und 17 Bodenfrosttage.

Die erste der beiden milden Phase zu Monatsbeginn dauerte bis zum Dreikönigstag, die zweite begann mit einem Luftmassenwechsel am 22. und hielt bis zum Ende an, und die winterliche Phase dazwischen kann man wiederum in drei Abschnitte unterteilen: einen trockenen und sehr kalten ab 7., einen unter Einfluss feuchter Nordseeluft mäßig kalten mit kaum Tagesgang ab dem 12. und wieder zunehmende Nachtfröste ab dem 16. Januar. Abgesehen von solchen Details lässt sich festhalten, dass die Temperaturen 14 Tage am Stück meist deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt verharrten – ein in diesen Zeiten durchaus ungewöhnlich langer Zeitraum.

Im Hochsolling konnte sich der Winter entsprechend der Höhenlage nachhaltiger In Szene setzen und sorgte dafür, dass die Temperaturen an der Wetterstation in Silberborn nach dem Dreikönigstag für zwei Wochen nicht mehr über den Gefrierpunkt stiegen. Frost gab es hier an 18, Bodenfrost an 22 Tagen, am kältesten war die Nacht zum 9. mit einem Tiefstwert in 2 m Höhe von -10,4 °C. Seit Dezember wird in Silberborn auch die Temperatur in 5 cm Höhe über dem Erdboden gemessen, dort ergaben sich über der Schneedecke bei Aufklaren mehrfach Werte unter -12 Grad und ein Minimum von -13,7 °C. Am mildesten war auch hier der 24.01. mit einem Höchstwert von 9,8 °C. Die Monatstemperatur erreichte 0,54 °C und lag um 0,7 K über dem Klimamittel von 1991-2020 bzw. um 2,1 K über dem von 1961-1990.

Noch mehr Besucherandrang als während der Schneephase gab es an den bekannten Ausflugszielen am leicht vorfrühlingshaften letzten Januarsonntag im Solling, wobei ein Spaziergang durchs Hochmoor Mecklenbruch zur überraschenden und nicht ungefährlichen Rutschpartie auf dem Holzsteg wurde: Dort hatte sich eine dünne Reifschicht gebildet, die sich trotz zu dieser Zeit in 2 m Höhe gemessenen acht Grad auch am Nachmittag noch halten konnte.   

Schnee und etwas Sonne am 18. Januar am Mecklenbruch © J. Höneke

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa unterstreicht den geschilderten Witterungsablauf: Auf eine atlantisch geprägte Westlage folgte eine Nordost-, später Südostströmung und schließlich eine Rückdrehung auf Nord bis Nordwest, was für das Einfließen wolkenreicher Nordseeluft sorgte und im weiteren Verlauf für Schneefälle. Eine kurze Hochdruckbrücke zum Ende der zweiten Dekade beschloss diesen Winterabschnitt, bevor zu Beginn der dritten Dekade der Atlantik wieder die Regie mit feuchter und sehr milder Luft aus Westen übernahm.

Entsprechend der überwiegenden Tiefdrucklagen fiel auch der Januar in der Region verbreitet nasser aus als im Durchschnitt, wobei es unter den einzelnen Stationen durchaus Unterschiede gab. Auch die Verteilung innerhalb des Monats war ungleich – so fiel rund die Hälfte gleich zu Beginn an den ersten fünf Tagen, eine zweite Spitze lässt sich mit der Milderung ab 22. ausmachen. Der winterlich kalte Abschnitt dazwischen brachte einige trockene Tage und ansonsten meist nur leichte Niederschläge, so dass es in den Niederungen nur für eine dünne Schneedecke von 1-2 cm reichte. In Silberborn begann diese Phase zwar ebenso bescheiden mit einer kaum wahrnehmbaren Auflage von einem Zentimeter, doch dort läpperte es sich um die Monatsmitte und die Schneedecke konnte nach und nach auf bis zu zwölf Zentimeter anwachsen. Auch aus Polle vom Wilmeröder Berg und aus Amelith wurden mit bis zehn Zentimetern vorübergehend zweistellige Werte gemeldet, ansonsten gab es zwischen einem Zentimeter in Hehlen und sechs in Vorwohle und Hellental.

