Ein Sommer, wie er früher einmal war…?

An seinem Ende stand ein mäßig warmer, recht nasser und sehr trüber August

„Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Zum einen das Herz des Sommerliebhabers. Aus dieser Sicht war es ein wirklich schlechter Sommer. Abseits des Junis kühl, trüb und hintenraus wirklich frühherbstlich. Zum anderen das Herz des Naturfreundes. Wenig Hitze, wenig Trockenheit, das tat der Natur sichtbar gut.“ – „Ich fühle mich tatsächlich fast um eine komplette Jahreszeit betrogen (Juni ausgenommen). Noch viel zu nah sind die Erinnerungen an die trübe, kühle Zeit.“ – „Noch vor 30 Jahren wäre dies einer der wärmsten Sommer überhaupt gewesen. Manche Leute sollten ihr Anspruchsdenken überprüfen und froh sein, von Hitzewellen wie im östlichen Mittelmeerraum oder der Flut im Westen unseres Landes verschont geblieben zu sein.“ – Drei Stimmen aus einem Wetterforum zum Fazit des Sommers 2021 aus diesen Tagen, die sehr gut die unterschiedliche Bewertung der letzten Monate widerspiegeln und vermutlich auch im Leserkreis des TAH ähnlich ausfallen.

Was sagen die Messwerte in der Region dazu? Zumindest für den August sehen die Daten recht klar aus: Es war der zweitkühlste der letzten 15 Jahre, es regnete häufig und teils ergiebig, während sich die Sonne oft rar machte. Wie schon im Juli blieb ein längerer Abschnitt mit beständigem Hochdruckwetter aus, lediglich einige Tage vor Monatsmitte brachten eine recht heitere Phase mit hochsommerlichen Temperaturen. Die Sommerbilanz fällt dank des Junis zwar wärmer aus, doch unter dem Strich bleibt ein deutliches Sonnenscheindefizit, während es beim Niederschlag kein klares Bild gab.

Mit einer Monatstemperatur von 16,95 °C war der August 2021 an der DWD-Station in Bevern um fast 1,3 K kühler als im Mittel der Jahre von 1991-2020. Gegenüber der älteren Klimareferenzperiode von 1961-1990 reicht das aber immer noch für ein kleines Plus von zwei Zehnteln. Sieht man einmal von den letzten Tagen des Monats ab, ergibt sich ein ähnliches Fazit wie im Juli: Kühle und sehr warme Tage gab es kaum, meist spielte sich das Niveau der Tageshöchstwerte im mäßig warmen Bereich etwas oberhalb der 20-Grad-Marke ab. In der ersten Dekade blieb der Korridor bei den Maxima mit Werten zwischen 21,3 und 23,5 °C äußerst schmal. Lediglich vor Monatsmitte stiegen die Werte vorübergehend für vier Tage deutlich über die 25-Grad-Marke an. Die Anzahl meteorologischer Sommertage blieb mit fünf klar unterdurch-schnittlich, die 30-Grad-Marke wurde wie im Juli gar nicht erreicht. Der letzte August ohne heißen Tag ist zwar erst vier Jahre her, auf der Suche nach dem letzten hitzefreien Juli-August-Paar wird man aber erst vor fast 30 Jahren im Sommer 1993 fündig.

Die Hochsolling-Wetterstation in Silberborn liegt auf fast 430 m Höhe und entsprechend fallen die Sommerbrötchen dort kleiner aus. Sofern keine Inversionswetterlage herrscht, was in den Sommermonaten kaum einmal der Fall ist, beträgt die Differenz bei den Höchsttemperaturen zum Wesertal in der Regel rund drei Grad. Dies bestätigen auch die Augustwerte mit einem mittleren Tagesmaximum von 19,1 °C gegenüber Bevern mit 22,1 °C. Sommertage gab es in Silberborn nur zwei, dafür ging es gen Monatsende schon herbstlich zu mit Höchstwerten von unter 15 Grad. Die Monatsmitteltemperatur lag mit 14,65 °C um 1,4 K unter dem dortigen Klimawert der Jahre 1991-2020, während das 30 Jahre ältere Referenzmittel für langfristige Klimavergleiche von 14,7 °C fast auf den Punkt getroffen wurde.

