Frühwinter zu Beginn und Hochwasser zu Weihnachten

Der Dezember 2023 war trotz eines Kaltstarts sehr mild und teils rekordnass

Der Frühwinter kam überpünktlich und bescherte der Region bereits Ende November Schnee bis in die Niederungen, bevor ein Wetterwechsel mit deutlicher Milderung am zweiten Dezemberwochenende auch die stattliche Schneedecke im Hochsolling binnen kurzer Zeit verschwinden ließ. Für den großen Rest des ersten meteorologischen Wintermonats dominierten atlantische Luftmassen mit für die Jahreszeit ungewöhnlich lang anhaltenden hohen Temperaturen und im Laufe der zweiten Hälfte immer längeren und intensiveren Regenfällen, die das Wesertal in der Weihnachtswoche unter Wasser setzten und dem Hochsolling den nassesten Dezember seit Beginn der dortigen Wetterbeobachtungen bescherten. Trotz einiger Dauerfrosttage zu Beginn fiel die Monatsbilanz bei den Temperaturen sehr mild aus. Die Sonnenscheindauer blieb mit ganzen 17 Stunden noch zurückhaltender als ohnehin schon üblich zu dieser Jahreszeit.

Schnee bis in die Niederungen, hier der Weserbogen bei Polle, brachten die ersten Dezembertage ©A. Mokross

Mit einer Monatstemperatur von 5,43 °C war der Dezember 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um fast 2,7 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Im Vergleich zum niedrigeren, 30 Jahre älteren Klimawert der Periode 1961-1990 betrug das Plus sogar 3,7 K. Damit war es der fünftwärmste Dezember seit Aufzeichnungsbeginn 1934 – trotz eines durchaus winterlichen Starts mit leichtem Dauerfrost. Von außergewöhnlichen Höchstwerten wie den rekordwarmen 18,1 Grad am Silvestertag 2022 blieb die milde Westwetterlage ab dem Ende der ersten Dekade in diesem Jahr zwar weit entfernt, dafür gab es bis zum Jahresende aber keine kühle, geschweige denn kalte Phase mehr – Durchschnittswerte bei den Maxima von 9,5 °C und fast fünf Grad bei den Minima ab dem 10. Dezember erinnern deutlich mehr an Herbst als an Winter. Auch die Zahl der Frosttage blieb mit sieben, die allesamt in den ersten acht Tagen gemessen wurden, deutlich unter den langjährigen Mittelwerten. Die Zeit ab 9. markiert eine der bisher längsten frostfreien Perioden in einem Dezember überhaupt.

Auch im Hochsolling musste der Frühwinter im Laufe des zweiten Adventswochenendes nassem Schmuddelwetter weichen. Nach vier Eis- und acht Frosttagen zu Beginn gab es selbst auf fast 430 m Höhe an der Station in Silberborn nur noch einen kurzen und leichten Frost mit -0,7 °C in der Nacht zum 27.12., insgesamt neun Frosttage sind in dieser Region ungewöhnlich wenig für einen Dezember. Am kältesten war es gleich am Monatsersten mit einem Tiefstwert von -7,3 °C, am wärmsten zu Heiligabend mit 9,6 °C. Ein Schnitt von 6,5 °C bei den Höchstwerten ab dem 10.12. dokumentiert auch hier die selbst in Zeiten des sich weiter erwärmenden Klimas außergewöhnliche Milde der letzten drei Dezemberwochen. Die Monatsmitteltemperatur landete bei 2,95 °C und lag um gut 2,2 K über dem Mittel der Jahre 1991-2020, womit es der sechstwärmste Dezember seit Aufzeichnungsbeginn war.

Winterlicher 1. Adventssonntag im Solling, hier an der Landstraße zwischen Neuhaus und Silberborn

Die Analyse der Großwetterlagen über Europa zeigt eine selten in diesem Umfang aufgetretene Dominanz von Westlagen und stützt die These, wonach bestimmte Muster bei den Wetterlagen im Zuge des Klimawandels eine zunehmende Persistenz aufweisen. Diese verstärkte Erhaltungsneigung, die in den letzten Jahren und da vor allem im Sommerhalbjahr häufig zu langen Trockenphasen geführt hatte, schlug nun in der zyklonalen, also tiefdruckgeprägten Form voll zu. Die hohen Meeresoberflächentemperaturen trugen ihren Teil dazu bei, dass die Luft viel Feuchte aufnehmen konnte, der Jetstream sorgte dafür, dass die Tiefs über längere Zeit auf gleicher Zugbahn ost- oder südostwärts zogen. Dadurch waren häufig dieselben Gebiete von anhaltenden Regenfällen betroffen, was sich zu einer teils markanten Hochwasserlage in Niedersachsen führte, bei der die Oberweser aber vergleichsweise glimpflich davonkam – und so fiel auch die erste Schadensbilanz der Stadt Holzminden von Anfang Januar verhalten positiv aus: Größere Schäden waren demnach nicht zu beklagen. Mit dem sich abzeichnenden Wechsel hin zu einer längeren Hochdruckphase sollten die Pegel und das Grundwasser bald deutlich fallen.