Bei den Monatssummen ergibt sich in Bezug auf die langjährigen Mittelwerte ein uneinheitliches Bild. Ursache waren teils die Topografie mit Staulagen im Solling, teils lokale begrenzte Schauer. In der Nacht zum 23. blitzte es sogar während eines Wintergewitters am Nachthimmel.
Spitzenreiter war diesmal Silberborn mit 118,6 mm (+13%), gefolgt von Hellental mit 112,2 und Amelith mit 108,1 mm. Abseits des Sollings blieben die Werte zweistellig, in Holzminden wurden 88,6 mm gemessen (+17%), in Hehlen 83,8 mm (+15%), während Ottenstein mit 86,8, Bevern mit 75,4 und Lüchtringen mit 73,3 mm auf dem Niveau des Mittels von 1991-2020 landeten. Polle verfehlte sein Mittel mit 80,2 mm um rund sechs Prozent und Vorwohle lag mit 68,5 mm sogar mit 18% im Minus.

Die Sonne konnte sich zumindest an einzelnen Tagen wieder länger zeigen und schien am Ende der ersten Dekade sowie am letzten Wochenende sogar weitgehend ungestört jeweils über sieben Stunden täglich – das hatte es zuletzt Anfang Oktober gegeben. Gleichwohl blieben die trüben Tage der Jahreszeit und dem lokalen Klima entsprechend in der Überzahl, dennoch summierte sich die Sonnenscheindauer des Monats auf immerhin 60 Stunden – der zweithöchste Januarwert der letzten 15 Jahre hinter 2017 und ein Plus zum Klimamittel von fast 15 Stunden bzw. 32%.

Der Wind war vor allem zu Monatsbeginn und in der vierten Woche in Böen steif bis stürmisch meist aus Südwest unterwegs. Eine echte Sturmlage mit verbreitet um 80 km/h (Beaufort 9) gab es am 24., während der Nordostwind am 8. zwar nur mit Bft. 5-6 wehte, die gefühlte Temperatur im Dauerfrost aber aufgrund des Windchill-Faktors noch deutlich eisiger machte.

Die Erwärmung schreitet fort: 2023 war das bisher wärmste Jahr

Ein neuer Temperaturrekord und sehr viel Regen prägten das Wetter im Jahr 2023

Nach der Einstellung des Rekords im Jahr 2022 erklomm die Jahresmitteltemperatur zumindest in den tiefer gelegenen Regionen des Landkreises neue Höhen und landete am Ende gleich drei Zehntel über der bisherigen Topmarke von 11,0 °C. Was auf den ersten Blick nach wenig aussehen mag, ist in der Klimatologie durchaus ein ungewöhnlich großer Schritt. Zur Einordnung: Liegt das aktuell gültige 30-Jahres-Mittel der Periode 1991-2020 noch bei 9,9 °C, steht nun zum dritten Mal in den letzten vier Jahren die 11 vor dem Komma. Anders als 2022 blieb die große Sommerhitze aber diesmal aus – und auch in Sachen Trockenheit brachte der Hochsommer die Wende hin zu einer außergewöhnlich nassen zweiten Jahreshälfte, die ihren Höhepunkt in der Hochwasserlage zu Weihnachten fand. Trotz eines sehr trüben vierten Quartals schien die Sonne gut 100 Stunden länger als im Durchschnitt.

Mit einer Jahrestemperatur von 11,32 °C war das Jahr 2023 an der DWD-Station in Bevern so warm wie keines zuvor in der Geschichte der lokalen Messungen, die mittlerweile fast 90 Jahre zurückreichen. Der bisherige Rekord von 11,01 °C aus den Jahren 2020 und 2022 ist also nach sehr kurzer „Amtszeit“ nicht nur bereits wieder Geschichte, er wurde auch deutlich übertroffen. Gegenüber dem Klimamittel der Jahre 1991-2020 ergab sich in Bevern ein Plus von 1,45 K und bezogen auf die frühere Referenzperiode der Jahre 1961-1990, die weiterhin als Maßstab für das Klima in der Zeit vor der globalen Erwärmung gilt, war es sogar um gut 2,5 K wärmer. Einen neuen Monatsrekord gab es im September, und auch die Monate Januar, Juni, Oktober und Dezember fielen sehr mild bzw. warm aus – während lediglich der April sein aktuelles Mittel deutlich verfehlte. Gegenüber dem Klima der Jahre 1961-1990 landeten wie schon 2022 alle Monate im Plus.