Bei der Analyse der Großwetterlagen sieht man wie schon im Juli klare Tiefdruckdominanz mit Ausnahme der bereits erwähnten kurzen Phase vor Monatsmitte. Die Abfolge ab dem Beginn des sog. Siebenschläferzeitraums Ende Juni ähnelte sich dabei immer wieder trotz einzelner Unterschiede in den Details: Tiefdruckgebiete wurden oft von Hochdruckzonen auf dem Nordatlantik oder über Nordeuropa blockiert und zogen entweder auf südlicher Bahn Richtung Mitteleuropa oder tropften aus größeren Langwellentrögen ab und „eierten“ abgekoppelt von der Höhenströmung anschließend mit nur langsamer Geschwindigkeit über uns. Solche Lagen sind für die Computermodelle, auf die sich die moderne Wettervorhersage weitgehend stützt, oft nur schwer im Voraus zu berechnen. Im Extremfall bringen sie lang andauernde Starkniederschläge wie Mitte Juli bei der Flutkatastrophe im Westen oder später vor allem im Alpenvorland, wo im Stau der Gebirgskette ein außergewöhnlich nasser Sommer registriert wurde. Eine grundlegende Umstellung der großräumigen Zirkulation fand diesmal bis zum Ende des Sommers nicht mehr statt, die oftmals zu ruhigem Hochdruckwetter neigende Zeit im Spätsommer wurde entweder auf den September verschoben oder fällt in diesem Jahr ganz aus.

Niederschlag in Form von Regen fiel über den Monat verteilt in unterschiedlicher Intensität, vor allem die letzte Dekade sorgte mit teils kräftigen Schauern dafür, dass die Summen meist – aber nicht überall – über den langjährigen Durchschnittswerten landeten. In Bevern kamen 85,7 mm oder knapp 120% des Klimawerts von 1991-2020 zusammen, in Lüchtringen sogar 99,1 mm. Noch mehr war es in Polle auf dem Wilmeröder Berg mit 106,8 mm; Ottenstein meldete 85,4 mm, Hehlen 86,2 mm und Eimen-Vorwohle 75,8 mm. Während in Hellental 101,7 mm gemessen wurden, gab es im und am Solling Richtung Südwesten weniger Regen: In Silberborn waren es noch 91,2 mm – ein Plus von 5% gegenüber dem Schnitt – in Amelith hingegen nur 60,7 mm. Auch die Summe im Holzmindener Stadtgebiet, privat im Südteil gemessen, war mit 68,7 mm eher zurückhaltend. Einen guten Überblick über die ungefähren Werte auch abseits bestehender Messstellen am Boden bieten die Karten mit kalibrierten Radarsummen bei Kachelmannwetter unter der URL https://kachelmannwetter.com/de/regensummen/kalibrierte-summe-1std.html – dort kann man verschiedene Zeiträume wählen und in die Landkreise zoomen. Für den August zeigt die Karte, dass der Südzipfel des Kreises Holzminden (Bereich Derental und Lauenförde) deutlich trockener blieb als der Rest, dort wurden die langjährigen Klimawerte nicht erreicht.

Eindeutig ist das Bild beim Sonnenschein: Mit lediglich 138 Stunden wurde nicht nur das Mittel der letzten 30 Jahre deutlich verfehlt (um fast 30%), der August 2021 zählt auch klar zu den trübsten Vertretern der lokalen Wetterhistorie seit 1951: Nur sieben Mal gab es in den letzten 70 Jahren noch weniger Sonnenschein in einem August, zuletzt 2010, als der Minusrekord von nur 111 Stunden aufgestellt wurde.

