Gemäßigte Temperaturen, viele Wolken und dennoch meist wenig Regen prägten den Juli 2021
Titelfoto von Annette Mokross: Gewitter in der Abendsonne am 26. Juli
Zu den Entwicklungen im Zuge des Klimawandels in den letzten Jahren gehört eine erhöhte Erhaltungsneigung von Großwetterlagen, die sich zunehmend auch im Sommer zeigt und der alten Siebenschläferregel zu neuer Popularität verhilft. Wie schon 2017 und 2018 wurden die Weichen für den Verlauf des Hochsommers bereits Ende Juni gestellt. War es vor drei Jahren eine hochdruckdominierte, sehr sonnige, heiße und rekordtrockene Zeit zwischen Ende Juni und Anfang/Mitte August, ähnelte der Verlauf in diesem Jahr dem von 2017: Tiefdruck bestimmte weitgehend das Wettergeschehen in der Region mit vielen Wolken und meist moderater Wärme. Erstmals seit 2011 blieb der Juli ohne einen heißen Tag mit mindestens 30 Grad Höchsttemperatur. Ein wesentlicher Unterschied zu 2017 war die Niederschlagsbilanz: Vor vier Jahren hatte es noch neue Regenrekorde gegeben, diesmal blieben die Mengen unter den langjährigen Mittelwerten, teils sogar deutlich. Doch die Flutkatastrophe im Westen der Republik zeigt auf drastische Weise die zerstörerische Kraft der Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“ im Hochsommer.
Mit einer Monatstemperatur von 18,68 °C landete der Juli 2021 an der DWD-Station in Bevern fast genau im Mittel der Jahre von 1991-2020. Gegenüber der älteren Klimareferenzperiode von 1961-1990 gab es ein Plus von knapp 1,6 Kelvin. An den meisten Tagen lagen die Höchstwerte im mäßig warmen bis warmen Bereich, an 27 Tagen innerhalb eines Korridors zwischen 20 und 27 Grad. Das Maximum von 28,5 °C war das niedrigste in einem Juli seit 2011, tiefer lag es zuletzt vor 21 Jahren, als im Juli 2000 nicht einmal ein meteorologischer Sommertag erreicht wurde. Wie schon im Juni gab es auf der kühlen Seite kaum etwas zu vermelden, nur an zwei Tagen blieb der Höchstwert unter der 20-Grad-Marke – am Monatsersten mit nur 15,3 °C allerdings so deutlich, dass damit ein neuer Minusrekord für einen 1. Juli in der Klimareihe Bevern/Holzminden aufgestellt wurde – bezogen auf den Zeitraum ab 1951, für den die entsprechenden Tageswerte vorliegen.
Wenn der Hochsommer mit Werten über 27 Grad im Wesertal schon so geizt, dann bleibt in den höher gelegenen Orten der Region kaum noch ein meteorologischer Sommertag übrig, wie ein Blick auf die Daten der Station in Silberborn zeigt, wo nur an zwei Tagen über 25 Grad gemessen wurden. An immerhin elf Tagen wurde hier die 20-Grad-Marke verfehlt, am kühlsten war auch im Hochsolling der Monatserste mit nur 13,0 °C Höchsttemperatur. Das Monatsmittel von 16,5 °C entsprach wie in Bevern fast genau dem jüngsten klimatologischen Durchschnitt (+0,1 K) und einem Plus von 1,6 K im Vergleich zur Periode 1961-1990. Der Temperaturverlauf an beiden Stationen zeigt auf, dass wie schon 2017 selbst ein sonnenscheinarmer und tiefdruckgeprägter Juli ein ganzes Stück wärmer abschneidet als vor 30 Jahren.