Der absolute Höchstwert von 34,6 °C, erzielt am 9. Juli an der Beveraner Station, fiel im Vergleich zum Vorjahr mit seinem neuen Allzeitrekord von 38,7 °C recht moderat aus, auch die Zahl der heißen Tage lag mit zwölf etwa im Durchschnitt. Auffällig waren hingegen 137 warme Tage mit einem Höchstwert von mindestens 20 Grad (davon schaffte nur 2018 noch mehr) und die fast vollständige Abwesenheit nennenswerter Kälte. Zwar blieb die Zahl der Frosttage in Bevern mit 50 klar über dem frostärmsten Jahr 1974 (lediglich 26), lag aber um 20 Tage unter dem aktuellen Mittel. Auch bei der absoluten Tiefsttemperatur von -6,7 °C und der Kältesumme von 17,0 K liegt 2023 am sehr milden Rand der Verteilung. Immerhin sorgte der Frühwintereinbruch Anfang Dezember für die einzigen beiden Dauerfrosttage des Jahres.

An der Wetterstation in Silberborn auf 428 m blieb ein neuer Temperaturrekord hingegen aus – hier lag der Jahreswert 2023 mit 9,12 °C ein Stück unter der im Vorjahr erreichten neuen Höchstmarke von 9,26 °C. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Verteilung der Wetterlagen in den vergangenen beiden Jahren: War 2022 überwiegend und besonders von Mai bis November hochdruckgeprägt, hatten 2023 und da vor allem in der zweiten Jahreshälfte Tiefs die Oberhand. Am ausgeprägtesten war dies im letzten Quartal, also in der Zeit, in der sich bei Hochdruckwetter häufig Inversionen ausbilden, die die Temperaturunterschiede zwischen höheren und tieferen Lagen verwischen und vorübergehend sogar umkehren können. Tiefs sorgen stattdessen für eine gute vertikale Durchmischung der Luftmassen und dafür, dass die sich Höhendifferenz (konkret sind es 318 m zwischen beiden Stationen) auch im sogenannten Temperaturgradienten ausgeprägt abbildet. So betrug der Unterschied zwischen den Jahrestemperaturen in Bevern und Silberborn 2022 nur 1,74 K, 2023 hingegen 2,2 K, also fast ein halbes Grad mehr.

Am wärmsten wurde es an der Hochsolling-Station ebenfalls am 9. Juli mit 30,5 °C, zugleich der einzige heiße Tag des Jahres – 2022 waren es noch sechs gewesen. Frost gab es an 76 Tagen, das Jahresminimum wurde am 1.12. erzielt und fiel mit -7,3 °C für eine Mittelgebirgslage sehr bescheiden aus.

Ein kurzer Streifzug durch das Wetterjahr beginnt mit einem sehr milden Winter fast ohne Schnee und nur gelegentlich leichtem Frost – dieser Satz stand so bereits im Vorjahresrückblick und kann für 2023 einfach übernommen werden, jedenfalls für die Niederungen. In Silberborn lag immerhin in der zweiten Januarhälfte meist eine (wenn auch nicht allzu hohe) Schneedecke. Der Februar hatte in Sachen Schnee oben wie unten nichts zu bieten, während es Anfang März noch einmal zu einem kurzen, aber zumindest im Solling kräftigen Spätwintergruß kam, der dort noch einmal für bis zu 17 cm Schnee sorgte. Das anschließende Frühjahr blieb verhalten temperiert und verfehlte sogar geringfügig das Mittel der Jahre 1991-2020 im Solling bzw. erreichte dies in Bevern genau auf den Punkt. Vor allem April und die erste Maihälfte hinterließen einen eher kühlen Eindruck.

