Dieses Wetterjahr kann auch „kalt“

Außergewöhnliche Tiefstwerte am Samstagmorgen im Wesertal und im Solling

0,4 Grad am Samstagmorgen in Bevern und ein erster leichter Luftfrost in Silberborn – auf den ersten Blick sieht das für Ende September nach einer „Hund-beißt-Mann-Geschichte“ aus und scheint eher keine Meldung wert zu sein – doch wie so oft zeigt sich die Besonderheit des Moments erst nach genauerem Hinsehen. Und dieser Blick in die lokale Wettergeschichte lohnt sich, fördert er doch zutage, dass in Bevern ein neuer Rekordtiefstwert in einer dritten Septemberdekade gemessen wurde – mindestens zurück bis ins Jahr 1951, ab dem Tageswerte für die Klimareihe Holzminden und Bevern des Deutschen Wetterdienstes vorliegen. Und auch wenn man den gesamten Monat betrachtet, findet sich nur ein zweifelsfrei dokumentierter tieferer Wert: Am 16.09.1971 sank das Quecksilber am damaligen Stationsstandort Über dem Gerichte in Holzminden auf -0,5 °C, zugleich der einzige bisher überhaupt im September registrierte Luftfrost der Messreihe.
Fünf Zentimeter über dem Erdboden betrug der Tiefswert am heutigen Morgen in Bevern -1,8 °C – der erste Bodenfrost des Herbstes trat damit in diesem Jahr deutlich früher auf als im vergangenen, als erst am 6. November erstmals der Gefrierpunkt in dieser Messhöhe unterschritten wurde und das mit damals -0,3 auch nur geringfügig.

In Silberborn gab es an der privaten Station im Kurgarten mit einem Tiefstwert von -0,7 °C, vorschriftsgemäß zwei Meter über mit Rasen bewachsenem Grund und mit belüftetem Temperatursensor gemessen, sogar den ersten Luftfrost des Herbstes – und auch hier lohnt der Blick in die Messgeschichte, denn anders als man angesichts der Höhenlage von über 400 m vermuten dürfte, ist Septemberfrost auch im Hochsolling ein äußerst seltenes Ereignis. Während der Messungen der Kurklimastation im DWD in den Jahren 1975 bis 2008 (in den ersten acht Jahren in Neuhaus) ist kein einziger Frost in einem September gemessen worden und auch wenn man die Klimareihe in Torfhaus auf 491 m Höhe von 1937-1966 zu Rate zieht, finden sich lediglich in den Septembern der Jahre 1939 und 1943 vereinzelte Luftfröste im Hochsolling. Leider existieren von dort aus den Jahren 1968-1974 und 2009-2016 keine Messungen.

Interessant ist auch der Vergleich des Temperaturverlaufs an diesem Morgen:
Während die Tiefstwerte an beiden Stationsstandorten gegen 07:15 Uhr erreicht wurden, war es in Silberborn zwei Stunden später schon fast neun Grad wärmer, in Bevern hingegen verharrte die Temperatur zunächst eine halbe Stunde um das Minimum herum und stieg dann sehr zögerlich an, hier ging es bis 09:15 Uhr nur um gut drei Grad aufwärts. Während sich die schwerere Kaltluft wie im Lehrbuch talwärts sammelte und sich über der Weser zudem Nebel bildete, profitierte Silberborn bereits von der Ende September immer noch recht kräftigen Sonnenstrahlung.

Das Wetterjahr 2018 bleibt sich also auch in diesen Tagen treu nach dem Motto:
Ich kann alles außer Mittelmaß.

Den besten Blick hatten Gleitschirmflieger von oben auf das Naturschauspiel:

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Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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