Der Hochwintermonat Januar war auch 2023 sehr mild / Viel Regen in der ersten Hälfte
Fotos von Annette Mokross
Neuer Monat, neues Jahr und dazu „altes Wetter“ – 2023 begann dort, wo 2022 aufgehört hatte: Mit zuvor unerreichten Temperaturen. Mehrere Tagesrekorde und eine erste Monatshälfte auf durchschnittlichem Aprilniveau zeugen von einem der wärmsten Hochwinterabschnitte seit Aufzeichnungsbeginn. Dazu regnete es so ergiebig wie seit langem nicht mehr. Und ähnlich wie der Dezember hatte auch der Januar zwei sehr unterschiedliche Hälften: Nach Monatsmitte wurde es deutlich trockener und die Temperaturen passten sich der Jahreszeit an. Im Hochsolling konnte sich sogar eine Schneedecke ausbilden, in den Niederungen blieb Schnee hingegen erneut die Ausnahme. Am Himmel dominierte dazu die Farbe Grau, die Sonnenscheindauer erreichte nicht einmal ganz die Hälfte ihres Klimawerts.
Mit einer Monatstemperatur von 4,78 °C war der Januar 2023 an der DWD-Klimastation in Bevern um 2,9 K wärmer als im Mittel der Jahre 1991-2020. Gegenüber der älteren Norm von 1961-1990 betrug das Plus sogar fast 4,4 K. Damit war es der fünftwärmste Januar in der fast 90 Jahre langen Klimareihe Holzminden/Bevern und der vierte über der Vier-Grad-Marke in den letzten sechs Jahren. Der Neujahrstag erreichte mit einem Höchstwert von 15,7 °C erneut frühlingshaftes Niveau und löste den erst vor einem Jahr aufgestellten Monatsrekord bereits wieder ab. Die ersten 15 Tage brachten es auf eine Mitteltemperatur von 8,7 °C und einen durchschnittlichen Höchstwert von 10,9 °C – beides findet man üblicherweise erst im Laufe des Aprils. Den ersten Frost gab es erst am Abend des 17. – eine frostfreie erste Januarhälfte hatte es zuvor am Standort Bevern (seit Sommer 2006) noch nie und an den Vorgängerstandorten in Holzminden nur einmal im Jahr 1975 gegeben.
Doch nach insgesamt fast vier Wochen fand auch dieser selbst für heutige Winterzeiten außergewöhnlich milde Witterungsabschnitt sein Ende und der Winter konnte, wie es die DWD-Pressestelle nicht ohne Sarkasmus formulierte, ein kraftloses Gastspiel an den Tag legen. In den Niederungen zeichnete sich dies durch häufigen, meist leichten Nachtfrost und Höchstwerte nur noch etwas über dem Gefrierpunkt aus, Dauerfrost wurde aber nicht und eine geschlossene Schneedecke nur kurz gemeldet. Der Tiefstwert von -5,6 °C lag in Bevern einerseits deutlich höher als in den meisten Jahren, reichte aber anderseits schon für die kälteste Januarnacht seit 2019.

Doch den höheren Lagen der Region sei Dank findet sich auch in Zeiten des Klimawandels fast immer noch zumindest zeitweise etwas Winter mit Schnee und Frost, so dass für eine Rodeltour nicht zwingend ein Ausflug in den Harz oder das Sauerland geplant werden muss. Und so brachte auch der Januar 2023 im Hochsolling eine Phase mit Schneedecke und leichtem Dauerfrost in der zweiten Monatshälfte.
An der DTN-Wetterstation in Silberborn fiel der Monat mit einer Mitteltemperatur von 2,2 °C zwar ebenfalls deutlich milder aus als im langjährigen Durchschnitt (+2,3 K gegenüber der Norm 1991-2020), doch reichte die Höhenlage hier für eine weitgehend winterlich anmutende zweite Hälfte. In der Nacht zum 17. ging der Regen in Schneefall über und brachte die erste messbare Schneedecke im diesem Januar, die in den Folgetagen noch etwas anwachsen konnte. Natürlich hat man im Solling schon ganz andere Schneeverhältnisse erlebt, aber der Abwärtstrend der letzten Jahre ist deutlich sicht- und messbar, so dass viele Schneehungrige aus der Region schon froh über diesen Abschnitt gewesen sein dürften. Eine erneute Milderung zum Monatsende ließ dann aber auch in den höchsten Lagen nur noch ein paar Schneereste zurück. Bis dahin gab es aber immerhin zehn Eis- und 14 Frosttage in Silberborn, wobei der Tiefstwert von -6,9 °C, zumal über einer dünnen Schneedecke, für eine Stationshöhe von fast 430 m alles andere als wirklich kalt daher kam.
Die Analyse der Großwetterlagen über Mitteleuropa zeigt für die ersten zwei Tage noch die die Rekordwärme zum Jahreswechsel verursachende Südwestlage und anschließend fast zwei Wochen tiefdruckgeprägte Westlagen. Nach Monatsmitte drehte die Strömung über Nord auf Nordost und brachte kältere und trockenere Luft, die nachfolgend unter Hochdruckeinfluss geriet und sich bis kurz vor Monatsende halten konnte, bevor eine Rückdrehung auf Nordwest mildere Nordseeluft ins Land steuerte.