Ende Mai vollzog sich die Wende zu einem weitgehend stabilen, sehr warmen und vor allem ausgesprochen sonnigen Witterungsabschnitt, der gut einen Monat andauerte, bevor der Hochsommer einen wechselhaften, moderat temperierten und zunehmend regenreichen Verlauf nahm. Die erste Sommerhälfte war sogar die wärmste seit Aufzeichnungsbeginn, die Phase von Mitte Juli bis Ende der ersten Augustdekade blieb dann aber sogar etwas unterdurchschnittlich temperiert, bevor sich von Süden aus dem Mittelmeerraum nochmal heiße und feuchte Luft auf den Weg machte, die unsere Region aber nur vorübergehend und abgeschwächt in der zweiten Augustdekade erreichte.

Einem sehr sonnigen, trockenen und in den Niederungen rekordwarmen September folgte das bereits angesprochene sehr nasse vierte Quartal inklusive eines Frühwintereinbruchs Ende November, der einen neuen Herbstrekord verhinderte und der Region einen für diese Zeit im Jahr ungewöhnlich gewordenen Abschnitt mit mehreren Schneedeckentagen bis in die Niederungen bescherte, bevor eine deutliche Milderung den Winter auch im Solling rasch vertrieb und er bis Jahresende nicht mehr gesichtet wurde.

Die regelmäßigen und ergiebigen Niederschläge des zweiten Halbjahres sorgten in der Region für das nasseste Jahr seit 2007. Ein weiterer trockenheißer Sommer, da sind sich die Experten einig, hätte für weitere große Schäden in den Wäldern gesorgt. Aus dieser Sicht kam der Umschwung im Juli gerade noch rechtzeitig und legte eine erste Reserve für den September in die höheren Bodenschichten, bevor der viele Regen ab Oktober dafür sorgte, dass mehr und mehr auch die tieferen Schichten und der Grundwasserspiegel aufgefüllt wurden. Im Laufe des Dezembers, der im Solling teils rekordnass ausfiel, wurde es dann allerdings zu viel des Guten mit einer Hochwasserlage im Umfeld der Weser und sehr nassen und aufgeweichten Böden auch im Solling. Diese könnten vor allem der flach wurzelnden Fichte im Falle einer Sturmlage wie 2018 keinen Halt mehr bieten. Zum Glück sieht es aber derzeit nicht danach aus, dass sich eine solche Wetterlage in diesem Januar wiederholen könnte.

Die Jahressummen erreichten 1006 mm in Bevern, ein Plus von 27% oder rund 210 mm gegenüber dem Mittel der Jahre 1991-2020, zugleich der erste vierstellige Wert dort seit 2007. Zwischen 2007 und 2023 war nur ein Jahr – 2017 – überdurchschnittlich nass ausgefallen, aber viele deutlich zu trocken. In Silberborn wurden 1272 mm gemessen, ein Plus von 21% zum aktuellen Klimamittel. Noch etwas mehr holte der Beobachter in Hellental aus dem Messbecher, die 2018 in Betrieb genommene konventionelle Niederschlagsstation des DWD stellte mit 1289,8 mm den Spitzenreiter in der Region. Die geringste Jahressumme fiel mit 968,2 mm in Lüchtringen.

Beim Sonnenschein ragte die knapp fünfwöchige Zeit vom 26. Mai bis Ende Juni mit einer Summe von 362 Stunden – fast 11 im Schnitt pro Tag – heraus. Sonnigster Monat war der Juni mit fast 290 Stunden, auch Mai und September landeten deutlich über ihren Mittelwerten. Klar unterdurchschnittlich präsentierten sich neben den ohnehin sehr dunklen Monaten Januar, November und Dezember diesmal auch Oktober und März. Die Jahressumme betrug ca. 1622 Stunden, das waren einerseits glatte 300 weniger als noch 2022, aber immer noch gut 100 mehr als im Mittel der Jahre 1991-2020. Mehr als klimatisch und astronomisch bedingt üblich sorgte dabei das Sommerhalbjahr von April bis September mit 1320 Stunden für den Löwenanteil beim Sonnenschein, die anderen sechs Monate brachten es zusammen nur auf gut 300 Stunden.