Sie lachten in diesem August nur selten im Sonnenlicht: Sonnenblumenfeld von Annette Mokross, fotografiert am 23.08.

In der Sommerbilanz macht jeder Monat einen Anteil von einem Drittel aus und hier sorgt dann der Juni mit seinem markanten Temperaturüberschuss dafür, dass der Sommer 2021 unter dem Strich an der DWD-Station in Bevern mit 18,4 °C überdurchschnittlich ausfiel – eher leicht gegenüber dem aktuellen Klimamittel der letzten 30 Jahre von 17,8 °C, deutlich gegenüber der älteren Norm der Periode 1961-1990 von 16,5 °C. Zum Vergleich: Der damals als Hitzesommer eingestufte Sommer 1983 war mit 18,5 °C nur ein Zehntelgrad wärmer als der aktuelle. An solchen Zahlen lässt sich das Fortschreiten der Erwärmung in den letzten Jahren gut ablesen. Hitze blieb gleichwohl in diesem Sommer die Ausnahme und beschränkte sich auf vier Tage im Juni am Standort Bevern, in Silberborn waren es zwei, beides deutlich weniger als zuletzt und auch weniger als im langjährigen Mittel, das in Bevern bei fast zehn Tagen und in Silberborn bei rund vier Tagen liegt. Die Anzahl der Sommertage mit mindestens 25 Grad Höchsttemperatur lag in Bevern mit 35 im Schnitt der letzten 30 Jahre, in Silberborn wurde dieser mit elf von ca. 19 allerdings klar verfehlt. Die dortige Sommertemperatur von 16,3 °C unterscheidet sich hingegen bezogen auf das kühlere Klima vor Ort kaum von der in Bevern: An der Hochsollingstation lag der Sommer rund 0,7 Grad über dem Mittel der Jahre 1991-2020 und glatt zwei Grad über der älteren Norm von 1961-1990.

Beim Sonnenschein fiel das Defizit der Monate Juli und August deutlich größer aus als das Plus, das der Juni angesammelt hatte. Nach 92 Tagen betrug der Schätzwert für die Region, gewonnen aus fünf DWD-Stationen mit Sonnenscheinmessern in der Umgebung, rund 525 Stunden. Das ist ein Minus von 73 Stunden gegenüber dem Mittel der letzten 30 Jahre und der niedrigste Wert seit 2012. Der trübste Sommer stammt aus dem Jahr 1981, als mit Müh und Not die Marke von 400 Stunden knapp überschritten wurde, der Rekord immer noch aus dem „Sonnenjahr“ 1959, als ca. 753 Stunden erreicht wurden.

Die Niederschlagsbilanz des Sommers fällt weniger eindeutig aus, es gab sowohl nasse Orte als auch trockenere, letztere vorwiegend wie im August im Süden des Kreises mit teils nur ca. 180 mm. Doch auch im Nordwesten in Ottenstein wurde der langjährige Durchschnitt mit 205 mm recht deutlich verfehlt, während Polle, Lüchtringen und Hehlen mit Werten zwischen 273 und 233 mm zumindest leicht im Plus lagen. Hellental, wo noch kein Klimawert aufgrund der kurzen Messdauer vorliegt, meldete 238 mm, in Vorwohle gab es leider einen längeren Ausfall im Juli und daher keinen verwertbaren Wert. Silberborn blieb mit 245 mm um 9 mm unter seinem Mittel, Bevern hingegen übertraf seines deutlich um 35 mm (16%) und stellte nach Polle mit 254 mm den zweithöchsten Wert im Kreis.

Titelfoto: Wolkenbogenpanorama über der Weser am 26.08. von Annette Mokross

Goldenes Träumchen: Fluss- mit Bodennebel an der Weser nennt Fotografin Annette Mokross ihre Aufnahme vom 6. August um 06:28 Uhr morgens

Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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