Der Juni 2021 war der zweitwärmste seit Aufzeichnungsbeginn / Platzregen sorgt für Überschwemmungen
Titelfoto: Annette Mokross
Ein Blick auf die langfristigen Wettermodelle Ende Mai zeigte nur zwei Optionen an: Entweder die Fortsetzung des deutlich unterkühlten Wetters der beiden Vormonate oder höchstens einen durchschnittlich temperierten Juni. Doch es kam anders. Ganz anders: Der erste meteorologische Sommermonat vollzog eine komplette Trendwende gegenüber dem Frühjahr und geht als zweitwärmster Juni seit Aufzeichnungsbeginn in die lokale Klimareihe ein. Bis kurz vor Schluss wackelte sogar der noch junge Rekord aus dem Jahr 2019, erst die mit Gewittern und ergiebigen Regenfällen einhergehende Abkühlung am Monatsende verhinderte einen Sprung auf Platz 1. Neben vielen trockenen Tagen gab es auch einige Male „Unwetteralarm“ im Kreis, davon betroffenen waren jeweils aber nur einzelne Orte – Starkregen mit Überschwemmungen und nur geringer Niederschlag lagen dabei mehrfach dicht beieinander. Die Sonne zeigte sich länger als im Durchschnitt, anders als bei der Temperatur blieb der Rekord von 2019 aber in weiter Ferne.
Mit einer Monatstemperatur von 19,60 °C war der Juni 2021 an der DWD-Station in Bevern um fast 3,0 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre von 1991-2020. Nur vor zwei Jahren war es mit 19,81 °C noch wärmer, Platz drei belegt nunmehr der Juni aus dem „Jahrhundertsommer“ 2003. Besonders markant fällt der Unterschied zum vorausgegangenen kühlen Mai aus: Beträgt die durchschnittliche Differenz zwischen diesen beiden Monaten 3,1 K, lag sie in diesem Jahr bei 8,1 K – auch das ist Platz zwei seit Beobachtungsbeginn 1934 hinter dem Rekordhalter 2019. Viele hochsommerlich warme Tage, eine kurze Hitzewelle nach Monatsmitte sowie die völlige Abwesenheit kühler Phasen waren die Zutaten zu diesem sehr warmen Monat.
Das Ausbleiben von Kälterückfällen wie der sprichwörtlichen Schafskälte fällt seit 2016 besonders auf und ist ein wesentlicher Faktor für den deutlichen Temperaturanstieg im Juni in den letzten sechs Jahren. Das zeigt auch ein Blick auf die Zahl der Tage mit einer Höchsttemperatur von unter 20 Grad: Lag diese im langjährigen Mittel seit Aufzeichnungsbeginn lange Zeit um 12 Tage, gab es nach 2015 im Schnitt nur noch ganze vier davon. Und sehr kühle Tage, die der Deutsche Wetterdienst für das Tiefland von Juni bis August als solche mit einem Maximum von unter 17 Grad definiert, sind von durchschnittlich sechs im selben Zeitraum auf nur noch einen ab 2016 zurückgegangen. Natürlich ist ein Vergleich unterschiedlich langer Zeiträume problematisch und eine klare Trendaussage nach nur sechs Jahren nicht möglich. Im Kontext des langfristigen Erwärmungstrends deutet jedoch wenig darauf hin, dass es sich nur um eine vorübergehende Laune des Wetters handelt, sondern vielmehr um eine Entwicklung unseres Klimas, die allerdings ungewöhnlich kühle oder gar kalte Phasen nicht ausschließt, wie wir sie eindrucksvoll im April und Mai erlebt haben – die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber deutlich kleiner geworden und dürfte in Zukunft wohl eher noch abnehmen. Auch die Tiefstwerte lagen fast im gesamten Monat im deutlich überdurchschnittlichen und fast durchweg zweistelligen Bereich, vereinzelt sogar über 18 Grad. Lediglich in der ersten Nacht sorgte der Rest der Maikälte für frische Werte von 5,4 °C in der Luft und 3,4 °C über dem Erdboden.
Auch an der Wetterstation im Kurgarten von Silberborn, einem Gemeinschaftsprojekt des internationalen Wetterdienstleisters DTN mit der Stadt Holzminden zur Beobachtung des Klimas im Hochsolling, fiel der Juni 2021 außergewöhnlich warm aus, hier betrug der Rückstand zum Rekord von 2019 nur 0,14 Kelvin. Mit einer Monatstemperatur von 17,81 °C war es um 3,5 K wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, gegenüber der älteren Klimanorm von 1961-1990 betrug das Plus sogar 4,5 K.
