Nach über acht Jahren werden in der zur Stadt Holzminden gehörenden Sollingortschaft Silberborn wieder meteorologische Messungen durchgeführt. Nachdem der DWD den Betrieb der damaligen „Kurklimastation“ mit Ablauf des 30.09.2008 nach über 25 Jahren am Standort Sollinger Landstraße/Anemonenweg (auf 440 m ü. NN) eingestellt hatte, entstand leider eine bis in diese Woche reichende schmerzliche Messlücke. Diese wird im Nachhinein zwar nicht mehr zu schließen sein, da die speziellen mikroklimatischen Verhältnisse im Hochsolling keine Stopfung mittels Rastermittelwerten zulassen und auch eine Interpolation aus Daten umliegender Stationen sehr fehleranfällig wäre und zudem immensen Arbeitsaufwand erfordern würde, aber ein Anfang zum Neuanfang konnte nun in diesen Tagen endlich in Angriff genommen werden.
Leider blieben Anregungen an den Deutschen Wetterdienst, die Fortschreibung dieser Klimareihe mittels der erprobten AMDA-III-Technik, wie sie sich heute an den fast vollautomatisch arbeitenden Nebenamtstationen wie zum Beispiel in Bevern (seit 01.07.2006 als Nachfolgestation von Holzminden nach zuvor fast 15jähriger Unterbrechung!) im Einsatz befinden, ohne Erfolg, so dass letztlich nur privates und ehrenamtliches Engagement in Frage kam. Dieses unterstützt der DWD aber nun immerhin mit einem Standard-Niederschlagsmesser nach Hellmann, wie er auch aktuell noch an den konventionellen Niederschlagsstationen im Bundesgebiet, von denen es noch mehrere Hundert gibt, verwendet wird. Konventionelle Niederschlagsmessung bedeutet, dass das Auffanggefäß jeden Morgen, idealerweise zum offiziellen Messtermin um 05:50 Uhr UTC (entspricht 06:50 Uhr MEZ bzw. 07:50 Uhr MESZ) vollständig in einen Messzylinder entleert und die in den vergangenen 24 Stunden gefallene Regenmenge auf Augenhöhe in Millimetern mit einer Nachkommastelle abgelesen wird. An den automatisierten Stationen erledigt dies ein mit elektronischer Technik ausgestatteter Niederschlagsmesser namens Pluvio-Ott.
Der vom DWD zur Verfügung gestellte konventionelle „Hellmann“, benannt nach seinem Erfinder, dem preußischen Meteorologen Gustav Hellmann, der dieses Instrument um 1886 entwickelt hat, (zum Weiterlesen: Wikipedia) ist eines von zwei Geräten dieser Art, die seit dem 08.11.2016 in Silberborn zum Einsatz kommen. Mit dem zweiten Niederschlagsmesser wird bei Schneefällen die lückenlose und korrekte Messung sichergestellt: Zum Ablesetermin am Morgen nimmt der Beobachter den kompletten Behälter aus der Halterung, setzt den zweiten Behälter ein und bringt den anderen zum Tauen des Schnees ins Innere, verschließt dabei das Auffanggefäß mit einem Deckel oder ähnlichem, um ein Verdunsten zu Verhindern. Aus diesem Grund soll das Gerät auch nicht an die Heizung gestellt werden, ein kühlerer Hausflur reicht völlig aus. Erst nachdem der komplette Schnee getaut und in flüssiger Form in die Sammelkanne gelaufen ist, erfolgt dann die Ablesung. Den zweiten Hellmann hat uns freundlicherweise ein engagierter und seit vielen Jahren selbst mit einer professionellen Wetterstation in Bocholt aktiver Hobbymeteorologe zur Verfügung gestellt, für dessen Unterstützung ich mich auch hier bedanken möchte.
