Ein erster Besuch des Winters?

Wie schon im Beitrag vom Mittwoch erwähnt, steht in der neuen Woche voraussichtlich ein erster winterlicher Witterungsabschnitt bevor. Die Fragezeichen sind mittlerweile zumindest in Sachen Temperatur kleiner geworden. Da uns nun ab Montagabend zudem ein Niederschlagsgebiet überqueren soll,  ist auf jeden Fall Vorsicht im Straßenverkehr geboten.

Vor allem in der Nacht zum Dienstag und am Dienstagmorgen könnte die Schneefallgrenze nach aktuellem Stand bis in tiefste Lagen absinken. Ob dies bereits zur vorübergehenden Ausbildung einer Schneedecke auch im Oberwesertal reicht (und dies dann auch Eingang in die lokale Messreihe findet, für die der Klimamesstermin um 06:50 Uhr MEZ maßgeblich ist), bleibt abzuwarten, hierzu wären aufgrund der noch recht warmen Böden kräftigere Niederschläge in fester Form nötig. Anders sieht es natürlich in den höheren Lagen des Sollings aus, hier dürfte es zumindest für ein paar Stunden „weiß“ werden, vielleicht aber auch schon etwas länger, denn die Temperaturen würden nach dem momentanen Stand dort ab Dienstag auch tagsüber im Bereich um den Gefrierpunkt verharren, während es in den tieferen Lagen bei Tageswerten von 3-5 Grad eher nasskalt werden dürfte, in Schauern auch darunter.

Ob es aber gleich so dicke kommt, wie es das amerikanische GFS-Modell heute Morgen berechnet, bleibt freilich abzuwarten und erscheint derzeit doch eher zweifelhaft: Dort wird für die Nächte zum Mittwoch und Donnerstag sogar mäßiger (am Donnerstag vereinzelt sogar strenger) Frost angezeigt, während es das deutsche ICON-Modell bei leichtem Frost belässt. Auszuschließen ist die GFS-Variante zwar nicht, aber dazu müssten dann mehrere Faktoren zusammenkommen: Die Ausbildung einer Schneedecke plus längeres nächtliches Aufklaren sowie Windstille oder nur sehr schwacher Wind.

Die Modellrechnungen für die Minima in 2 m Höhe bis Mittwochmorgen:

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Quelle: http://www.wetter3.de

Ob es dann für solche Bilder reicht, wissen wir in zwei Tagen:

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Wie lange dieser Witterungsabschnitt anhalten wird, ist unklar. Aktuell sieht es nach Wochenmitte nach einer leichten, aber nicht durchgreifenden Milderung aus. Zumindest im Solling bliebe es dann erst einmal tendenziell frühwinterlich.
Auf die Modelluntersicherheit sei hier zumindest der guten Form halber noch einmal ausdrücklich hingewiesen.

Ein sogenannter Polarwirbel fegt durch den Blätterwald

Nein, es konnte nicht gutgehen. Auch wenn es lange Zeit verdächtig ruhig geblieben war. Nun wissen wir: es war nur die Ruhe vor dem eisigen Sturm, der aus einem Teil der professionellen Meteorologie, von bösen Schweizer Zungen gerne als Vollpfostenmeteorologen bezeichnet, regelmäßig seit Jahren im Laufe des Spätsommers, spätestens aber im Oktober, mit orkanartiger Lautstärke herausbricht und es anschließend auf dem Boulevard schlagzeilt: Droht uns ein Extremwinter?

Dabei durfte man in diesem Herbst tatsächlich kurzzeitig hoffen, dass es anders laufen könnte, wurde doch das Thema Horror frühzeitig von sogenannten „Horrorclowns“ besetzt, die die verfügbaren Kapazitäten der Erregungsindustrie weitgehend binden konnten. Leider aber nicht vollständig, so dass sich in den Redaktionsstuben dann doch noch jemand an die Sache mit dem Winter erinnert haben muss. Also mal schnell in Bad Kreuznach nachgefragt, wo man sich mit Eis- und Horrorwintern besonders gut auskennt, aber – wie gesagt: man durfte tatsächlich kurzzeitig hoffen, dass es anders laufen könnte als sonst in diesem Jahr – von dort kam überraschenderweise nichts Apokalyptisches, und dass der kommende Winter möglicherweise erneut recht mild werden könnte, aber durchaus auch winterliche Witterungsphasen drin sind, vor allem in höheren Lagen: also bitte, wer will sowas denn lesen, da könnte man ja gleich den Deutschen Wetterdienst fragen. Wie langweilig.

