Kaum Schnee und ganz wenige lichte Momente

Der Januar 2022 war sehr mild, zu trocken und äußerst trüb

Ein nicht enden wollender November oder einfach ein Wintermonat, wie er mittlerweile normal geworden ist? Wie man es auch bewerten mag, im Ergebnis war der Januar 2022 in der Region deutlich mehr herbst- als winterlich, auch wenn sich sogar mal ein Schneedeckentag bis in die Niederungen verirrt hatte – einer wohlgemerkt. Und selbst im Hochsolling wurde es nur selten weiß, so dass Fans von Schnee und Eis nur noch die Hoffnung auf den Februar bleibt, während andere bereits den Frühling herbeisehnen nach einem weiteren Monat mit sehr viel Grau am Himmel und so wenig Sonnenschein wie kaum einmal seit Beobachtungsbeginn. Dazu bilanziert der Januar als sehr mild bei unterdurchschnittlichen Niederschlagssummen.

Doch, da geht der Hund vor die Tür… © A. Mokross

Mit einer Monatsmitteltemperatur von 4,17 °C war der Januar 2022 an der DWD-Station in Bevern um gut 2,3 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Gegenüber der älteren Klimanorm von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 3,8 K. Doch solche deutlichen Abweichungen nach oben sind mittlerweile nicht mehr außergewöhnlich, allein zwei der vier vorausgegangenen Januarmonate waren noch milder, in der Gesamtbilanz seit 1935 landet der 2022er auf Rang elf. Neben dem rekordwarmen Start mit einem Tageshöchstwert von 14,6 °C an Neujahr fällt auch das Monatsminimum von -2,4 °C auf – nur 2018 lag dieser Wert am Standort Bevern mit -1,8 °C noch etwas höher.  Ursache damals wie heute: Neben kalten Luftmassen fehlte es aufgrund der meist geschlossenen Bewölkung an nächtlicher Ausstrahlung. Auch die Kältesumme von nur 1,2 K war ungewöhnlich niedrig, die Anzahl der Frosttage mit zehn zwar weniger auffällig, aber klar unter dem langjährigen Schnitt von 16. Dauerfrost gab es anders als im Dezember gar nicht in Bevern.

Wer diesen suchte, wurde auch weiter oben nicht fündig, denn selbst auf 430 m an der Hochsolling-Wetterstation in Silberborn reichte es nicht für einen Eistag. Dort standen 17 Frosttage mit einem Minimum von -3,3 °C zu Buche – ein für diesen Standort ebenfalls ungewöhnlich hoher Monatstiefstwert. Die Mitteltemperatur lag mit 1,8 °C um knapp 2 Kelvin über dem Schnitt von 1991-2020 und 3,4 K über dem von 1961-1990; die Kältesumme betrug lediglich 4,3 K. Zum Vergleich: Diese Kennziffer für die Strenge eines Winters, bei der die negativen Tagesmittel addiert werden, hatte im moderat kalten Januar 2017 in Silberborn bei 84,7 K und im oft eisigen Januar 1996 bei 143,0 K gelegen.

Wie kam nun dieser milde, wenig frostige und sehr trübe Monat zustande? Ein Blick auf die Großwetterlagen gibt Aufschluss: Prägend für die Witterung war meist eine Hochdruckanomalie westlich von uns, mal mit Schwerpunkt über Westeuropa, mal über dem nahen Ostatlantik, mal über den Britischen Inseln und mal weitete es sich auch nach Mitteleuropa aus. Je nach genauer Lage des Hochs lagen wir entweder unter einer austauscharmen „Glocke“ mit mäßig kalter Grundschicht und hochnebelartiger Wolkendecke oder im Zufluss milder und wolkenreicher Nordseeluft. Die wärmste Phase zu Monatsbeginn dagegen rührte aus einer Südwestlage, die sich kurz vor dem Jahreswechsel eingestellt und für neue Temperaturrekorde gesorgt hatte. Danach dominierten West- und Nordwestlagen. Nord- und Ostlagen blieben hingegen völlig aus und damit auch der Hochwinter, der in aller Regel nur aus diesen beiden Richtungen Einzug halten kann.

Hochdruckrandlagen, aber auch ab und zu durchziehende Fronten aus Westen und Nordwesten sorgten dafür, dass die Niederschlagsbilanz nicht ganz so bescheiden ausfiel wie in den Vormonaten. Die langjährigen Mittelwerte wurden aber auch im Januar verfehlt, wobei es weniger an den Niederschlagstagen mangelte, die meist bei 21 lagen, sondern an Intensität und Dauer. So lag das 24-stündige Maximum in Bevern bei nur 7,6 mm und an lediglich zwei Tagen wurde die Marke von 5 mm überschritten. In Silberborn sah das zwar schon etwas anders aus, dort waren es neunmal 5 mm oder mehr und die Spitze lag bei gut 13 mm am 27. Januar. Für das Erreichen des Klimamittels reichte es aber auch im Hochsolling nicht, die gemessenen 87,4 mm entsprachen ca. 83% des Durchschnitts von 1991-2020, der gegenüber der älteren Periode von 1961-1990 um rund 12% gestiegen ist.