Doch bevor wohl zum Ende der ersten Januarwoche seit langer Zeit ein mehr als nur wenige Tage anhaltender trockener Witterungsabschnitt anbricht, gilt es die außergewöhnlich hohen Monatssummen des Vormonats zu bilanzieren und einzuordnen: So gab es in Silberborn wie bereits im TAH vom 2. Januar vorab gemeldet den niederschlagsreichsten Dezember seit dort gemessen wird – mit 206,3 mm wurde der bisherige Rekord aus dem Jahr 1993 um wenige Millimeter übertroffen. Allein am 23. fielen fast 40 mm binnen 24 Stunden vom Himmel, zwischen dem 19. und 25. wurden 110 mm innerhalb von sieben Tagen gemessen und damit mehr als im Schnitt eines gesamten Monats. Gegenüber dem langjährigen Monatsmittel von 105 mm steht ein Plus von gut 100 mm oder 96%.

Kleiner Fluss ganz groß – Weserhochwasser Richtung Heinsen an Heilgabend ©A. Mokross

Zu Beginn des Monats waren es noch meist leichte Schneefälle, mit dem rabiaten Tauwetter am zweiten Wochenende fiel anschließend ausschließlich Regen mit häufig zweistelligen Tagessummen. Dennoch konnte der Solling in der ersten Woche mit einer für die Jahreszeit eher ungewöhnlich hohen Schneedecke von 10-15, stellenweise bis zu 20 cm, viele Besucher anlocken. Vor allem am ersten Adventswochenende waren die Rodelhänge ein beliebtes Ausflugsziel und eine lange Fahrzeugschlange zog sich am Rand der B497 zwischen Neuhaus und Silberborn entlang – ein in den letzten Wintern selten gewordenes Bild.

Die höchste Monatssumme wurde mit 222,1 mm allerdings wieder einmal an der tiefer gelegenen Station in Hellental auf 270 m gemessen, wo in einer Staulage noch günstigere Voraussetzungen für hohe Niederschlagsmengen bestehen als in Silberborn, das eher das Profil einer Hochebene aufweist. Doch auch die Zahlen der anderen Messstellen in der Region können sich sehen lassen: So fielen in Amelith 212,3 mm, in Polle (Wilmeröder Berg) 202,1, in Ottenstein 196,3, in Vorwohle 186,8, in Holzminden 173,3, in Bevern 171,5 und in Hehlen 158,9 mm. Schlusslicht war Lüchtringen mit vergleichsweise bescheidenen 144,1 mm. Im Oberwesertal war es damit der zweitnasseste Dezember hinter dem Rekordhalter von 1986.

Weserradweg unter Wasser am 26.12. ©A. Mokross

Schnee gab es zu Monatsbeginn bis in die Niederungen, in Bevern waren es am Morgen des 3. acht Zentimeter auf 110 m Stationshöhe, in Holzminden und Lüchtringen immerhin noch sechs. Der dickste Schnee kam diesmal nicht im Solling zum Vorschein, sondern am Elfaß in Vorwohle, wo die Bedeckung am 5. Dezember auf bis zu 25 cm angewachsen war.

Tief verschneite Kulisse am Parkplatz Mecklenbruch am 6. Dezember

Sonnenschein suchten die Kreis-Holzmindener in diesem Dezember oft vergeblich und wenn sie ihn mal fanden, dann meist nur kurz – mit diesen Worten lassen sich die höchste Tagessumme von gerade mal drei Stunden sowie die Monatssumme von ganzen 17 Stunden wohl am besten zusammenfassen. Damit wurde nicht einmal ganz die Hälfte des langjährigen Mittelwerts erreicht und auch die Quartalsbilanz fällt mit 117 Stunden sehr bescheiden aus: Im Schnitt zeigt sich die Sonne von Oktober bis Dezember immerhin 60 Stunden länger am Himmel.

Die Sonne tat sich sehr schwer im trüben Dezember 2023 ©A. Mokross

Der Wind schließlich machte sich bei der dynamischen Westwetterlage stärker bemerkbar als in den Vormonaten, die Windmesser des DWD in der weiteren Umgebung registrierten zwar nur stellenweise einen echten Sturmtag mit Bft. 9, dafür gab es aber an vielen Stationen eine ganze Serie von Tagen mit steifem Wind bis stürmischen Böen (Bft. 7-8) in der letzten Monatsdekade.

Mystische Morgennebelstimmung an der Weser bei Polle am 27.12. ©A. Mokross

Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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