Der Oktober 2020 war mild, nass und sehr trüb
Nach den vielen sehr sonnigen Monaten von März bis September dominierte im zweiten meteorologischen Herbstmonat oft starke bis geschlossene Bewölkung und sorgte trotz der zunehmenden Laubeinfärbung dafür, dass der Oktober 2020 wohl als vorwiegend grau in Erinnerung bleibt. Vom sprichwörtlich goldenen Oktober war kaum einmal etwas zu sehen, man musste schon Glück haben, einen der wenigen längeren freundlichen Abschnitte zu erwischen. Auch das zweite klassische Wetterbild des Herbstes in den Niederungen des Wesertals – von zähem Bodennebel geprägte Vormittage oder gar ganze Tage im Nebel – blieb nahezu vollständig aus. Für Fotografen gab es also eher wenig zu holen in diesem Monat, dafür bekam die Natur endlich größere Mengen des dringend benötigten Regens. Wie schon im Vorjahr fiel der Oktober ungewöhnlich niederschlagsreich aus, allerdings hatte es vor einem Jahr dazu sogar leicht überdurchschnittlich viel Sonnenschein gegeben, während in diesem Jahr nur etwas mehr als die Hälfte der langjährigen Mittelwerte erreicht wurde. Bei den Temperaturen gab es trotz einer kühlen zweiten Dekade unterm Strich ein recht deutliches Plus.
Mit einer Mitteltemperatur von 11,15 °C war der Oktober 2020 an der DWD-Station in Bevern um 1,44 Grad wärmer als im Mittel der Jahre 1981-2010. Damit war er der zwölftwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1934. In den letzten vier Jahren landete der Oktober bei mindestens 10,6 °C, erst zum zweiten Mal nach 1966-1969 gab es viermal in Folge eine zweistellige Mitteltemperatur. Die Jahre 2011-2020 markieren zudem den wärmsten Zehnjahresdurchschnitt im Oktober. Dennoch fällt die langfristige Erwärmung in keinem anderen Monat so gering aus: Das neue 30-Jahres-Mittel von 1991-2020 liegt mit 9,91 °C nur um 0,4 K über dem der Periode 1961-1990. Ähnlich verhalten ist die Entwicklung lediglich noch im September.
Bei den Temperaturen lässt sich der Oktober 2020 grob in drei Abschnitte einteilen, die in etwa auch den Monatsdekaden entsprechen: Auf eine warme, zu Beginn sogar sehr warme erste mit nochmals 20 °C am Feiertag zur Deutschen Einheit folgte eine kühle zweite und schließlich eine sehr milde dritte. An der positiven Temperaturabweichung waren diesmal die Tiefstwerte überproportional beteiligt, während die durchschnittliche Höchsttemperatur ein geringeres Plus aufwies. Die Ursache dafür liegt im vorwiegenden Tiefdruckeinfluss, bei dem die vielen Wolken einen stärkeren Anstieg der Tagestemperaturen ebenso verhinderten wie eine deutlichere nächtliche Auskühlung. Letztes wird auch durch einen Blick auf die sogenannten Kenntage untermauert: In Bevern wurde im Oktober weder Luft- noch Bodenfrost gemessen.
Frostfrei blieb es auch gut 300 m höher in Silberborn. Der tiefste Wert an der DTN-Unwetterreferenzstation im Kurgarten lag am 13.10. mit 1,2 °C noch recht deutlich über dem Gefrierpunkt. Insgesamt war der Oktober auch im Hochsolling recht mild, die Mitteltemperatur lag mit 8,9 °C allerdings nur um 0,9 K über dem dortigen Klimawert der Jahre 1981-2010. Die Beobachtung, dass die positiven Abweichungen zum Durchschnittswert in den höheren Lagen in diesem Monat geringer ausfielen als in den Niederungen, lässt sich für das gesamte Bundesgebiet feststellen. Am wärmsten war es auch in Silberborn am Feiertag am 3.10. mit einem Maximum von 18,2 °C. Das neue 30-Jahresmittel für die Jahre 1991-2020 liegt dort bei 8,1 °, damit fällt die Erwärmung des Oktobers in den letzten 30 Jahren im Hochsolling noch ein Stück schwächer aus als im Wesertal und beträgt nur gut 0,2 K.