Von den weiteren Stationen im Umkreis wurden folgende Monatssummen gemeldet: Bevern und Lüchtringen kamen auf 57,1 und 57,4 mm, am trockensten war es diesmal in Ottenstein mit 46,9 mm, in Hehlen fielen 52,0 mm, in Polle 62,8 mm, in Vorwohle 67,6 und in Amelith 87,6 mm. Spitzenreiter war einmal mehr Hellental mit 97,4 mm, doch selbst dieser Wert dürfte noch etwas unter dem dortigen langjährigen Klimamittel liegen, das aufgrund der erst im Herbst 2018 an diesem Standort begonnenen Messungen nur geschätzt werden kann.

In den meisten Fällen fiel der Niederschlag als Regen, an wenigen Tagen war er in den Niederungen mit Schnee vermischt, einmal war es sogar der reine Schnee, der am Morgen des 21. auch an den tief gelegenen Stationen zu einer Schneedecke zwischen 2 cm in Hehlen und 5 cm in Bevern und Lüchtringen führte. Dort blieb es der einzige Tag mit offizieller Schneedecke, während Polle, Ottenstein, Vorwohle und Hellental immerhin drei davon schafften. Spitzenreiter in dieser Kategorie war erwartungsgemäß Silberborn, doch mit fünf Tagen und einer maximalen Höhe von 8 cm wurden auch im Hochsolling wahrlich keine Winterbäume ausgerissen. Zum Vergleich: Im Januar 2017 lag dort im gesamten Monat Schnee von bis zu 35 cm, im vergangenen Jahr an 28 Tagen bis 15 cm und selbst im sehr milden Januar 2018 gab es nach Abzug des Orkans Friederike einen kurzen, aber kräftigen Gruß von Frau Holle mit bis zu 40 cm an den Ortsrändern. Vor zwei Jahren hingegen hatte es nicht einmal für einen offiziellen Schneedeckentag im Januar gereicht – es geht also auch im Hochsolling noch unwinterlicher als in diesem Januar.

Schneereichster Tag war der 21. Januar, hier mit Blick Richtung Reileifzen vom Heidbrink aus © A. Mokross

Noch ein Stück trostloser verlief die Suche nach Sonnenschein in der Region. Ob es überhaupt schon einmal einen noch trüberen Januar mit geringerer Sonnenscheindauer seit Messbeginn 1951 in der Region gegeben hat, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen. Vielleicht waren es 1953 und 1960 noch einige Minuten weniger, doch unzweifelhaft sortiert sich der Januar 2022 mit seinen nicht einmal 13 Stunden am untersten Rand ein und verfehlte dabei sein Klimamittel um 33 Stunden oder satte 72%. Der höchste Tageswert lag dabei gerade einmal bei knapp vier Stunden. Nachdem schon der Dezember sehr trüb ausgefallen war, steuert der meteorologische Winter 2022 nach zwei Dritteln auf einen der sonnenscheinärmsten seit Aufzeichnungsbeginn zu, wobei sich daran im Februar mit der nun spür- und messbar zunehmenden lichten Tageslänge noch einiges ändern kann – zumindest dann, wenn die Wetterlage mitspielt. Darüber lässt sich derzeit allerdings nur spekulieren.

Der Wind hatte anders als in den Vormonaten diesmal das eine oder andere Wörtchen mehr mitzureden, wenn Tiefausläufer aus Westen oder Nordwesten über die Region hinwegzogen. Dabei traten abhängig von Höhe und anderen Faktoren wie freier Lage oder Bebauung an mehreren Tagen Böen bis zu Stärke 7 auf, am 3. Januar auch bis Stärke 8. Am ruppigsten waren die Böen von Tief Nadja am 29.01. mit gebietsweise bis zu Stärke 9. Der höchste Wert in der weiteren Umgebung wurde am DWD-Standort in Stöckheim im Naturschutzgebiet Leineniederung Salzderhelden zwischen Einbeck und Northeim mit 82,1 km/h gemessen, ansonsten zwischen 67 und 76 km/h. Kein Vergleich allerdings zu den Küsten von Nord- und Ostsee, wo die Spitzenböen verbreitet Stärke 11 (ab 103 km/h) erreichten, auf den Inselstationen in List auf Sylt und Arkona auf Rügen Stärke 12 mit etwas über 118 km/h und auf der offenen See sogar bis über 140 km/h.

Einen der seltenen Momente, in denen sich die Sonne zeigte, hat Annette Mokross am 30. Januar eingefangen

Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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