Für die in Silberborn sehr wichtige Aufgabe der Messungen von Hand, zu denen auch die Schneehöhenmessungen zählen, hat sich für die Anfangsphase der amtierende Ortsbürgermeister gern zur Verfügung gestellt, dessen Engagement in dieser Sache es überhaupt erst zu verdanken ist, dass in dieser Woche sehr zügig der Aufbau einer neuen Wetterstation begonnen werden konnte. Am Mittwoch gab auch das Grünamt der Stadt Holzminden das Okay für die Nutzung des in kommunalem Eigentum stehenden großzügigen Grundstücks „Am Kurpark“ neben dem Dorfgemeinschaftshaus, so dass wir am Donnerstag eine Station des Herstellers Davis, Typ Vantage Pro 2 aktiv plus, auf dem unteren Teil des Rasens auf 428 m Höhe über NN aufstellen und in Betrieb nehmen konnten. Hiermit werden die Lufttemperatur in 2 m Höhe (strahlungsgeschützt und aktiv belüftet), Luftfeuchte, Sonnenstrahlungsenergie und Windrichtung und -geschwindigkeit sowie auch die Niederschlagsmenge mittels Kippwaagenprinzip gemessen und per Funksignal an einen im Gebäude befindlichen Empfänger gesendet.
Dabei ist zu beachten, dass es sich erst um einen Anfang handelt, bei dem einige Dinge noch provisorisch laufen und nach und nach ergänzt und verbessert werden sollen. So ist die Messhöhe von etwas über 2 m über Grund nicht hoch genug, um die Windgeschwindigkeit korrekt zu ermitteln, hier wird sich hoffentlich im Laufe der Zeit eine Möglichkeit finden, den Windmesser höher zu positionieren. Inwieweit die Messungen der Strahlungsenergie ausreichen, um daraus die Sonnenscheindauer ableiten zu können, bleibt abzuwarten, aufgrund des Baumbewuchses in der Umgebung wird aber auch hierfür wohl ein anderer, höherer Messplatz erforderlich sein. Nach der Kalibrierung des Temperatursensors und der Auswertung der ersten Messungen ist zudem noch die Einrichtung eines Bodenmessfeldes für die Ermittlung der Temperatur in 5 cm Höhe geplant. Die automatische Niederschlagsmessung kann aufgrund der fehlenden Beheizung (Schnee taut dann im Winter nur verzögert und bei längeren Frostphasen über Tage hinweg nicht), der geringeren Auflösung von 0,2 mm und der nach persönlicher Erfahrung zu hohen Fehleranfälligkeit die konventionelle Messung durch einen Beobachter nicht ersetzen, aber doch immerhin bei flüssigen Niederschlägen helfen, Messausfälle zu vermeiden.
Für die Umsetzung dieser Ziele wie auch die mittelfristig angedachte Verwendung einer Strahlungsschutz-Temperaturhütte des Typs LAM630 des Herstellers Eigenbrodt, wie sie der DWD verwendet, braucht das Projekt aber auf jeden Fall Unterstützer und Sponsoren, ebenso wie für die Beobachtungstätigkeiten (Niederschlags- und Schneehöhenmessungen) noch freiwillige, engagierte und zuverlässige Helfer gesucht werden.
Die aktuell vorrangig zu bearbeitende Baustelle ist aber der bisher fehlende Internetanschluss im Gebäude des Dorfgemeinschaftshauses, in dem sich auch ein stundenweise besetztes Büro der Tourist-Information der Stadt Holzminden befindet. Derzeit müssen die gespeicherten Messwerte regelmäßig vor Ort mittels Laptop ausgelesen und weiterverarbeitet werden. Wir hoffen, hier zeitnah die technische Verbesserung erreichen zu können und dann nicht nur aus der Ferne auf den Speicher zugreifen, sondern auch eine Internetpräsenz erstellen zu können, auf der die direkt von der Station gemeldeten Daten dargestellt werden.
Erste Messwerte haben wir auch schon: Am Dienstagmorgen lagen im Bereich des Stationsfeldes 2 cm, an anderen Stellen des Ortes auch 3 cm Schnee. Das Temperaturmaximum lag am gestrigen Freitag mit 0,8 °C nur wenig über dem Gefrierpunkt und in der vergangenen Nacht gab es mit einem Tiefstwert von -4,9 °C mäßigen Frost. Auch für diese Höhenlage sind das nicht alljährlich auftretende frühzeitige winterliche Werte.
Über den Fortgang des Projektes wird in diesem Blog auf jeden Fall berichtet.