Sonnig, heiß und trocken bis kurz vor Schluss

Hitze, Sonnnenschein- und Trockenheitsrekorde prägten den August 2022

„Was der August nicht kocht, lässt der September ungebraten“ – diese Bauernregel wirkt heute wie Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. Hatte man damals vor allem Sorge vor Missernten aufgrund von kühlen und nassen Sommern, sind es in den letzten Jahren zunehmend Hitze, Sonne und vor allem ausbleibender Niederschlag, die Mensch und Natur zu schaffen machen. Der August 2022 bildete da keine Ausnahme, im Gegenteil: In den tieferen Lagen der Region war es nur 2003 noch wärmer und im Hochsolling wurde sogar ein neuer Rekord aufgestellt. Dazu verschärfte sich die Trockenheit aus den Vormonaten zu einer ausgeprägten meteorologischen Dürre. Starkregenfälle am letzten Freitag des Monats blieben lokal eng begrenzt und brachten nur wenig Linderung, zumal sich danach erneut eine längere trockene Phase einstellte, wenn auch auf gemäßigterem Temperaturniveau. Dazu schien die Sonne so lang wie noch nie seit Beginn der flächendeckenden Aufzeichnung dieses Parameters im Jahr 1951.

Mit einer Monatstemperatur von 20,54 °C war der August 2022 an der DWD-Klimastation in Bevern um 2,3 K wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Gegenüber der älteren Klimanorm von 1961-1990 betrug das Plus markante 3,8 K. Damit war es der zweitwärmste August hinter dem Rekordträger 2003 mit etwas über 20,8 °C. Bei der durchschnittlichen Höchsttemperatur konnte sich 2022 mit 27,6 °C sogar an die Spitze setzen. Nachdem 1997 erstmals seit Beobachtungsbeginn 1934 ein August eine Monatsmitteltemperatur von über 20 Grad erreicht hatte, wurde diese Marke nun gleich dreimal in den letzten fünf Jahren überschritten. Dazu gab es elf heiße Tage mit mindestens 30 Grad – nur 2003 und 2018 waren es mit jeweils 13 noch mehr – und an keinem Tag blieb der Höchstwert unter 20 Grad. Besser lässt sich die zunehmende Erwärmung trotz des kühlen Zwischenspiels vor einem Jahr kaum abbilden.

An der privaten Wetterstation in Silberborn war es sogar so warm wie nie zuvor in einem August: Hier wurde mit einer Monatstemperatur von 19,1 °C die alte Bestmarke von 18,8 °C aus den Zeiten der Messungen im Auftrag des DWD (1983-2008) klar übertroffen. Diese stammte übrigens nicht aus dem August 2003, sondern von 1997, was wieder einmal die Variabilität unseres Lokalklimas illustriert. 2003 zeigte sich der August im Anschluss an die bis dahin ungekannte Hitze der ersten Monatshälfte zunehmend tiefdruckgeprägt und kühler, während 2022 Hochdruck bis zum Schluss dominierte – und der wirkt sich überproportional warm auf die höheren Lagen aus, wie es diverse neue Augustrekorde an Stationen des DWD in ähnlicher Höhenlage belegen. Seine langjährigen Klimawerte distanzierte Silberborn um 3,0 K (1991-2020) und 4,4 K (1961-1990).

Der letzte meteorologische Sommermonat starte noch moderat temperiert, bevor ein kurzer, aber kräftiger Vorstoß subtropischer Luftmassen die Werte auf bis zu 36 Grad im Wesertal und über 32 Grad im Solling hochschnellen ließ. Mit Schauern und lokalen Gewittern folgte eine vorübergehende markante Abkühlung zum 5. August – und die wurde am Morgen von einem extrem lauten Knall und einem gleißenden Lichtblitz begleitet, der die Bewohner der Kreisstadt gegen 7:30 Uhr aufschreckte und sogar für Ausfälle im Strom- und Telefonnetz sorgte. Doch vor Ort gab es zu dieser Zeit kein Gewitter – was war also geschehen? TAH-Leser Christian Czech lieferte in der Ausgabe vom 8. August die Erklärung: Es handelte sich um einen positiv geladenen und damit deutlich stärker aufgeladenen Blitz aus einer Gewitterzelle bei Marienmünster. Positivblitze können sehr hohe Stromstärken von bis zu mehreren Hunderttausend Ampère erreichen und noch in 20 km Entfernung von der Zelle einschlagen – aus quasi heiterem Himmel. Der Treffer in der Südstadt nahe der Glashütte hatte eine Stärke von ca. 122.000 Ampère. Ein seltenes Schauspiel der Naturgewalt, bei dem zum Glück keine Menschen zu Schaden kamen.

Das gilt auch für die lokal eng begrenzten Starkregenfälle drei Wochen später, bei denen die Feuerwehren an verschiedenen Orten des Kreises ausrücken mussten, so zum Beispiel in Boffzen und bei Pegestorf und Halle, wo Wassermassen und Schlamm aus Kellern und von Straßen beseitigt werden mussten. Mancherorts kamen wie in Lüchtringen und Ottenstein binnen kurzer Zeit fast 45 mm Regen vom Himmel – und unweit davon blieb es nahezu trocken.  Auf etwa halber Strecke in Polle waren es zum Beispiel ganze zwei Millimeter und auch Teile des Sollings bekamen kaum etwas vom dringend benötigten Nass von oben ab. Wobei diese Form des Niederschlags nur wenig Linderung der monatelangen Trockenheit bringt, wie die lokalen Schlammlawinen exemplarisch zeigen, denn diese entstehen ja, weil die harten Böden den Regen nicht aufnehmen können, das Wasser oberflächlich abfließt und die oberste Erdschicht mit sich reißt.

