Rekordniederschläge statt Freibadwetter: Tiedruckgebiet „Alfred“ setzte mit über 48stündigem Dauerregen die Region unter Wasser und den Hochsommer schachmatt. Dabei wurden an vielen Stationen neue Rekordmengen gemessen. Vor allem kleinere Bäche traten über die Ufer und ergießen sich auch heute Abend nach dem Abzug des Regengebietes noch über die Straßen. Die Weser, die die Regenfälle zunächst noch gut aufnehmen konnte, wird zunächst noch weiter ansteigen, von einer ausgeprägten Hochwasserlage ist aufgrund der Wetterberuhigung aber nicht auszugehen. In Sachen Schadensbilanz zum Glück kein herausragendes Ereignis (auch wenn einige Keller vollliefen), aus meteorologischer Sicht hingegen sogar ein Jahrhundertregen.
Zwar wurde an keiner Wetterstation des Landkreises ein neuer Tagesrekord aufgestellt – da bleiben im Süden weiterhin der 17.07.2002 mit 77,5 mm (DWD-Station im benachbarten Lüchtringen) bzw. im Nordosten der 03.07.2008 mit 106,7 mm (Station Eimen-Vorwohle) vorn – bezogen auf den Dauerregen, der am Montagmorgen gegen 07:30 Uhr begann und sich bis in den Mittwochvormittag zog, sind aber die 48-Stunden-Summen von Montag bis Mittwoch 07:50 Uhr MESZ (offizielle Ablesetermine für die Niederschlagsmeldung) von viel größerer Bedeutung. Und da gab es nahezu überall in der Region neue Rekordmengen, da bisher entweder einzelne Tagesspitzenwerte wie die oben erwähnten isoliert auftraten oder die Dauerregenlagen über mehrere Tage hinweg nicht derart intensiv ausgeprägt waren. Die Zweitagessummen lagen zwischen knapp 90 und über 150 mm:
Eimen-Vorwohle (DWD): 150,7 mm
Silberborn-Kurgarten (privat): 144,3 mm
Uslar (DWD): 115,9 mm
Bevern (DWD): 102,9 mm
Bodenfelde-Amelith (DWD): 98,0 mm
Ottenstein (DWD): 91,3 mm
Lüchtringen (DWD): 91,0 mm
Holzminden-Stadt (privat): 88,9 mm
Zur Einordnung: Die langjährigen Mittelwerte (1961-1990) liegen an den Tieflandstationen bei etwa 75 mm und in Silberborn bei 92 mm. Wohlgemerkt Monatsmittelwerte!
Die Juli-Monatsrekorde der langjährigen DWD-Stationen sind somit kurz vor dem Fall (in Bevern, Nachfolgestation von Holzminden, fehlen noch knapp 3 mm zum bisherigen Rekord aus dem Juli 1956) oder bereits übertroffen: In Vorwohle kamen in diesem Juli bis heute 07:50 Uhr 239,5 mm zusammen und damit bereits sechs Tage vor Monatsende mehr als im bisherigen Rekordmonat Juli 1954, der es auf 234,3 mm brachte. Dort ist es sogar ein Monatsrekord für die gesamte Messreihe (seit 1941) – also nicht nur auf den Juli bezogen, während die höchsten bisher gemessenen Monatssummen in Lüchtringen (und wohl auch in Bevern/Holzminden, deren Klimareihe mit der ärgerlichen Messlücke von August 1991 bis Juli 2006 leben muss) aus dem Oktober 1998 stammen (Lüchtringen: 217,4 mm, Bevern interpoliert 224,5 mm). Diese Werte sind nach aktuellem Stand nicht akut in Gefahr, wobei aber noch die Option auf Gewitter mit Starkregen am Sonntag und Montag besteht.
Ursache für den ergiebigen Dauerregen war Tief „Alfred“, das sich im Zuge der Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“ zu Wochenbeginn über der Mitte Deutschlands eingenistet hatte und sich nur sehr langsam nordöstlich verlagerte. An seiner Nord- und Westflanke kam es dabei zu kräftigen Hebungsprozessen, in die auch warme Luftmassen in höheren Schichten einbezogen wurden, die auf die kühlere bodennahe Luft aufglitten und zu den rekordträchtigen Regenfällen führten. Anders als bei gewittrigen Starkregenereignissen wie am vorvergangenen Montag, bei denen sehr große Mengen lokal begrenzt in sehr kurzer Zeit vom Himmel kommen, sorgt eine solche Wetterlage für sehr hohe Regenmengen in der Fläche.
Die Boden- und Höhenkarten dazu (Quelle: Wetterpate FU Berlin und Wetterzentrale):
Zur Fotogalerie des Täglichen Anzeiger Holzminden: TAH
Danke für den informativen Bericht !
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