Der Februar 2022 war stürmisch, mild und sehr nass / Sechstwärmster Winter seit Aufzeichnungsbeginn
„Von Winter kaum eine Spur“ lautete die Überschrift der vorläufigen Februarbilanz des Deutschen Wetterdienstes am vergangenen Montag – und was die Pressestelle in Offenbach für ganz Deutschland formuliert hatte, gilt ebenso als Fazit für das regionale Wetter im dritten und letzten meteorologischen Wintermonat. In den Niederungen fand sich auch bei wohlwollender Betrachtung keine Spur von Winter, lediglich ein paar schüchterne Schneeflecken in den höheren Lagen erinnerten gelegentlich an die offiziell geltende Jahreszeit. Turbulent ging es dennoch zu in diesem Februar, denn gleich mehrere Sturmtiefs fegten über den Landkreis hinweg und hielten die Einsatzkräfte in Atem. Sie brachten nicht nur Windgeschwindigkeiten bis Stärke 11, sondern auch jede Menge Regen mit und sorgten für Niederschlagssummen, die gebietsweise das Doppelte des langjährigen Durchschnitts erreichten. Dank einer Umstellung zu wolkenarmem Hochdruckwetter am Monatsende fiel die Sonnenscheinbilanz noch ausgeglichen aus.

Da die Unwetter auch vor der DWD-Station in Bevern nicht Halt machten und es ab den Morgenstunden des 17.02. zu einem gut viertägigen Ausfall der Messwerte kam, musste bei der Berechnung der Monatswerte auf Messungen von Nachbarstationen und Radardaten zurückgegriffen werden. Demnach war es mit einer Monatsmitteltemperatur von 5,5°C um 3,1 Kelvin wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020, gegenüber der älteren Klimanorm von 1961-1990 betrug das Plus sogar über 4,1 K. Damit war es der fünftwärmste Februar in der Region seit Beginn der Beobachtungen, ähnlich mild war es in weiteren drei Jahrgängen. Sieben dieser acht Fälle stammen aus den Jahren ab 1990, davor gab es nur 1961 einen Februar, der in diese Temperaturregionen vorgestoßen war.
Das Außergewöhnliche in der Temperaturbilanz waren diesmal nicht die Höchstwerte wie im vergangenen Jahr, als es mit 19,3 °C noch einen neuen Allzeitrekord im Februar gegeben hatte – das diesjährige Maximum nahm sich mit 13,9 °C dagegen recht bescheiden aus. Auffällig war vielmehr das ungewöhnlich hohe absolute Minimum, das mit -2,9 °C lediglich im leichten Frostbereich landete. Im Januar ging es sogar nicht unter -2,4 °C, damit gab es bisher nur zwei Jahre in der lokalen Wetterhistorie, die per Ende Februar ein noch höheres Minimum aufweisen: 1974 und 1988. Dazu passt die Kältesumme (Summe der negativen Tagesmittel) von 0,0 für den Februar, während die Grünlandtemperatursumme (GTS) per 28.02. bereits gut 181 Kelvin betrug – ab 200 ist der nachhaltige Vegetationsbeginn von Wiesen und Weiden erreicht.

So schnell geht es in den Hochlagen des Sollings zwar noch nicht mit dem Einzug der Vegetation, aber auch dort wird ein außergewöhnlich milder und vor allem unwinterlicher Februar bilanziert. Mit einer Mitteltemperatur von 3,1 °C war die Abweichung zum lokalen Klimawert an der Station in Silberborn auf 428 m zwar nicht ganz so hoch (+2,7 K), dennoch reichte es zum immerhin achtwärmsten Februar seit Beobachtungsbeginn im Hochsolling 1937. Die Unterschiede im „Ranking“ gehen auf die jeweils vorherrschenden Wetterlagen zurück, Faustregel: Dominiert Tiefdruck, ist es relativ betrachtet etwas kälter am höher gelegenen Standort, bei Hochdruck ist es umgekehrt. Da der Februar 2022 vorwiegend unter Tiefdruckeinfluss stand, war die Differenz zwischen Hochsolling und Wesertal also noch etwas größer als im Durchschnitt.
Auch in Silberborn war auffälligste Merkmal in diesem Monat die nahezu vollständige Abwesenheit von Winterwetter. Weder ein Dauerfrosttag noch ein Tag mit negativem Tagesmittel wurde erreicht, auch hier lag die Kältesumme bei 0,0. Was auf den ersten Blick unspektakulär aussehen mag, ist tatsächlich ein Novum in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen im Hochsolling vor 85 Jahren: Zum ersten Mal wurde im Februar kein Tag mit einer negativen Tagesmitteltemperatur registriert!
Und zum Leidwesen der Wintersportfans, egal ob Klein oder Groß, hieß es zudem auch noch: Ski und Rodel unmöglich. Nur für ein paar Tage mit dünner, durchbrochener Schneedecke reichte es in Silberborn, ein offizieller Schneedeckentag hingegen wurde nicht beobachtet – auch das gab es nach Durchsicht aller vorliegenden Unterlagen zuvor noch nie in einem Februar im Hochsolling.
Ursache der sehr milden Witterung waren atlantisch geprägte Westwetterlagen, die den Februar bis kurz vor Schluss dominierten. Bereits vor zwei Jahren hatte es eine persistente Westlage im Februar gegeben, die sogar noch mehr Regen brachte als in diesem Jahr. Doch auch die aktuellen Mengen können sich sehen lassen und sorgten zumindest für einen teilweisen Ausgleich des in den letzten Monaten aufgelaufenen Defizits. In Bevern kamen ca. 118 mm zusammen – fast genau doppelt so viel wie im langjährigen Mittel seit 1991. In Silberborn wurden 148,3 mm (181%) gemessen, in Amelith 148,0, in Holzminden 120,4, in Lüchtringen 124,5, in Polle 120,5, in Hehlen 114,9 und in Vorwohle 105,5 mm. Schlusslicht war diesmal Ottenstein mit 93,1 mm; Spitzenreiter wieder einmal Hellental mit 154,0 mm. Dabei gab es an mehreren Standorten mehrfach Tageswerte von über 20 mm. Entsprechend trat die Weser in der zweiten Monatshälfte deutlich über ihre Ufer – die erste Hochwasserlage seit März 2020.