Während der September noch deutlich zu trocken ausgefallen war, regnete es im Oktober häufig an insgesamt 24 Niederschlagstagen und zeitweise auch ergiebig. Höhepunkt waren zwei Regenbänder, die die Region am 22. und 23.10. überquerten und dabei Mengen von bis zu gut 30 mm innerhalb von nur 27 Stunden hinterließen, zeitweise in starken Schauern, die am Abend des 22. sogar von Blitz und Donner begleitet wurden.
Die Niederschlagssummen der Region lagen nicht nur deutlich über den langjährigen Mittelwerten, sie konnten auch das Defizit des Septembers mehr als ausgleichen, zumindest statistisch. In der Natur funktioniert diese Rechnung allerdings nicht: Trockenheit in der Vegetationsphase im Sommer-halbjahr kann nicht einfach durch überdurchschnittliche Regenmengen im Winterhalbjahr kompensiert werden, wie die letzten Jahre eindrucksvoll gezeigt haben. Dennoch trug der Oktoberregen natürlich ein Stück zur Entspannung in den Wäldern bei und spielt auch für das Grundwasser eine wichtige Rolle.
In Zahlen liest sich die Bilanz an den Messstellen der Region so: Bevern erreichte mit 94,3 mm rund 45% mehr als im Mittel der Jahre 1981-2010, Lüchtringen meldete 86,5 mm, in Ottenstein waren es 91,7 mm und in Hehlen 82,6 mm. Am wenigsten fiel in Polle mit 75,0 mm, im Osten und Südosten des Kreises war es deutlich mehr: Vorwohle kam auf 109,0 mm und Hellental sogar auf 123,2 mm. Ähnlich hoch war die Monatssumme in Silberborn mit 125 mm bei einem allerdings auch höheren Klimawert von 90,3 mm für die Jahre 1981-2010.
Für die Jahre 1991-2020 lässt sich am Standort Silberborn leider kein zuverlässiges neues Klimamittel beim Niederschlag bestimmen, die Unterbrechung der Messungen zwischen 2008 und 2016 wiegt dafür zu schwer. Anders als bei der Temperatur oder beim Sonnenschein sind Umrechnungen von Messwerten anderer Standorte beim Parameter Niederschlag angesichts der komplexen Topographie des Sollings kaum geeignet, zumal wenn es sich auch noch um eine Höhenlage handelt, die von den Umgebungsstationen nicht annähernd abgebildet wird. Somit lässt sich anhand der 21 Messjahre und der Gebietsmittelwerte aus den Jahren der Messlücke nur ein Näherungswert von ca. 89 mm ableiten.
Zwar gab es im Wesertal nach der Beendigung der Messungen in Holzminden Ende Juli 1991 eine noch längere Unterbrechung der Zeitreihe bis zur Inbetriebnahme der Klimastation in Bevern im Juli 2006, für den Niederschlag liegen aber mit Stahle (bis 2000), Negenborn (bis 1997) und Lüchtringen (bis heute) genügend Ersatzstationen auf vergleichbarer Höhenlage für eine Berechnung vor. Demnach liegt das neue 30-Jahresmittel für Bevern und Holzminden im Oktober bei 68,3 mm – ein deutlicher Zuwachs von gut 18 mm oder 36% gegenüber dem Durchschnitt von 1961-1990.
Kaum Bewegung gibt es dagegen bei der Entwicklung der Sonnenscheindauer. Seit 1951 wird dieser Parameter flächendeckend gemessen und egal, welchen langjährigen Zeitraum man auch nimmt – für unsere Region landet man bei den 30-Jahres-Mitteln immer bei etwas unter 100 Stunden. Die Spannbreite liegt dabei zwischen 177 Stunden im Jahr 1951 und ganzen 36 im Jahr 1974. Der aktuelle Oktober sortiert sich mit seinen 51 Stunden weit unten ein, zusammen mit 2016 auf dem drittletzten Platz. Nach 1974 war es nur 1998 mit 47 Stunden noch trüber.
Somit nimmt der Oktober – übrigens nicht nur lokal, sondern auch im bundesweiten Gebietsmittel – bei der klimatischen Entwicklung der vergangenen 30 Jahre eine Sonderstellung ein: Er ist der Monat mit der schwächsten Erwärmung, dem stärksten Niederschlagszuwachs und der bisher einzige, der keine Zunahme beim Sonnenschein aufweist, sondern sogar einen – wenn auch sehr leichten – Rückgang. Ein solcher dürfte sich bei der Sonnenscheindauer aber wohl auch im November einstellen, zumindest regional – es sei denn, der goldene Herbst findet in diesem Jahr mit etwas Verspätung doch noch statt.