Vermutlich hat sich die Redaktion von „wetteronline“ noch nicht einmal allzuviel Böses dabei gedacht, als sie am 27.10. im „Thema des Tages“ die aktuelle Situation auf der Nordhalbkugel einigermaßen allgemeinverständlich versucht hat zu erklären, wobei es natürlich auch dort erkennbar darum ging, die Winterfans, die gleich persönlich angesprochen wurden, bei Klicklaune zu halten, womit das Drama langsam aber sicher seinen Lauf nahm.

Denn auch die Praktikanten von express, focus, Bunte und Co. haben offenbar auf der Suche nach einem Anschlussthema für die Gruselclowns mitgelesen oder doch zumindest einer von ihnen, der Rest hat dann einfach abgeschrieben und die Extremwinterschraube dabei jedesmal noch ein wenig weiter gedreht. Nun droht er also wieder, wie in jedem Jahr, der „Eiswinter“, er könnte natürlich auch ein „eisiger Jahrhundertwinter“ werden, jedenfalls „bitterkalt“ mit „klirrender Kälte“ und sogar „Schnee bis Sizilien“.

Bis hierhin ist es eigentlich nur die übliche und mittlerweile zunehmend stinklangweilige Folklore um den Winter, die seit ein paar Jahren zusätzlich noch verstärkt wird durch Seiten im Netz, deren Namen hier bewusst nicht genannt werden, um den Scharlatanen und Wirrköpfen nicht noch weitere Leser zuzuführen.

Eines ist aber diesmal anders: Während man sich bisher bei den Jahrtausendwinter-prognosen auf so ulkige Utensilien wie die „Wetterkerze“ bzw. ihren Besitzer stützte  und damit einem Großteil des Publikums die reale Chance einräumte, diesen Schmarrn als ebensolchen zu erkennen, versucht man sich in diesem Jahr auf dem eisglatten Parkett des Boulevards mit handfesten meteorologischen Erörterungen dem Abschreiben von Begriffen, von denen man nichts versteht – womit wir wieder beim Bericht von „wetteronline“ sind, denn dort hatte man etwas von einem „Polarwirbel“ geschrieben und eigentlich auch gleich mit recht einfachen Worten versucht zu erklären, worum es sich dabei handelt, aber nun hat der Boulevardjournalist von heute ja erstens Besseres zu tun als bis zum dritten Absatz weiterzulesen und womöglich anschließend auch noch eine seriöse Netzrecherche zu betreiben und zweitens soll ja nun auch niemand mit überflüssigen Fakten und  komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhängen gelangweilt werden.

Dem „Express“ schwante jedenfalls schnell, dass es sich bei diesem Polarwirbel um etwas ganz Spezielles handeln muss und stellte diesem eigenartigen Wesen vorsichtshalber ein Wort voran, das ihn noch etwas geheimnisvoller erscheinen lässt:

Quelle: Express011108

Hm, ist ja ganz nett, so ein um den Nordpol kreisender Wind mit dem Namen „Polarwirbel“, aber irgendwie doch auch ein bisschen öde, wird man wohl im Nachhinein bei der DuMont-Mediengruppe gedacht haben, irgendwie fehlt der Geschichte noch ein Stück Pfeffer. Da trifft es sich ganz gut, dass man gleich mehrere Boulevardtitel besitzt und somit gleich die kostenlose Weiterverwertung der eigenen Unkenntnis betreiben und zugleich noch einen (oder mehrere?) Polarwirbel drauflegen kann: Die Mopo und die Polarwirbel

Doch damit dürfte der Höhepunkt vermutlich noch längst nicht erreicht sein, auch wenn Wortschöpfungen wie „das Deutsche Wetterinstitut“ die Schwachsinnslatte schon ziemlich hoch gelegt haben.
Und es beruhigt keineswegs, dass „wetteronline“ heute erneut im Thema des Tages mit dem Feuer Eis und Schnee spielt und auf der Nordhalbkugel eine „Schneebedeckung auf Rekordhoch“ ermittelt haben will (um gleich einen Satz später einzuschränken, dass es 1976 doch noch mehr Schnee gegeben hat, was dem Begriff „Rekord“ eine recht kreative Bedeutung verleiht) – vielmehr dürfte auch darauf in Kürze ein entsprechendes mediales Echo erfolgen, wobei vermutlich vor lauter Horror irgendwann die Schlagworte und -zeilen ausgehen dürften.

Offen bleibt (mal wieder) die Frage, was eigentlich passiert, wenn es tatsächlich mal einen „Eiswinter“ mit all der „klirrenden Kälte“ geben sollte: Wer ständig lauten (Fehl)Alarm macht, dem fehlen vielleicht die Worte, wenn es wirklich mal drauf ankommt.