Und als sonnenscheinarm ist der Juli 2021 eindeutig einzustufen: Nur rund 156 Stunden ergeben sich als Rechenwert aus den DWD-Stationen der Umgebung – so wenig wie seit 2011 nicht mehr. Das entspricht nur 76% des Klimawerts von 1991-2020 und reicht immerhin für Platz sechs der trübsten Julimonate der letzten 40 Jahre. Nur dreimal wurde die 10-Stunden-Marke überschritten und nur einmal gab es mehr als zwölf Stunden als Tagessumme – ein weiteres Indiz für das Ausblieben einer hochdruckgeprägten „Schönwetterlage“. Das zeigt auch ein Blick auf die Analyse der Großwetterlagen, bei denen sich tiefdruckgeprägte Exemplare die Klinke in die Hand gaben, meist Südlagen wie Trog Westeuropa und Tief Britische Inseln, aber eben auch Tief Mitteleuropa, wovon gleich noch ausführlicher die Rede sein wird. Und die einzige Hochdruckphase nach Monatsmitte war dummerweise auch noch eine Nordwestlage, abgekürzt NWa, bei der es zwar trocken blieb, sich aber aufgrund der Anströmung über die Nordsee oftmals stratiforme Bewölkung an der Mittelgebirgsschwelle staute und nur ab und zu mal Lücken für längeren Sonnenschein ließ.

Die Flutkatastrophe im Westen – auch bei uns möglich?
Eine besondere Wetterlage führte Mitte des Monats zu ergiebigem Dauerregen über Teilen des Westens, der sich binnen weniger Stunden zu einer Naturkatastrophe ausweitete. Später waren auch noch Teile Süddeutschlands betroffen. Bis Ende Juli starben in Deutschland mindestens 184 Menschen, viele verloren Obdach und Hab und Gut. Eine ausführliche meteorologische Analyse steht Interessierten kostenlos und frei zugänglich unter dem Link https://berliner-wetterkarte.de/Beilagen/2021/Die_Flutkatastrophe_2021.pdf zur Verfügung.
Schaut man sich die Niederschlagsmengen an den DWD-Stationen in den betroffenen Regionen an, fällt auf, dass die Flut war nicht zwingend dort am schlimmsten war, wo der meiste Regen fiel. Spitzenreiter war am 14.07. Köln-Stammheim (Kläranlagengelände) mit 153,5 mm Tagesniederschlag, in Köln blieb die Hochwasserlage aber weitgehend entspannt. Ende Juni war an mehreren Stationen in der Uckermark sogar noch deutlich mehr Regen gefallen – bis zu 199,2 mm binnen 24 Stunden in Ludwigsburg. Doch das dortige Relief verhinderte, dass es zu Überflutungen kam, ganz anders als zwei Wochen später in Teilen des Sauerlandes, der Eifel, des Rheinlands und im Ahrtal, wo kleine Bäche zu reißenden Strömen wurden und ganze Häuser mit sich rissen.
Schnell war von einem Jahrhundertereignis die Rede, doch sollte man mit diesem Begriff vorsichtig umgehen. Der Jahrhundertsommer 2003 zum Beispiel wurde zwar noch nicht in Gänze übertroffen, aber viel hat in den Jahren 2018 und 2019 nicht gefehlt, als zugleich in Nord- und Ostdeutschland neue Rekordmarken gesetzt wurden. Und ob ein ähnliches Flutereignis erst wieder in einhundert oder doch schon in den nächsten Jahren auftritt, kann niemand vorhersagen.
Was sich aber feststellen lässt: Sollte es auch in Zukunft zu vermehrten Blockierungslagen im Sommer kommen, bei denen Tiefdruckgebieten die Zugbahn von West nach Ost versperrt wird und stattdessen Tiefs vor allem in höheren Luftschichten „abtropfen“ und dann mit nur sehr geringer Verlagerungsgeschwindigkeit über Mitteleuropa kreisen, es also weiterhin zu einem gehäuften Auftreten der Großwetterlage Tief Mitteleuropa kommen, wie sie in den letzten Jahren beobachtet wurde, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für markante Unwetterereignisse mit sehr hohen Regenmengen binnen kurzer Zeit deutlich an. Jedenfalls dann, wenn wie in diesem Jahr sehr feuchte und warme Luftmassen einbezogen werden. Die konkreten Folgen hängen dann von den Gegebenheiten und dem Hochwasserschutz vor Ort ab. Jedenfalls tun die zuständigen Behörden auch in den in diesem Jahr verschonten Gebieten gut daran, potenzielle Gefahrenquellen wie Bachläufe vor Ort zu ermitteln und wenn nötig Schutzmaßnahmen zu treffen – auch wenn sie hoffentlich nie gebraucht werden.