Entsprechend dieser Wetterlagenwechsel fiel auch die Niederschlagsverteilung in der Region aus: Mehrere Tage mit ergiebigen Regenmengen und mehrfach Tagessummen um 20 mm ließen die erste Hälfte sehr nass ausfallen und sorgten dafür, dass das Defizit aus dem Jahr 2022 zumindest ein Stück gemindert werden konnte. Erstmals seit längerem trat die Weser wieder über ihre Ufer, der erste trockene Tag im Kreis wurde erst am 18. registriert. Doch viel kam anschließend nicht mehr nach (in Bevern beispielsweise nur noch 12 mm in den letzten 14 Tagen), so dass die Monatssummen zwar meist klar überdurchschnittlich ausfielen, aber auch nicht so üppig wie es sich zwischenzeitlich angedeutet hatte.
In Zahlen liest sich die Bilanz der ehrenamtlichen Ableser und automatisch meldenden Messstellen in der Region so: In Bevern wurde das Mittel der Jahre 1991-2020 mit 104,3 mm um 29 mm oder 38% überschritten, in Silberborn fielen 134,5 mm – ein Plus von ebenfalls fast 30 mm gegenüber dem Klimawert, was dort aber nur 28% ausmacht. Aus Polle, genauer: vom Wilmeröder Berg (270 m) wurden 115,3 mm gemeldet, aus Vorwohle im Nordosten des Kreises auf ähnlicher Höhe hingegen nur 84,7 mm. Amelith kam auf 128,7 mm, Spitzenreiter Hellental auf 139,0 mm und die Weserortschaften Lüchtringen und Hehlen auf 97,4 bzw. 94,8 mm. In Ottenstein hat der DWD in seinen Stationsdaten die Höhe auf 305 m korrigiert (zuvor waren jahrelang 295 m genannt), gemeldet wurden von dort 107,2 mm, während die Schneehöhenmessungen an diesem Standort zum Jahresende 2022 beendet wurden. An den anderen Standorten im Kreis gab es zwischen einem und vier Tagen mit Schneedecke, nur im Hochsolling konnte sich der Schnee gebietsweise länger bis kurz vor Monatsende halten.

Die Sonnenscheindauer erreichte mit ca. 22 Stunden nur knapp die Hälfte eines durchschnittlichen Januars im Zeitraum von 1991-2020, lag aber immerhin zehn Stunden über dem noch trüberen Januar 2022. Für mehr als eine Halbtagsschicht von 4 Stunden reichte es auch an den sonnigsten Tagen nicht und auch dieser Wert wurde nur zweimal erreicht. An rund der Hälfte der Tage zeigte sich die Sonne gar nicht und als „Höhepunkt“ blieb es vom 21.-27. eine ganze Woche am Stück vollständig trüb. Dunkelheit liefert der Winter also auch weiterhin mit hoher Zuverlässigkeit in der Region. Auch deutschlandweit war es mit nur 32 Stunden im Gebietsmittel ein trüber Monat, etwas freundlicher zeigten sich die Nordseeinseln mit etwas über 50 Stunden und das Alpenvorland mit rund 65 Stunden. Mit Abstand am meisten Sonnenschein gab es auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, mit 118 Stunden.
Anders als in manch anderem milden uns nassen Januar – Stichworte Kyrill 2007 und Friederike 2018 – spielte der Wind keine wesentliche Rolle. Ein ausgewachsener Sturm blieb diesmal aus, in der Spitze wurden an den DWD-Windmessstellen um 68 km/h (Bft. 8, stürmischer Wind) an zwei bis drei Tagen in der ersten Monatshälfte erreicht.