Versuchen wir uns zum Ende dieses ganzen Wirbels nun noch an einer Antwort auf die Frage, was das alles für unseren deutschen bzw. regionalen Winter 2016/17 bedeutet. Sie lautet leider ganz schlicht: Vermutlich überhaupt nichts. Das angeblich frühzeitige Stellen irgendwelcher „Weichen“ für den Winter entpuppt sich bei etwas näherer Betrachtung als rein spekulatives Aneinanderreihen von Puzzleteilchen, die nur auf den ersten Blick ineinandergreifen und auf den zweiten völlig neu sortiert werden müssen.

Dazu nur ein kurzer Abriss der letzten Jahre: Was hatten wir vor einem Jahr? Den deutschlandweit wärmsten und regional zweitwärmsten November seit Aufzeichnungsbeginn. Was folgte? Ein sehr milder Winter mit kurzen winterlichen Abschnitten im Januar. Und welcher Winter war der kälteste und längste seit 1996?
Das war 2009/2010. Und was ging dem für ein November voraus? Der regional wärmste aller Zeiten. Oder anders rum: wann war es zuletzt im November frühzeitig mal richtig winterlich? Das war 1998 und richtig kalt war es fünf Jahre zuvor – die beiden nachfolgenden Winter verliefen dann überwiegend mild.

Daher lassen wir den November doch einfach das sein, was er ist: Der Übergangsmonat vom meteorologischen Herbst in den Frühwinter. Und dabei kann es durchaus auch einmal vorübergehend frühwinterliches Wetter geben, das ist nicht gleich deshalb ungewöhnlich, weil es in den letzten Jahren nicht der Fall war. Außergewöhnlich wäre es auf keinen Fall, wenn es in der kommenden Woche so kommt, wie es die Wettermodelle momentan überwiegend berechnen: Nasskalt in den tiefen Lagen und ein erster Wintergruß mit Flocken bis in mittlere Lagen, die sich vielleicht auch schon mal bis weiter runter untermischen können. Im Solling wäre dann auch die erste Schneedecke möglich, wenn alles zusammenpasst.

Eine Schlagzeile wäre das aber kaum wert, die sollte man sich auch in aufgeregten Zeiten für die wirklich außergewöhnlichen Ereignisse aufbewahren, auch beim Wetter. Und davon hatten wir zuletzt gleich zwei in Sachen Wintereinbruch: Im letzten Herbst fiel  der erste Schnee im Solling  bereits Mitte Oktober und damit so früh wie selten und seit mindestens 50 Jahren nicht mehr und Ende April gab es zudem den spätesten Winterrückfall seit 27 Jahren. Und darüber haben wir dann auch in unserer Heimatzeitung entsprechend berichtet:

TAH vom 15.10.2015:

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TAH vom 28.04.2016:tah-28042016_2

Bleibt noch die Frage nach diesen sogenannten Polarwirbeln. Der Wirbel um den Wirbel hat die Express-Seite bei der google-Suche mittlerweile ganz nach oben befördert, aber seriöse Alternativen gibt es selbstverständlich auch:Wikipedia oder DWD und noch viele weitere. Man muss halt etwas suchen und die Quelle einordnen. Aber das gilt ja nun wahrlich nicht nur bei Wetterthemen.

Oktober 2016: Grau statt Golden

Wie schon 2015 lag die Mitteltemperatur des Oktobers im Jahr 2016 etwas unter den langjährigen Klimawerten. Mit 9,1 °C wurde an der DWD-Station in Bevern die Marke von 9,5 °C (Klimamittel 1961-1990) um 0,4 Kelvin unterschritten; gegenüber dem Mittel der Jahre 1981-2010 betrug die Abweichung -0,6 K. Nach dem zweitwärmsten September der lokalen Messreihe, der mit einer Mitteltemperatur von 17,4 °C als ausgewachsener Hochsommermonat daherkam, war der Absturz also nicht nur gefühlt, sondern auch gemessen außergewöhnlich kräftig.

Nach zuvor drei sehr trockenen Monaten in Serie fiel im Oktober deutlich mehr Regen, was vor allem auf die Großwetterlage des Typs „Tief Mitteleuropa“ ab Ende der zweiten Dekade zurückging, die gerade unserer Region vom 19.-23.10. ergiebige Niederschläge bescherte. Zum Monatsende blieb es dann aber wieder trocken, in den letzten sieben Tagen fiel so gut wie kein Regen mehr. Die Monatssumme an der Beveraner Station betrug 92,7 mm, womit die langjährigen Monatswerte um gut 76% (1961-1990) bzw. knapp 43% (1981-2010) übertroffen wurden. Hier hat sich seit der vorläufigen Auswertung vom Sonntag nichts mehr getan, weil es bis zum Ende des Monats (beim Niederschlag ist der letzte Messtermin um 05:50 Uhr UTC des Folgetages, in diesem Fall also am 01.11. um 06:50 MEZ) trocken blieb.