Denn auch in unserer Region ist eine ähnliche Katastrophe durchaus denkbar, auch das Oberwesertal ist umgeben von Höhenzügen mit talwärts führenden Bächen, zudem bietet viel landwirtschaftlich genutzte Fläche im Falle eines Falles die Gefahr des Mitreißens großer Mengen Schlamm, wie unlängst vereinzelt zum Beispiel am Rand von Heinsen oder in Warbsen geschehen. Und der Blick zurück auf Tief „Alfred“ vor vier Jahren zeigt: Niederschlagsmengen von 150 mm und teils noch etwas mehr sind auch bei uns nicht nur möglich, sondern im Juli 2017 tatsächlich auch binnen kurzer Zeit gefallen – zum Glück damals nicht binnen 24, sondern „nur“ in 48 Stunden und weniger als extremer Starkregen binnen sehr kurzer Zeit (den gab es zum Beispiel am Mittag des 9. Juli 2017 in der Bülte, als die Kanalisation den Regenmengen nicht standhalten konnte, zum Glück aber nur etwa eine Stunde lang), sondern eher als ergiebiger Dauerregen ohne die ganz hohen stündlichen Raten.
Dies soll als kleiner Exkurs reichen, wenden wir uns nun den bei uns in diesem Juli gefallenen Regenmengen zu: Diese waren, wie eingangs kurz angedeutet, mehr oder wenig deutlich unterdurchschnittlich. An über der Hälfte der Tage fiel an den meisten Stationen kein Regen, die rund 14 Niederschlagstage brachten abgesehen vom Monatsersten meist mäßige bis geringe Mengen – mit Ausnahme einzelner teils gewittriger Starkregengüsse. Wo diese herunterkamen und ein Messgerät steht, konnten Tagesmengen von über 20 mm dokumentiert werden – wo nicht, blieb es ein deutlich zu trockener Monat.
Die Daten im Einzelnen: Die Klimastation in Bevern brachte es vor allem aufgrund eines „Treffers“ am 26.07. mit 22,4 mm auf eine Monatssumme von 69,8 mm, das sind rund 13% weniger als im Mittel der Jahre 1991-2020. In Silberborn wurde mit 71,9 mm das Klimamittel um 21% verfehlt, dort gab es am 9. eine Tagessumme von 25,4 mm. Polle meldete immerhin noch 61,4 mm, Lüchtringen nur 47,2 mm und in Ottenstein und Hehlen fiel mit 33,0 bzw. 35,6 mm nicht einmal die Hälfte der durchschnittlichen Julimenge. Auch das gewöhnlich niederschlagsreiche Hellental erlebte mit 48,7 mm einen trockenen Monat. Etwas mehr, aber auch deutlich unter dem Klimawert, fiel mit 58,9 mm in Amelith. Aus Vorwohle liegt leider keine verwertbare Monatssumme vor, dort gab es vom 2. bis 17. Juli einen Ausfall des automatischen Messgeräts.
Bleibt noch ein kurzer Blick auf die Frage, wie es wohl weitergeht mit dem Sommerwetter. Nach übereinstimmenden und wenig Interpretationsspielraum lassenden Modellrechnungen bleibt die gesamte erste Augustdekade unbeständig und unterkühlt – die durchschnittlichen Höchstwerte erreichen zu dieser Zeit ihr Maximum von bis zu über 26 Grad in Bevern, doch meteorologische Sommertage sind in diesem Jahr in der ersten Dekade kaum zu erwarten. Der Wettercharakter bleibt also bis mindestens zum Ende des Siebenschläferzeitraums und des Hochsommers unbeständig und wie 2017 könnte der Sommer in diesem Jahr ohne Hitzewelle zu Ende gehen, sieht man einmal von der frühen Junihitze ab. Darauf deuten jedenfalls die meisten mittel- und langfristigen Wettermodelle hin, allerdings steht über dem Mittelmeerraum verbreitet große Hitze bereit, die unter Abschwächung vielleicht doch noch ihren Weg nordwärts finden könnte im Laufe des Monats – derzeit spricht allerdings mehr dagegen als dafür.