Gewitter mit lokal eng begrenztem Starkregen zogen am Nachmittag und Abend des 26.08. über die Region hinweg… ©A. Mokross
… und brachten höchst unterschiedliche Tagessummen beim Niederschlag – von 2 bis 44 mm. Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/messwerte/holzminden/niederschlagssumme/20220827-0600z.html

Abseits dieser Unwetterereignisse präsentierte sich der August hochdruckgeprägt und damit warm bis heiß, sonnig und trocken. Nach der Südwestlage zu Monatsbeginn bildete sich zunächst eine Bodenhochdrückbrücke über Mitteleuropa aus, bevor das dominante Hoch nach Nordosten wanderte und die erste Ostlage dieses Sommers mit Zufuhr sehr trockener Kontinentalluft brachte. Das Ergebnis waren frische Nächte und Tag für Tag ansteigende Temperaturen bis in den leichten Hitzebereich von knapp über 30 Grad am Nachmittag in den Niederungen sowie Sonnenschein von Auf- bis Untergang. Doch diese Großwetterlage hatte nicht lange Bestand, zur Monatsmitte wurde die Luft vorderseitig eines Tiefs über Westeuropa wieder feuchter und schwüler, die Bewölkung nahm zu, brachte wärmere Nächte, aber nur vereinzelte Schauer. Eine erneute Hochdruckbrücke sorgte ab Beginn der dritten Dekade für weitere sonnige, trockene und auch wieder heiße Tage, bevor die bereits erwähnte Gewitterlage vom 26. August für eine gewissen Wechsel der Witterung sorgte. Mit ihr wurde die sehr warme Luft ausgeräumt und nach einem trüben, aber waschküchenartig feuchten Samstag stellte sich für den Rest des Monats eine Mischung aus Sonne und Wolken mit ersten Nebelfeldern ein, bei der der Wind meist aus dem Sektor Nord wehte und die Höchstwerte auf ein moderates Niveau um 23 Grad in den Niederungen und gut 20 Grad in den höheren Lagen zurückgingen.

Trotz Niedrigwassers auf der Weser blieb die Fähre Polle – hier am 21.08. – lange in Betrieb. Doch mittlerweile ruht sie aufgrund der fortgesetzten Trockenheit.

Die wenigen und lokal begrenzten Regenfälle des Monats in stark unterschiedlicher Intensität führen dann auch zu einem sehr inhomogenen Bild bei den Niederschlagssummen an den Messstellen der Region. Oft wurden nur sieben Tage mit Regenfällen registriert. Am meisten fiel dort, wo am 26. die stärksten Niederschläge auftraten: In Lüchtringen mit 67,1 mm und in Ottenstein mit 66,1 mm. Doch auch diese Stationen verfehlten ihre langjährigen Klimawerte, wenn auch weniger deutlich als die anderen Standorte. In Bevern wurden 55,4 mm gemessen (72%), in Hellental 54,4 mm (ca. 65%). Weniger als die Hälfte des Mittels gab es in Polle mit 38,2 mm und in Hehlen mit 25,3 mm, traurige Schlusslichter sind Amelith am Fuße des Sollings mit 12,8 und Vorwohle im Nordosten des Kreises mit 12,5 mm – das sind jeweils nicht einmal 20% des langjährigen Durchschnitts. In Silberborn fiel mit 24,2 mm zwar fast doppelt so viel wie in den trockensten Ecken, aber dort befindet sich auch die Region mit dem feuchtesten Klima im Kreis und einem entsprechend höherem Mittel, von dem nur ca. 27% erreicht wurden. Mehr noch: Dort war es sowohl der trockenste August als auch der trockenste Sommer, seit im Hochsolling Wetter beobachtet wird – immerhin seit 1937.

Auch im Hochmoor Mecklenbruch zeigt sich die Trockenheit des Sommers im Solling deutlich

Und noch einen Rekord gab es für die gesamte Region: Die Sonne zeigte sich im August mit rund 281 Stunden so lange wie noch nie seit Beginn der flächendeckenden Sonnenscheinmessungen im Jahr 1951 – nur im August 1947 könnte es auch bei uns noch etwas sonniger gewesen sein, wie die Daten der Stationen Göttingen und Hannover von damals andeuten. Wie auch immer: Der aktuelle August erzielte nicht nur einen satten Überschuss von 45% gegenüber dem aktuellen 30-Jahres-Mittel, er brachte auch mehr als doppelt so viele Sonnenstunden wie im Vorjahr und sorgte schließlich mit dafür, dass auch der meteorologische Sommer mit einem neuen Rekord bei der Sonnenscheindauer zu Ende ging. Auf diese und andere Besonderheiten des Sommers 2022 blicken wir noch in einer zusätzlichen Analyse zurück.

Ein untypisches Bild im August 2022: Wolkenverhangen zeigte sich die Region am 27.08.
(DWD-Station in Lügde-Paenbruch)

Autor: wesersollingwetter

Hobbymeteorologe und Autor des monatlichen Lokalwetterrückblicks im Täglichen Anzeiger Holzminden.

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