Woran lag es nun, dass der Juni nach einem ungewöhnlich kühlen Frühjahr so warm wurde? Anders als noch im vorherrschend von Nordlagen geprägten April und von kühler Luft aus Westnordwest dominierten Mai lag nördlich von uns nun meist hoher Luftdruck, der die Westwindzirkulation blockierte. Zudem wurden bereits Ende Mai deutlich wärmere Luftmassen nach Norden verfrachtet, so dass auch bei einer vorübergehenden leichten Nordwestlage, wie wir in der zweiten Woche erlebten, keine kühle Luft mehr nach Mitteleuropa strömte. Zuvor hatte eine östliche Strömung für einige sehr warme Tage zu Monatsbeginn gesorgt, die von lokal heftigen Gewittern rasch wieder beendet wurden. Ab Monatsmitte stellte sich eine hartnäckige Südlage ein, bei der ein weit nach Süden reichender Tiefdruckkomplex über Westeuropa hohem Druck über Osteuropa gegenüberstand. Kühle Luft kann uns bei einer solchen Konstellation nicht erreichen, allerdings wurde der Wettercharakter von West nach Ost fortschreitend rasch unbeständig, da sich der tiefere Druck vor allem in höheren Luftschichten langsam nach Osten ausbreiten konnte. Somit stand die erste Hitzewelle des Sommers mit vier heißen Tagen in Folge in Bevern und zwei in Silberborn unter zunehmender Zufuhr feuchter und als sehr schwül empfundener Luft.
Gewitter mit lokalem Starkregen und teils Überschwemmungen, die in mehreren Ortschaften die Feuerwehren ausrücken ließen, beendeten die Junihitze am dritten Wochenende. Anschließend stellte sich eine sehr wechselhafte Witterungsphase ein, die bis zum Monatsende andauern sollte. Einer Abkühlung auf mäßig warme Werte folgte erneut hochsommerliche Wärme am vierten Wochenende, bevor es wieder sehr schwül und gewittrig wurde. Geringe Luftdruckgegensätze, gerne auch als „Barosumpf“ bezeichnet – geprägt durch geringe Dynamik und verwaschene Strukturen auf den Wetterkarten – bestimmten die letzten Tage des Monats. Beständiges Hochdruckwetter konnte sich zu Beginn des sogenannten Siebenschläferzeitraums Ende Juni also nicht einstellen, stattdessen ähnelte die Entwicklung ein Stück dem Sommer vor vier Jahren, als sich ebenfalls in der dritten Junidekade aus einer tiefdruckgeprägten Südlage hervorgehend Tiefdruck über Mitteleuropa einnistete und bis Mitte August für einen äußerst unbeständigen und sehr nassen, wenn auch nicht kühlen Hochsommer sorgte.

So weit sind wir natürlich noch nicht, an dieser Stelle soll nicht über die weitere Entwicklung des Sommers spekuliert, sondern der im Juni gefallene Regen betrachtet werden. Insgesamt fiel die Bilanz an den Stationen im Kreis und an seinen Grenzen überdurchschnittlich aus mit allerdings nicht unerheblichen Unterschieden. Die Monatssummen lagen über dem 30-Jahres-Mittel der Periode 1991-2020, mitunter deutlich, und meist auch über dem Schnitt der nasseren Jahre 1961-1990. In Bevern wurden 98,5 mm gemessen, in Lüchtringen 95,6, in Ottenstein 86,6 und in Polle sogar 104,8 mm. Vorwohle meldete vergleichsweise bescheidene 73,0 mm, Hellental 88,4 und Amelith 96,9 mm. Spitzenreiter waren diesmal Holzminden und Hehlen mit jeweils fast 111 m. Die Kreisstadt wurde vom eng begrenzten Gewitter am Abend des 5. Juni mit 37 mm voll erwischt, in Hehlen fielen an zwei Tagen jeweils über 27 mm. In Silberborn, dem klimatisch feuchtesten Ort im Kreis, wurde das Mittel der Jahre 1991-2020 mit 82 mm nur leicht um knapp 5 mm überschritten, der ältere Durchschnittswert von 1961-1990 aber um rund 12 mm verfehlt.
Wie so oft im Sommer, erzählen die Regensummen nur die halbe Geschichte. Diese kamen an wenigen Niederschlagstagen zusammen (Bevern zählte ganze elf), zwischen dem 6. und 18. fiel so gut wie nichts, während die Verdunstung gerade in der zweiten Dekade bei Hitze und viel Sonnenschein hoch war. Die kurzen, sehr kräftigen Güsse bis hin zum Platzregen können vom Boden kaum aufgenommen werden und fließen größtenteils überirdisch ab – neben der damit verbundenen Überschwemmungsgefahr und vollgelaufenen Kellern ist solch eine Verteilung auch ungünstig für Landwirtschaft und Natur.
Auch die Sonnenscheinbilanz offenbart ein differenziertes Bild: Anders als im Juni 2019, als sich zum Temperaturrekord mit fast 300 Stunden auch ein neuer Höchstwert bei der Sonnenscheindauer gesellte, gab es neben einer Reihe von sehr sonnigen Tagen (vorwiegend in der zweiten Dekade) auch immer wieder Phasen, in denen dichte Bewölkung nur wenig Platz für die Sonne ließ. Die dritte Dekade fiel mit nur gut 42 Stunden sogar ausgesprochen trüb aus. Dennoch wurde das langjährige Mittel der Jahre 1991-2020 von ca. 200 Stunden um 31 Stunden oder 16% übertroffen.