wieder über ihre Ufer treten © A. Mokross
Die Sonne machte sich wie schon in den Vormonaten lange rar, zumindest die erste Dekade stand diesen in Sachen Trübnis nicht nach. Doch ein Zwischenhoch am zweiten Wochenende sowie eine grundlegende Umstellung der Großwetterlage hin zu Hochdruckwetter kurz vor Monatsende bescherte zweimal zwei Tage mit nahezu ungestörtem Sonnenschein – zusammen mit den vereinzelten Sonnenstunden an einigen anderen Tagen reichte dies sogar noch für eine ausgeglichene Bilanz auf dem Niveau des Klimawerts von rund 68 Stunden.

Beim Blick in die Februar-Historie fällt immer wieder das Jahr 1990 ins Auge: Einerseits wegen des bis heute mit Abstand gültigen Temperaturrekords von fast 7 Grad Monatsmittel, damals noch in Holzminden gemessen, andererseits wegen der markanten Sturm- und Orkanserie, die damals auch unsere Region erschütterte. Ganz so wild trieben es die Sturmtiefs dieses Februars zwar nicht, dennoch kam es zu einer Reihe von Sachschäden, umgestürzten Bäumen und gesperrten Straßen. Personenschäden blieben zum Glück nach den vorliegenden Informationen aus. Zeitweise galt die höchste Warnstufe des DWD vor Orkanböen. Die stärksten Böen brachten die Zyklonen „Ylenia“ mit bis zu 106 km/h (Beaufort 11) an der Windstation Northeim-Stöckheim am Morgen des 17.02. und „Zeynep“ mit bis zu 107 km/h in Hameln und Warburg am Abend des 18.02., dabei wurde in Alfeld (Station in Gerzen seit 2007) mit 106 km/h ein neuer Rekord aufgestellt. „Antonia“ ließ es dann in der Nacht zum 21.02. mit Stärken von 8-10 schon etwas weniger ruppig angehen, anschließend lief die Tiefdruckserie langsam aus. Inwieweit die Wälder der Region, insbesondere im Solling, größere Schäden davongetragen haben, muss in den nächsten Wochen noch analysiert werden.

Winterbilanz: Sehr mild, kaum Schnee
Mit dem Februar endete der meteorologische Winter 2022 und er war gemessen und eingeordnet nicht anders als gefühlt: So gut wie nicht vorhanden. An der Station Bevern reichte es für genau einen Schneedeckentag am 21. Januar, in Silberborn waren es zwar elf, aber kaum einmal zusammenhängend. Mehr als knapp zehn Zentimeter waren selbst dort in der Spitze nicht drin und auch das nur für wenige Stunden. Die Zahl der Frosttage war mit 29 in Bevern erneut deutlich unterdurchschnittlich (Mittel: 44). In Silberborn gab es mit 46 Tagen Frost ebenfalls klar weniger als im Durchschnitt (61), Dauerfrost herrschte an ganzen drei Tagen im Dezember (Winterschnitt: 24) und damit sogar noch einen Tag weniger als in Bevern (Schnitt: elf). Auch die Kältesummen waren mit 17,9 K in Bevern ungewöhnlich und mit 27,7 K in Silberborn sogar außergewöhnlich niedrig.
Die Mitteltemperatur des Winters erreichte in Bevern etwas über 4,4 °C, das entspricht einem Plus von gut 2,1 K gegenüber dem Klimawert 1991-2020 bzw. fast 3,3 K gegenüber dem älteren Mittel von 1961-1990. Damit war es im Oberwesertal der sechstwärmste Winter seit Aufzeichnungsbeginn. Silberborn meldet den siebtwärmsten Winter mit einer Temperatur von 2,25 °C, was einem Plus von gut 1,9 bzw. 3,1 K gegenüber den dortigen Klimawerten entspricht.
Die Niederschlagsbilanz fällt aufgrund des sehr nassen Februars verbreitet etwas überdurchschnittlich aus: Bevern erreichte mit 218,3 mm 102% seines Mittels von 1991-2020, in Silberborn waren es mit 300,5 mm gut 106%. Auch an den meisten anderen Messstellen der Region gab es ein leichtes Plus von bis zu 10%, die Ausnahme bildet Ottenstein im Nordwesten des Kreises, wo nur 181,4 mm fielen und der lokale Klimawert um rund 15% verfehlt wurde.
Bei der Sonnenscheindauer blieb trotz des ausgeglichenen Februars am Ende ein deutliches Minus: Mit knapp 104 Stunden wurden nur 70% des langjährigen Durchschnitts von 148 Stunden erreicht. Immerhin zeigt nun sowohl die erfolgte Umstellung der Wetterlage zu mehr Hochdruck und trockenerer Luft als auch die jahreszeitliche Entwicklung an, dass die dunkelsten und trübsten Tage hinter uns liegen.






















