Der Januar 2021 war durchschnittlich temperiert, sehr trüb und niederschlagsreich
Im Rückblick auf den Dezember 2020 war noch vom vierten Herbstmonat die Rede, der zweite meteorologische Wintermonat zeigte sich nunmehr der Jahreszeit entsprechend aufgelegt: Mäßig kalte Phasen wechselten sich in den Niederungen mit kurzen milden Abschnitten ab, in den höheren Lagen stellte sich zeitweise leichter Dauerfrost ein. Unter häufigem Tiefdruckeinfluss gab es regelmäßige und teils ergiebige Niederschläge, diese fielen unten überwiegend als Regen und oben meist als Schnee. Unabhängig von der Höhenlage war der Januar 2021 ein dunkler und trüber Monat, und wer nach längerem Sonnenschein suchte, musste bis zum letzten Tag warten.
Mit einer Monatstemperatur von 1,85 °C machte der Januar an der DWD-Station in Bevern eine Punktlandung auf dem 30-jährigen Mittelwert der aktuellen Klimaperiode 1991-2020 und zählt damit im Kontext der letzten zehn Jahre bereits zu den kälteren Vertretern. Gegenüber der alten Referenzperiode von 1961-1990 betrug die Abweichung +1,44 K. In manchen Darstellungen, auch denen der DWD-Pressestelle, wird dieser ältere Klimawert weiterhin vorrangig als Bezugsmittel genannt, dort ist von einem milden Januar die Rede.
Die Weltmeteorologie-Organisation WMO hat ihre Vorgaben 2017 überarbeitet und eine verbindliche Vorgabe durch eine Empfehlung ersetzt. Demnach sollen für Aufgaben des Klimamonitorings, wie z. B. monatliche und saisonale oder jährliche Anomalienkarten, die nicht auf die Überwachung des längerfristigen Klimawandels ausgerichtet sind, die jeweils jüngsten 30-Jahres-Klimanormalperioden verwendet und zukünftig alle zehn Jahre aktualisiert werden (statt zuvor nur alle 30 Jahre). Mit anderen Worten: Für Analysen wie diesen monatlichen Rückblick auf das lokale Wettergeschehen sollte die Bezugsgröße der neue Referenzzeitraum 1991-2020 sein, ab 2031 – so es ihn dann noch geben sollte – wäre der Zeitraum von 2001-2030 maßgeblich.
Wie unterschiedlich man die Normwerte zur Einordnung auch handhaben mag, an den absoluten Zahlen und Messwerten gibt es nichts zu rütteln. Demnach unterschied sich der Januar 2021 an der Station in Bevern bei den Kenntagen kaum von seinem deutlich wärmeren Vorgänger: Mit 13 Frost- und 20 Bodenfrosttagen gab es nur zwei bzw. einen mehr als im Januar 2020, bei den Eistagen steht in beiden Monaten eine Null und die Kältesumme bewegte sich mit 4,4 K nach 3,9 K auf nahezu gleichbleibend niedrigem Niveau. Auch der Tiefstwert von -5,4 °C fiel für Januar erneut sehr moderat aus, wenn auch etwas kälter als 2020 mit -4,4 °C. Dennoch lag die Monatsmitteltemperatur im aktuellen Januar um deutliche 2,5 K tiefer als vor einem Jahr. Wie erklärt sich dieser scheinbare Widerspruch?
Wenn man es bildlich beschreiben will, am besten so: Legt man die beiden Temperaturdiagramme übereinander, erscheint das 2021er wie „oben abgeschnitten“: Während es bei den genannten Kälteindikatoren kaum Unterschiede gab, fehlten dem aktuellen Januar über weite Strecken die milden und sehr milden Tage. Gab es vor einem Jahr noch 23 Tage mit einem Höchstwert von über fünf Grad, davon sieben über zehn Grad, waren es in diesem Januar lediglich acht Tage über fünf Grad, davon nur zwei über zehn Grad. Der Grund dafür liegt in den Großwetterlagen und den damit verbundenen Luftmassen: War der Januar 2020 überwiegend von West- und Südwestlagen geprägt, dominierten in diesem Jahr Nord- und Nordwestlagen. Gerade in der ersten Dekade hatten wir es mit einer anhaltenden Troglage zu tun, bei der gealterte Meeresluft polaren Ursprungs im Zusammenspiel mit meist geschlossener Bewölkung dafür sorgte, dass die Temperaturen sich in einem schmalen Korridor zwischen null und vier Grad bewegten. Im Wetterbericht ist dann oft von „mäßig kalt“ die Rede.
Daran änderte sich bis zur Monatsmitte wenig, wobei die Werte allerdings ein Stück zurückgingen, die Höchstwerte lagen nun nur noch knapp über dem Gefrierpunkt in den Niederungen. Anschließend griff der bis dahin abgemeldete Atlantik ins mitteleuropäische Wettergeschehen ein und sorgte für kurzzeitig deutliche Milderung und auffrischenden Wind. Da die Frontalzone, die polare Luft im Norden von subtropischer im Süden trennt, recht weit nach Süden verschoben war, sackten die Temperaturen rasch wieder ein Stück ab. Zum Monatsende hatte sich schließlich eine Luftmassengrenze über Norddeutschland gebildet, nordöstlich davon stellte sich teils Dauerfrost ein, südwestlich davon regierte deutlich mildere Luft – und unsere Region landete ziemlich genau zwischen den Stühlen im Gebiet ergiebiger Niederschläge. Im Laufe des Freitags (29.01.) rutschte der Landkreis allerdings für ein paar Stunden auf die wärmere Seite – und das reichte aus, um große Teile des zuvor liegenden Schnees auch in den höheren Lagen hinwegzuraffen.
