Auf den Tag genau elf Jahre nach Orkan Kyrill erlebte die Region ein außergewöhnlich kräftiges Sturmereignis. Kurz nach zwölf Uhr mittags erreichten die ersten schweren Sturmböen den Landkreis und steigerten sich über die Mittagszeit bis zu orkanartigen, vereinzelt wohl auch vollen Orkanböen. Diverse Straßen mussten wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden, an der Holzmindener Bleiche hinterließ ein herabstürzender dicker Ast von einer der am Straßenrand stehenden Kastanien Totalschaden an einem fahrenden PKW, ließ den Fahrer aber zum Glück unverletzt. Morgen fällt im gesamten Landkreis der Unterricht an den allgemein- und berufsbildenden Schulen aus. Mehr dazu in der Online-Berichterstattung des Täglichen Anzeigers TAH.
Die Spitzenböen der umliegenden Wetterstationen am 18.01.2017:
Beverungen-Drenke (meteogroup, 242 m) 144 km/h
Hofgeismar (meteogroup, 256 m): 126 km/h
Göttingen (DWD, 167 m): 111 km/h
Warburg (DWD, 236 m): 108 km/h
Northeim-Stöckheim (DWD, 109 m): 105 km/h
Höxter (meteogroup, 90 m): 104 km/h
Hameln (DWD, 68 m): 100 km/h
Lügde-Paenbruch (DWD, 258 m): 96 km/h
Alfeld (DWD, 144 m): 95 km/h
An der Station Alfeld wurde damit ein neuer Rekordwert aufgestellt, allerdings mit geringer Aussagekraft, da diese Station erst im Dezember 2007 in Betrieb genommen wurde. An den Umgebungsstationen mit längerer Messreihe wie Hameln (seit 1976) und Göttingen (Winddaten digital vorliegend seit 1969, die Station ist noch deutlich älter) ist es immerhin das sechsstärkste Sturmereignis. Spitzenreiter ist dort nicht Kyrill (dessen Zerstörungskraft in erster Linie in seiner langen Dauer bestand), sondern die Orkanserie vom Winter 1990: In Hameln erreichte „Vivian“ am 26.02.1990 bis 152 km/h, in Göttingen „Daria“ gut einen Monat zuvor am 25.01.1990 bis 124 km/h, wobei in Göttingen die Stationsverlegung im Jahr 1993 aus der Stadt nach Geismar aufs freie Feld zu einer Inhomogenität der Messreihe führte, so dass die Werte aus den Jahren davor nur bedingt zum Vergleich taugen.
Für die Stadt Holzminden, die selbst ja nicht über einen Windmesser eines Wetterdienstes verfügt, macht man sicher nichts falsch, wenn man für heute einen Spitzenwert annimmt wie er in Höxter gemessen wurde (104 km/h).
In höheren und freieren Lagen dürften über 110 km/h erreicht worden sein, genauer lässt sich dies leider nicht feststellen. Die deutschlandweit zu den höchsten Tageswerten zählende Messung aus Beverungen-Drenke dürfte der sehr exponierten Lage dieser Station geschuldet sein.
In unserer Region dürften damit überwiegend orkanartige Böen (Beaufort 11, 102-117 km/h) aufgetreten sein, vereinzelte Orkanböen (Beaufort 12, mindestens 118 km/h) sind nicht auszuschließen.
Insgesamt ist das Ereignis vor Ort von der Stärke her nach den vorliegenden Daten mit Orkan „Niklas“ vergleichbar, der am 31.03.2015 unter anderem das Dach des Holzmindener Hallenbades abgedeckt hatte. Ansonsten war es das stärkste Sturmereignis seit Kyrill am 18.01.2007. Das Warnmanagement des DWD funktionierte sehr gut, zwar wurde der Beginn potenzieller Orkanböen mit 10:00 Uhr recht früh angesetzt (die ursprüngliche Warnung des Vorabends lag mit 12:00 Uhr noch besser), aber besser so als anders herum – und die zunächst bis 22:00 andauerende Warnung vor Orkan konnte dann am frühen Abend herabgestuft werden. Nach 16:00 Uhr ließ der Sturm spür- und messbar nach und Friederike tobte sich dann vor allem in Sachsen-Anhalt aus, wo auf dem Brocken (1.134 m) mit 203 km/h der deutschlandweite Spitzenwert des Tages gemessen wurde, aber auch im Tiefland volle Orkanstärke herrschte, so am Flughafen Leipzig/Halle (131 m) mit 129 km/h oder am höher gelegenen Flugplatz Erfurt-Weimar auf 316 m mit 130 km/h.
Ein Gedanke zu „Orkan Friederike tobte mit über 100 km/h durch die Region“