Dank einer etwas freundlicheren Phase in den letzten Tagen schaffte es der Oktober 2016 bei der Sonnenscheindauer doch noch mit Mühe über die 50%-Marke der langjährigen Mittelwerte. Das gewichtete Mittel der sechs Umgebungsstationen des DWD mit Sonnenscheinmessung (im Uhrzeigersinn sind dies: Hameln, Alfeld, Göttingen, Warburg, Bad Lippspringe und Lügde-Paenbruch) betrug am Ende 50,9 Stunden und lag damit so niedrig wie selten im Oktober und deutlich mehr auf November-Niveau. Nur 1974 und 1998 war es im zweiten meteorologischen  Herbstmonat noch trüber. Von den (allerdings potenziell immer noch zumindest leicht fehlerbehafteten) Klimawerten weicht der aktuelle Monatswert um 47,5 Stunden oder 48,3% (1961-1990) bzw. um 45,2 Stunden oder 47% (1981-2010) nach unten ab.

Aufgrund der häufigen dichten Wolkendecke und des Ausbleibens von Warmluftvorstößen aus südlichen Breiten lagen die Tageshöchstwerte einerseits kaum einmal über der 15-Grad-Marke, das Monatsmaximum betrug 18,2 °C am 16.10. Anderseits verhinderte die Bewölkung nennenswerte nächtliche Ausstrahlungen und damit verbundene deutliche Abkühlungen, so dass im Oktober weder Luft- noch Bodenfrost gemessen wurde – letzteres zum ersten Mal seit 2006 nicht mehr.*

Im etwas wärmeren Mikroklima des Holzmindener Stadtgebietes auf 93 m Höhe betrug das Monatsmittel bei der Temperatur 9,5 °C, während beim Niederschlag mit 85,3 mm ein etwas niedrigerer Wert als in Bevern gemessen wurde.

*Datenbasis bis auf die eigenen Messungen in Holzminden: Deutscher Wetterdienst DWD, teilweise bearbeitet.

Der Oktober, der ein November war

Auf eine Farbenpracht wie in den Vorjahren wartete man auch in unserer Region bisher vergeblich, statt des sprichtwörlich „goldenen“ Oktobers liegt ein ungewöhnlich sonnenscheinarmer Monat hinter uns. Zwei Tage vor Monatsende wurden gerade einmal 47 Sonnenstunden registriert; in der Gesamtbilanz, die im Laufe des Dienstags erstellt wird, werden wohl gerade mal rund 50% des langjährigen Mittelwertes stehen.
Nach drei deutlich zu trockenen Monaten fiel der Oktober 2016 niederschlagsreich aus: 92,7 mm Regen waren es bisher an der DWD-Station in Bevern (110 m), das sind gut 75% mehr als im Mittel der Jahre 1961-1990. Private Messungen an zwei Standorten im Norden und in Innenstadtnähe Holzmindens kommen auf 88,6 bzw. 85,3 mm.
Die Monatsmitteltemperatur wird voraussichlich 9,1 °C (DWD Bevern) betragen und damit etwas unter den 30-Jahres-Mitteln der Klimazeiträume 1961-1990 (9,5 °C) bzw. 1981-2010 (9,7 °C) liegen. Der Oktober 2016 ist damit der erste Monat mit einer negativen Abweichung vom Klimamittel in diesem Jahr und der erste seit dem vergangenen Oktober, der mit 8,8 °C noch etwas kälter ausgefallen war. Damals hatte ein kurzer, aber ungewöhnlich früher Wintergruß die lokalen Wetterschlagzeilen bestimmt, als bereits am 14. der erste Schnee ab etwa 200 m Höhenlage gemeldet wurde. Davon blieb dieser Oktober ein ganzes Stück entfernt, zum ersten Mal seit zehn Jahren blieb der zweite meteorologische Herbstmonat sogar bodenfrostfrei. Dass er dennoch als relativ kühl in die Klimareihe eingeht, lag neben der vorherrschenden dichten Bewölkung vor allem am Ausbleiben warmer Luftmassen aus südlichen Breiten, die im vergangenen Jahr das Wetter in der ersten Woche des Monats und dann sogar noch einmal Anfang November bestimmt hatten. In diesem Jahr wird diese sog. Singularität namens Martini-Sommer oder Martinssommer aber ausbleiben, denn nach der vorübergehend etwas freundlicheren und milderen Witterung an diesem Wochenende sehen die Wettermodelle in guter Übereinstimmung zum Start in den November eine zyklonal geprägte Nordwestlage, und das heißt für uns: Viele Wolken, zeitweise Regen und ab Wochenmitte leicht untertemperiertes Herbstwetter In den höheren Lagen der Umgebung, v.a. im Solling, dürfte der Wettercharakter im Laufe der Woche als nasskalt empfunden werden.