Womit wir bei den Daten der DTN-Wetterstation in Silberborn wären, wo der Januar 2021 eine deutlich winterlichere Geschichte schrieb: Die Monatstemperatur lag mit -0,63 °C um fast 0,5 K unter dem dortigen Klimawert der Jahre 1991-2020, es gab 27 Frost- und elf Eistage und vor allem: Viele Schneedeckentage. Diese waren in den letzten Wintern auch im Hochsolling vergleichsweise selten geworden, in diesem Januar hingegen profitierten die Höhenzüge der Region deutlich von den häufigen Nord- und Nordwestlagen mit regelmäßigem Niederschlag. So konnte in Silberborn an 28 Tagen eine Schneedecke zwischen einem und 15 cm Höhe im Kurgarten registriert werden. Gebietsweise lag noch deutlich mehr, vor allem auf- und nordostwärts Richtung Dassel, aber auch auf der südöstlichen Seite des Sollings dem Naturraum südliches Sollingvorland zählt. Von den dortigen Höhenzügen stammen die Fotos, die freundlicherweise von Thomas Seliger zur Verfügung gestellt wurden.
(Sehr empfehlenswert: https://www.flickr.com/photos/tholiger/)
Doch auch in den tieferen Lagen reichte es anders als in den Vorjahren für zeitweise ergiebigere Schneefälle, von denen die zahlreichen Schneemänner aus den verschiedensten Orten des Kreises kündeten, die von ihren Erbauern auf Fotos festgehalten und im TAH veröffentlicht wurden. Ganz unten im Wesertal gerieten diese zwar deutlich kleiner, doch auch in Bevern konnten nach fast zwei Jahren wieder ein paar offizielle Schneedeckentage an den DWD gemeldet werden, insgesamt vier, wobei die maximale Höhe mit vier Zentimetern überschaubar blieb. Dort wie auf vergleichbarer Höhenlage fielen die Niederschläge meist als Regen oder Schneeregen, in Summe kamen in Bevern 84,9 mm zusammen, was gut neun Millimetern oder zwölf Prozent mehr als im Klimamittel von 1991-2020 entspricht.
Die Messwerte der weiteren DWD-Niederschlagsstationen zeigen sehr schön die geographische Vielfalt der Region: So meldete Lüchtringen auf 94 m Höhe 77,2 mm und sechs Schneedeckentage mit maximal drei Zentimetern, in Polle auf dem Wilmeröder Berg auf 270 m waren es 86,2 mm sowie 16 Tage mit bis zu zwölf Zentimetern Schnee und in Hehlen auf 133 m 89,1 mm bei elf Tagen mit bis elf Zentimetern. Ottenstein auf 295 m kam auf 90,6 mm, dabei lag an 20 Tagen Schnee bis zu 16 cm, in Vorwohle auf 265 m waren es elf Tage mit bis elf Zentimetern bei 73,7 mm Monatssumme. Die höchsten Werte kamen aus dem Solling und seinen Ausläufern: Amelith auf 258 m hatte 105,9 mm und 24 Schneetage, Hellental auf 270 m sogar 109,5 mm und 21 Tage bei jeweils bis zwölf Zentimetern Höhe.
Wie komplex das Mikroklima des Sollings ist, zeigen die Werte der DTN-Station in Silberborn auf 428 m: Dort gab es mit 28 zwar die meisten Schneedeckentage, mit 96,4 mm wurde aber das Klimamittel von ca. 104 mm sogar noch verfehlt. Allerdings ergab eine ausgiebige Prüfung der seit nun gut vier Jahren andauernden Messungen in Silberborn für den Niederschlag – anders als bei der Temperatur -einen gewissen Homogenitätsbruch zu den Messungen für den DWD in den Jahren 1983-2008 an der Sollinger Landstraße/Anemonenweg. Die im Kurgarten gewonnenen Werte scheinen im Vergleich etwas „zu niedrig“ zu sein, was kaum mit der geringen Höhendifferenz von gut zehn Metern zwischen beiden Standorten zu erklären ist. Vielmehr ist der aktuelle Standort ein ganzes Stück windiger – was für Windmessung unerlässlich und für die Temperaturmessung günstig ist (keine künstliche Überwärmung durch Thermikblasen im Sommer bei intensiver Sonneneinstrahlung), kann die Niederschlagsmengen leider nach unten verfälschen, weil Regen und Schnee am Auffanggefäß vorbeigeweht werden können. An einer Lösung wird derzeit gearbeitet, doch auch hier sorgt die Pandemie für Einschränkungen.
Unabhängig von Wind und Höhenlagen war der Januar landkreisweit ein sehr trüber Monat, bis zum vorletzten Tag sogar einer der sonnenscheinärmsten seit Aufzeichnungsbeginn. Mit Sonne von früh bis spät polierte der 31. – sinnvollerweise ein Sonntag – die Bilanz dann noch auf 22 Stunden auf. Das Klimamittel der Jahre 1991-2020 wurde aber dennoch um mehr als 50% verfehlt. So brachte es der Winter nach zwei von drei Monaten und 62 Tagen noch nicht einmal auf 50 Stunden in der Region.
Foto: Thomas Seliger Foto: Thomas Seliger
Ein Gedanke zu „Grau, nass und zeitweise winterlich“